So mancher Zeitgenosse scheut den modernen Online-Exhibitionismus ganz bewusst. Doch zumindest bis zur mittleren Karriereebene sind Social Media-Profile geradezu Pflicht. Sie erlauben nicht nur Kandidaten von Recruitern und Arbeitgebern gefunden zu werden, sondern viele Leute googlen routinemäßig die Namen von Gesprächs- und Geschäftspartnern – innerhalb oder außerhalb eines Bewerbungsprozesses.
Allerdings gibt es auch Headhunter, die den Online-Profilen skeptisch gegenüberstehen. „Ich nutze die Social Media-Profile weniger, um mir ein Bild von einem Kandidaten zu machen. Wir versuchen die Kandidaten immer persönlich zu treffen, um uns ein persönliches Bild machen zu können. Wenn ich jemanden ein- oder zweimal getroffen habe, dann kann ich den Kandidaten und dessen Qualifikationen wesentlich besser beurteilen. Da bin ich wirklich noch ‚Old School‘“, erzählt Headhunter Marco Hermle von Robert Walters Deutschland.
Etwas anders sieht dies Andreas Christl von Talentspy in München. „Die sozialen Netzwerke sind nicht mehr wegzudenken, auch für den Kandidaten. Dies läuft neben den klassischen Kanälen wie Direktansprache.“
Da immer mit einer kurzen Internetrecherche zu rechnen ist, haben wir Experten gefragt, wie sich Auftritte in den sozialen Medien für die Karriere optimieren lassen.
1. Immer auf dem Laufenden halten
„Man sollte die Social Media-Profile keinesfalls stiefmütterlich behandeln“, warnt Headhunterin Stefanie Storck von Capital Talents in Frankfurt. Besonders ärgerlich sei es, wenn das Profil nicht auf dem aktuellen Stand sei. „Dann spricht man einen Kandidaten an und stellt fest, dass der bereits zwei Stationen weiter ist.“
2. Berufliches und Privates trennen
Storck rät Privates und Berufliches zu trennen. Zwar könnten durchaus Hobbys erwähnt oder auch private Freunde in die Kontakte aufgenommen werden. Allerdings sollte man es auch hierbei mit den privaten Angaben nicht übertreiben. „Es sollte nicht zu privat werden“, warnt Storck.
Nach Hermle erwiesen sich Hobbys oft als durchaus nützlich. „Das eignet sich häufig ganz gut für den Einstieg in ein Gespräch.“
3. Beachfotos sind tabu
„Bei einem Foto handelt es sich um ein Muss“, meint Storck. Es sollte sich um ein möglichst professionelles oder zumindest beinahe professionelles Foto handeln, wie man sich auch bei einer Bewerbung präsentierte würde. „Ich finde es auch sinnvoll, die Bildunterschrift für eine persönliche Angabe zu nutzen“, sagt Storck. „Absolventen könne z.B. schreiben, dass sie ab dem August für eine neue berufliche Herausforderung zur Verfügung stehen.“
4. Die Kür mit den richtigen Stichworten
Bei Online-Profilen spielen die richtigen Stichworte eine noch größere Rolle als in Lebensläufen. Denn Personalprofis nutzen gerne die Suchfunktionen zur Sichtung der Profile. „Der Kandidat sollte unbedingt genau angeben, was er in einer Station gemacht hat. Die richtigen Stichworte machen es viel, viel leichter gefunden zu werden“, sagt Hermle. „Geben Sie z.B. fünf Kernkompetenzen an.“
Ganz ähnlich sieht dies auch Stork: „Es handelt sich um eine großartige Möglichkeit zum Selbstmarketing.“ Besonders wichtig sei die richtige Wahl der Stichworte bei der Jobbeschreibung. „Es geht um die Frage, was mache ich eigentlich. Es genügt nicht nur hereinzuschreiben, dass man im Investmentbanking von Barclays arbeite.“ Falls Kandidaten bei einem weniger bekannten Unternehmen gearbeitet haben, sollten sie auch dies stichwortartig beschreiben.
Soziale Berufsnetzwerke erlauben es Nutzern anzugeben, was sie möchten oder welche (beruflichen) Ziele sie anstreben. Dies sei zwar einerseits ein guter Platz, um Headhuntern die eigene Verfügbarkeit zu signalisieren, andererseits bestehe stets die Gefahr, dass dies auch der eigene Arbeitgeber lese.
5. Jahresangaben sind Pflicht
Hermle empfiehlt Kandidaten die Jahresangaben bei beruflichen Stationen nicht zu vergessen, denn diese Informationen böten für Personalprofis wertvolle Informationen. „Wenn ich lese, dass ein Kandidat innerhalb von drei Jahren bei drei Arbeitgebern war, dann bin ich vorsichtig, wenn es sich nicht gerade um Freelancer handelt“, erläutert Hermle. „Es kann ja nicht immer nur das Unternehmen schuld sein.“
6. Welche Rückschlüsse Kontakte erlauben
Die Kontakte in Social Media-Profilen erlauben Personalvermittlern auch interessante Einblicke. So ließe sich z.B. ablesen, ob jemand über hochkarätige Kontakte verfüge. Aber nicht nur das. „Ich sehe auch, ob der Kandidat bereits viele Kontakte in dem Unternehmen und dem Team hat, für das ich suche. Dann ist die Chance groß, dass der Kandidat bereits von der freien Stelle weiß“, erläutert Storck. „Das kann schon sehr interessant sein.“
7. Das Profil darf nicht zu lang sein
„Das Profil darf weder zu lang, noch zu kurz ausfallen“, betont Christl. Anders als ein Lebenslauf müsse das Profil nicht vollständig sein. „Es reicht aus, wenn die wichtigsten Stationen aufgeführt sind. Es sollte noch Raum für Neugierde bleiben.“
Dagegen rät Storck, auch im Profil möglichst sämtliche Lücken zu erläutern: „Man kann durchaus schreiben, dass man zwei Jahre eine Familienphase oder eine mehrmonatige Reise angetreten hat.“ Man könne aber Platz sparen, indem man beispielsweise Praktika zusammenfasse.
8. Der Auftritt muss professionell aussehen
Nicht nur das Foto, das gesamte Profil müsse einen professionellen Eindruck hinterlassen. „Es darf möglichst keine Fehler enthalten. Auch lockere Sprüche haben hier nichts verloren“, warnt Christl. „Allerdings muss das Profil auch nicht stocksteif daherkommen.“
Ähnliche Artikel:
Der große Drahtseilakt: Wie häufig Kandidaten in der Karriere wechseln sollten