2014 wird als das Jahr in die jüngere Geschichte eingehen, in dem sich das Blatt gewendet hat. Seit der Finanzkrise lief bis dahin alles zum Vorteil der alten Hasen im Investmentbanking; doch jetzt haben die jüngeren Banker bessere Karten. Viele Investmentbanken suchen händeringend Senior Analysts und Associates. Als Folge davon gehen die Banken pfleglicher mit ihrem Nachwuchs um. Bei einigen Banken müssen erfahrene Banker sich sogar abzeichnen lassen, wenn sie ihre Analysten am Wochenende arbeiten lassen wollen.
All das hat auch Auswirkungen auf den Arbeitsalltag von Executive Directors (Eds) und Managing Directors (MDs). Erstens dürfen sie sich nicht länger als Despoten aufführen und zweitens müssen sie mit ansehen, wie die jungen Banker in ihren prägenden Jahren wesentlich besser behandelt werden als sie selbst.
Kein Wunder, dass einigen altgedienten Investmentbankern der Kragen platzt. Anfang der Woche hat die Financial Times einen Brandbrief veröffentlich, in dem sich ein 37jähriger bitter über die Arroganz und Apathie eines 22jährigen Analysten beklagte. Die heutigen Absolventen seien „weniger engagiert“ als jemals zuvor. Doch es sollte noch schlimmer kommen, berichtet der 37jährige. Denn der junge Analyst nutzte die Kritik zum Anlass, um die Führungsqualitäten des älteren Bankers in Frage zu stellen. „Jetzt wurde mir von meinem Vorgesetzten gesagt, dass ich sein Talent stärker fördern solle“, sagt der 37jährige.
Wir haben bei jungen Investmentbankern nachgefragt, ob diese Kritik berechtigt ist. Ist die heutige Generation der Analysten tatsächlich weniger engagiert als die ihrer Vorgänger? Zumindest Zweifel sind angebracht. „Die jungen Leute sind alle sehr bescheiden und lernwillig“, sagt ein Associate einer europäischen Investmentbank. Das einzige Problem der jungen Banker bestehe in ihrer Neigung zu hart zu arbeiten. „Wir alle wollen herausragend sein und mehr Arbeit bewältigen. So ist einfach die Unternehmenskultur. Ich sehe hier niemanden, der sich arrogant verhält.“
„Die Juniors arbeiten fast immer härter als die Seniors“ Share on twitter, bestätigt Mark Hatz, der früher in M&A bei Goldman Sachs und Perella Weinberg gearbeitet hat und heute Studenten bei ihren Investment Banking-Bewerbungen coacht. „Sie arbeiten länger und in einem gewissen Sinn bringen sie auch mehr Wissen mit.“ So sei die ältere Generation in der Finanzmodellierung oft weniger versiert als die junge. Sie verlassen sich auch zu sehr auf ihre Bloomberg-Terminals und kennen sich oft nicht ausreichend mit den neuen Technologien aus. Auch sie können noch einiges von ihren jüngeren Kollegen lernen, meint Hatz.
Ein anderer ehemaliger M&A-Associate erzählt, dass sich einige Analysten widerspenstig verhalten, weil ihre Interessen einfach nicht mit denen ihrer Managing Directors übereinstimmen. „Sie haben da diese Führungskraft vor sich sitzen, die Deals nur als ein Mittel sieht, Gebühren zu kassieren und ihren Bonus zu erhöhen. Aber für einen Junior bedeutet ein neuer Deal einfach nur, dass Sie mehr arbeiten müssen. Für einen jüngeren Banker besteht kein sichtbarer Zusammenhang zwischen der Zahl der Deals, an denen Sie mitarbeiten, und der Summe, die Ihnen bezahlt wird. Es geht eher darum, wen Sie kennen und wer Ihre Freunde sind.“
Oft wird die vermeintliche Arroganz der jungen Banker darauf zurückgeführt, dass sie meist besser ausgebildet sind als ihre eigenen Vorgesetzten. „Die heutigen 22jährigen müssen viel schlauer sein als die Leute, die seit zehn Jahren oder mehr im Banking arbeiten. Es handelt sich heute um einen deutlich wettbewerbsintensiveren und stringenteren Prozess“, erzählt ein anderer Banker. Allerdings stellt sich die Frage, ob eine bessere Ausbildung auch Garant für höhere Intelligenz ist? Laut Hatz seien die älteren Banker genauso schlau – wenn nicht sogar schlauer – als ihre Untergebenen. Denn schließlich hätten sie es geschafft, sich jahrelang erfolgreich durch das Minenfeld der Officepolitik zu manövrieren.
Laut dem Associate bestehe das Problem zwischen den Generationen nicht in unterschiedlicher Intelligenz. Wenn die Führungskräfte bezweifeln, dass die Juniors auf ihrer Seite sind, dann müssen diese einfach mehr arbeiten, um zu zeigen, dass sie die gemeinsamen Interessen verfolgen. Er vergleicht das Leben eines Analysten in einer Investmentbank mit dem eines Ruderers in einem Boot, das nach einer neuen Welt sucht: „Sie rudern wie verrückt, aber die Offiziere, die nicht rudern, sind die einzigen, die am Ende profitieren.“