Zerknirscht musste Nicolas Pictet, President der „Fondation Genève Place Financière“ eingestehen, dass Genf gegenüber anderen Finanzplätzen an Wettbewerbskraft verliert. So reichte es im Finanzplatz-Ranking von Z/Yen nur noch für den 13. Platz – weit hinter Zürich, das immerhin auf dem 7. Platz landete. Für das Debakel machte Pictet u.a. den mangelnden Zugang für Schweizer Privatbanken zu bestimmten europäischen Märkten wie Frankreich und die „erodierende“ Rechtssicherheit in der Schweiz verantwortlich.
Die von Pictet vorgestellte Studie „Enquête conjoncturelle. Résultats 2014-2015“ zum Zustand des Finanzplatzes Genf enthält jedoch auch einige Lichtblicke. So stellt die Schweiz mit einem verwalteten Vermögen von 2,3 Billionen US-Dollar immer noch das weltweit größte Offshore-Finanzzentrum dar. Dies kommt einen Marktanteil von 26 Prozent gleich. Auf Platz zwei landen mit 16 Prozent Hongkong und Singapur. In Großbritannien und den USA sind es nur 11 bzw. 8 Prozent.
Aus Beschäftigtensicht gibt die Umfrage durchaus Anlass für verhaltenen Optimismus. So beschäftigt der Finanzplatz noch knapp 37.400 Menschen, wovon allerdings nur gut die Hälfte tatsächlich bei Banken arbeitet. Immerhin 50 Prozent der Banken mit mehr als 200 Mitarbeitern gaben an, in 2014 mehr Personal als im Vorjahr zu beschäftigen. Lediglich 28,3 Prozent meldeten eine Verringerung um 3 bis 7 Prozent.
Bei der Beschäftigung geht übrigens Pictet mit gutem Beispiel voran. In einem Interview mit „Finanz und Wirtschaft“ sagte Nicolas Pictet über die eigene Bank: „Wir sind sehr zufrieden mit dem Nettoneugeldzufluss. Nach einem etwas schwierigen Jahresanfang waren vor allem die Monate Juni und jüngst auch September sehr gut. Der Zufluss wird allerdings nicht primär in der Schweiz, sondern außerhalb der Landesgrenzen verzeichnet. Das Wachstum ruft nach Investitionen. Die Anzahl der Mitarbeiter werden wir von heute rund 3600 bis Ende Jahr auf rund 3700 steigern.“ Demnach scheint der Aufbau vor allem außerhalb der Schweiz stattzufinden. Ein Pictet-Sprecher sah sich allerdings außer Stande, zu präzisieren, wo das neue Personal angeheuert wird.
Allerdings scheint der kleine Aufschwung bei der Beschäftigung in Genf auch schon wieder vorbei zu sein. Denn eine kleine Mehrheit von 54,5 Prozent der Banken mit mehr als 200 Beschäftigten rechnet für 2015 mit einer um bis zu 5 Prozent sinkenden Beschäftigung. Der Rest geht von einer unveränderten Mitarbeiterzahl aus.
Die Personalentwicklung fällt am Finanzplatz Genf aber nach Front, Middle und Back Office unterschiedlich aus. Einen gewissen Jobboom gibt es im Middle Office, wo Funktionen wie Risikomanagement und Compliance angesiedelt sind. Dort verzeichneten 64,3 Prozent der Banken mit über 200 Beschäftigten im ersten Halbjahr einen Personalaufbau. Auch im Front Office scheint es ein kleines Plus zu geben: Während 35,7 Prozent hier Personal aufbauten, reduzierten nur 21,4 Prozent ihre Beschäftigung im kundennahmen Bereich.
Dagegen stehen im Back Office (ohne IT) alle Zeichnen auf Abbau. Hier verringerten 35,7 Prozent der Banken ihr Personal. Nur 14,3 Prozent schufen zusätzliche Stellen. In der IT hielten sich Aufbau und Abbau die Waage.
Die Grundgehälter scheinen auch weiterhin zu steigen. Bei 35,7 Prozent der Banken mit über 200 Mitarbeitern legten die Lohnkosten (ohne Boni) um 3 bis 7 Prozent zu; bei 14,2 Prozent kletterten sie sogar um über 8 Prozent. Nur 21,4 Prozent gaben eine Verringerung an.
Bei den variablen Vergütungen sieht es indes traurig aus. Jeweils gut ein Drittel der befragten Banken rechnen mit sinkenden oder gleichbleibenden Boni. Weniger als 30 Prozent erwarten steigende Boni.
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