Das Zentrum der Weltwirtschaft verschiebt sich sukzessive in Richtung Asien. Wer es also geschafft hat, sich ein Praktikum in der wirtschaftlich boomenden Weltregion zu sichern, hat damit schon ein großes Plus im Lebenslauf. Doch wie führen westliche Praktikanten ihre Zeit bei einer asiatischen Bank zum Erfolg?
„Da ein Praktikum auch zu einem Übernahmeangebot führen kann, handelt es sich um den rechten Zeitpunkt, sich klug anzustellen, natürlich aufzutreten und zu glänzen“, sagt Sze Ming Ho, die für das Absolventen-Recruitment der Deutschen Bank im asiatisch-pazifischen Raum zuständig ist. „Nutzen Sie die Gelegenheit, um das Unternehmen kennenzulernen, seine Mitarbeiter, die Unternehmenskultur und die Arbeit. Ebenso sollten Sie es dem Unternehmen erlauben, Sie kennenzulernen.“ Doch das klingt leichter als getan. Wir haben mit Experten vor Ort gesprochen und sie nach ihren besten Tipps gefragt.
1. Hegen Sie keine Vorurteile zur Unternehmenskultur
Die einzelnen Banken stehen im Ruf einer ganz bestimmten Unternehmenskultur und so mancher Student bewirbt sich bei einem Institut, das seinen Vorstellungen entspricht. Allerdings sollte kein Praktikant glauben, dass sich die neuen asiatischen Kollegen an die Stereotypen hielten, die aus Europa oder den USA stammen. „Stattdessen sollten Sie bereit sein, sich an die Bürokultur anzupassen, wie sie Sie vorfinden. Diese besteht normalerweise in unterschiedlichen Einstellungen, Niveaus und Nationalitäten“, rät Headhunter Paul Pozarowski von Matthew Hoyle Financial Markets in Hongkong.
2. Orientieren Sie sich an den Arbeitszeiten Ihres Vorgesetzten
In Asien wird es gar nicht gern gesehen, wenn sich jemand von der Arbeit davonstiehlt, so lange der Vorgesetzte noch schuftet. Selbst falls Sie Ihre Aufgaben erledigt haben, sollten Sie sich also eine andere Beschäftigung suchen, so lange Ihr Vorgesetzter noch im Büro ist. „Falls Sie in Corporate Finance oder irgendwo im Investment Banking arbeiten, dann sollten Sie auf die gleichen langen Arbeitszeiten wie Ihr Manager gefasst sein“, betont Karrierecoach Paul Heng von NeXT Corporate Coaching Services in Singapur. „Bedenken Sie: Bei diesen zusätzlichen Stunden handelt es sich um eine Investition in ihre künftige Karriere.“
3. Versprechen Sie nicht zu viel
In Asien wird von Praktikanten immer noch ein gewisser Respekt vor Autoritäten erwartet. Dennoch sollte sich kein Praktikant Aufgaben aufschwatzen lassen, die schlechterdings unmöglich zu erfüllen sind. „Es fällt leicht ‚ja‘ zu sagen und zu viel Arbeit zu übernehmen. Viel zu versprechen und wenig zu liefern, kommt jedoch nicht gut an – selbst bei einer erfahrenen Arbeitskraft“, warnt Ho von der Deutschen Bank. „Die Manager achten bei Top-Praktikanten auf ihre Kommunikations- und Durchsetzungsfähigkeit. Daher sollten Sie offen und realistisch sein und die Zeit und Erwartungen Ihrer Kollegen und Vorgesetzten managen. Versorgen Sie sie mit angemessenen Updates zu Ihrem Arbeitsfortschritt und bitten Sie um Feedback. Vorgesetzte und Team schätzen die Kommunikation von Meilensteinen.“
4. Scheuen Sie sich nicht, nach Hilfe zu fragen
Viele Praktikanten denken, dass es ihnen zum Nachteil ausgelegt werde, wenn sie nach Hilfe fragen. Doch dies stellt eine große Fehleinschätzung dar. „Ein Praktikum stellt für Sie die Gelegenheit dar, von einigen der hellsten Köpfe der Branche zu lernen und dazu gehört auch, Fragen zu stellen und besonders um Hilfe zu fragen, wenn Sie diese benötigen“, sagt Ho. „Seien Sie einfallsreich, wenn Sie Herausforderungen bei der Arbeit lösen. Zögern Sie nicht, von den Kompetenzen verschiedener Kollegen, Mentoren, Produktexperten und Trainern zu profitieren, um so die Klippen zu umschiffen.“
5. Helfen Sie Ihrem Vorgesetzten
Abgesehen vom Arbeitsstress bringt erfahrene Banker in Asien vor allem eines um den Schlaf: die Ausbildung ihrer Kinder. Es ist keinesfalls ungewöhnlich, dass sie Praktikanten – bei denen es sich oft um Spitzenstudenten handelt – um Rat fragen, wo denn ihre Kinder studieren sollten, erzählt der ehemalige JP Morgan-Banker und Karrierecoach Alex Wong von EntreNet in Hongkong. In einem solchen Fall sollten sie nicht vorschnell antworten. Stellen Sie Nachforschungen an und geben Sie konkrete Ratschläge.
