Margaret Thatcher ist tot. Viele Banker in der Londoner City trauern um die britische Ikone des ungehemmten Neoliberalismus. Wir haben zusammengetragen, welches in den Augen britischer Banker ihre größten Verdienste waren:
Thatcher schuf Kapitalverkehrskontrollen ab
Aus heutiger Sicht mag es etwas sonderbar klingen, doch als Thatcher 1979 an die Macht gelangte, herrschten Restriktionen für Auslandsinvestitionen in britischen Pfund, sofern sie keinen positiven Einfluss auf die britische Zahlungsbilanz aufwiesen. Zu den Kapitalverkehrskontrollen gehörte auch, dass die Bewohner der Insel nur einen begrenzten Vorrat an ausländischen Währungen horten durften.
„Die Abschaffung der Kapitalverkehrskontrollen ermöglichte die Globalisierung der Londoner City“, sagt ein Historiker, der über die Londoner City gearbeitet hat und namentlich nicht genannt werden möchte. „Die Aufgabe der Kapitalverkehrskontrollen in 1981 stellten den Startschuss dafür dar, dass London zu dem internationalen Finanzzentrum der Welt werden konnte“, sagt David Buik, ein City-Veteran, der Anfang des Jahres von Cantor in den Ruhestand wechselte.
Thatcher kürzte die Steuern
1979 lag der Höchstsatz der Einkommenssteuer bei 83 Prozent. Gleich nach ihrem Machtantritt in 1979 verringerte sie diesen Satz auf 60 Prozent. Im Jahr 1988 war er schließlich bei 40 Prozent angelangt.
„Dies veränderte das ganze kulturelle Leben im Vereinigten Königreich und gab den gewöhnlichen Leuten aus der Mittelklasse die Chance, den ein oder andren Schnitt zu machen.“
Auch Christian Robbins, der damals als Geldmarkhändler tätig war und heute als Headhunter arbeitet, erinnert sich an die Ära Thatcher. Damals habe es einen wahren Freudenschrei im Handelssaal gegeben. „Es gab ein großes Hurra“, erzählt Robbins.
Die Senkung der Steuersätze erlaubte es den Banken auch mehr für ihre Mitarbeiter springen zu lassen. Zunächst stiegen die Vergütungen nur langsam an. Unter Tony Blair gewann die Gehaltsentwicklung dann kräftig an Fahrt. Laut dem ehemaligen Barclays-Chef Martin Taylor hätten die größten Anhebungen zur Jahrtausendwende stattgefunden.
Thatcher führte eine Leistungsgesellschaft ein
Thatcher befreite die City von ihren regulatorischen Fesseln, wodurch die Investmentbanken amerikanischen Musters erst richtig in der City fußfassen konnten. Der große Knall lässt sich genau auf den 27. Oktober 1986 datieren. Anschließend haben die US-Investmentbanken ihr Personal in London deutlich aufgestockt. So beschäftigte Goldman Sachs 1984 an der Themse gerade einmal 140 Mitarbeiter; 1988 waren es bereits 800 und heute sind es 6000.
„Margaret Thatcher übernahm einen sehr elitären, verschlafenen und klassenbewussten Finanzplatz und machte ihn für jedermann zugänglich“, sagt Finanzanalystin Louise Cooper von Cooper City, die früher für Goldman Sachs arbeitete. „Ich habe eine staatliche Schule besucht und obgleich ich fünf Einsen und einen erstklassigen Abschluss hatte, wollten britische Banken mich erst gar nicht kennenlernen, weil ich eine Frau von einer öffentlichen Schule war“, sagt Cooper. „Margaret Thatcher ebnete US-Investmentbanken den Weg in die City. Ohne die US-Banken wäre eine Frau von einer öffentlichen Bildungseinrichtung wie ich niemals eingestellt worden. So eröffnete sie mir eine Karriere, die mir ansonsten nicht möglich gewesen wäre.“
Thatcher machte London zu einem internationalen Finanzzentrum
Ohne Thatchers massive Unterstützung für die Londoner City wäre der Finanzplatz nur ein Schatten seiner selbst, erzählt Brian Winterflood von Winterflood Securities.
„Margaret Thatcher war die Speerspitze der Deregulierung, die der Londoner City einen Anstoß gab“, ergänzt Winterflood. „Auch ohne die Deregulierung waren wir die Nummer 1 in Europa und wir waren schon damals deutlich besser als Frankreich oder Deutschland. Allerdings haben wir mit kleineren Wertpapiervolumen gehandelt. Dank der großen Deregulierung sind wir jetzt das vorherrschende Finanzzentrum der Welt.“
Thatcher schuf viele Stellen in den Finanzdienstleistungen
Mit dem Wachstum der Finanzdienstleistungen in London stieg auch die Beschäftigung rasant an. Laut den Angaben des Centre for Economics and Business Research erhöhte sich die Beschäftigung in den Finanzdienstleistungen landesweit von 818.000 in 1979 auf 1,2 Mio. in 1990.