6. Bieten Sie Ihre Hilfe an
In Asien stellt es schon eine Herausforderung dar, die richtige Balance zwischen zu laut und zu unterwürfig zu finden. Falls Sie zu laut und zu dominant auftreten, dann riskieren Sie, dass Ihre ruhigeren Kollegen das Gesicht verlieren und Sie als schlechter Teamworker gebrandmarkt werden. „Versuchen Sie Unterstützer unter den erfahrenen Bankern zu finden. Beantworten Sie bei Trainings ihre Fragen und geben Sie 120 Prozent Ihrer Leistung, wenn Ihnen eine Aufgabe übertragen wird“, sagt Wong. „Allerdings sollten Sie es auch nicht übertreiben. Das Team darf nicht den Eindruck gewinnen, dass Sie ihm nicht voll zur Verfügung stehen und illoyal sind.“
7. Seien Sie im Bilde, wer für Ihre Evaluierung zuständig ist
Obgleich es in Asien gern gesehen wird, wenn Sie höherem und erfahrenerem Personal Respekt zollen, sollten Sie sich doch nicht nur darum kümmern, unter solchen Kollegen ein Netzwerk aufzubauen. „In der Einführung erzählen Sie Ihnen vielleicht, dass Ihr Teamleiter Ihre Evaluierung durchführt, aber in Wirklichkeit wird sie vielleicht von dem Associate verfasst, mit dem Sie direkt zusammenarbeiten“, warnt Wong.
8. Nutzen Sie die Mittagspause
Sowohl Honkong als auch Singapur verfügen über eine hochstehende Esskultur und die Beschäftigten tendieren dazu, sich lange Mittagspausen zu gönnen. Wenn Sie also an Ihrem Schreibtisch essen, dann zeigen Sie damit nicht, wie hart Sie arbeiten, sondern dass Sie ein schlechter Teamplayer sind. „Versuchen Sie so viele Einladungen zu Mittagsessen und Kaffeepausen wie irgend möglich anzunehmen“, empfiehlt Wong. „Zeigen Sie sich an den Gesprächen interessiert und nehmen Sie aktiv an den Unterhaltungen beim Mittagessen teil.“
9. Tanzen und Trinken
Mit den Kollegen in die Kneipe zu gehen, kommt in Hongkong und Singapur nicht die gleiche Bedeutung wie in London zu. Dennoch handelt es sich auch hier um wichtige Anlässe. „Als Praktikant in Hongkong sollten Sie schon einmal Ihre Tanzkünste üben, weil Sie vielleicht gelegentlich in den Club Lan Kwai Fong mitgenommen werden“, meint Wong. „Falls Sie nicht tanzen, dann sollten Sie wenigstens trinken. Sie wollen nicht als Langweiler dastehen, am Tisch sitzen und nicht trinken. Denn dann werden Sie bei nächsten Mal nicht wieder eingeladen. Und stellen Sie sicher, dass Sie am Montag in der Kantine etwas Interessantes von Ihrem Wochenende berichten können.“
10. Sprechen Sie ein wenig Chinesisch
Falls Sie ein Praktikum in Hongkong absolvieren, dann sollten Sie sich im Klaren darüber sein, dass die Banken dort immer häufiger Kenntnisse in Hochchinesisch verlangen. Denn die Banken versuchen auf den kontinentalchinesischen Markt vorzudringen. Selbst wenn Sie in einem Praktikum mit Englisch zurechtkommen, stellen Mandarin-Kenntnisse doch einen großen Vorteil dar.
11. Melden Sie sich nach dem Praktikum
Auch nach dem Praktikum sollten Sie sich bemühen, mit den ehemaligen Kollegen in Kontakt zu bleiben, rät Ho von der Deutschen Bank. „Es kann sich nicht nur um künftige Kollegen handeln, sondern Sie können sich auch anderswo in Ihrem späteren Berufsleben wiederbegegnen. Denn Ihr Netzwerk zählt zu den wichtigsten Aktiva einer Karriere.“
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