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Von wegen Hedonisten-Paradies: Wie Junior Investment Banker in Hongkong ausbrennen

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Nachdem der Investment Banking Analyst David Zhu Goldman Sachs in Hongkong verlassen hatte, um bei einer Private Equity-Gesellschaft in Peking anzufangen, bezeichnete er die Stadt im Internet als „Paradies für Hedonisten“. Dieser Eintrag verbreitete sich rasend schnell und wurde schließlich sogar von den Mainstream-Medien aufgegriffen. Wieder einmal gelang einem Banker ein klassisches PR-Eigentor, das die gesamte Branche in Misskredit bringt.

Doch für die Investment Banking-Analysten in Hongkong, die 80 bis 100 Stunden die Woche an ihren Schreibtischen schwitzen und schuften, stellt sich die Realität anders dar. „Ich habe um Mitternacht an meinem Arbeitsplatz geweint, weil es einfach zu viel Arbeit gab“, erzählt eine junge Analystin, die bei einer Großbank in Hongkong arbeitet und anonym bleiben möchte. „Und das geht nicht nur mir so. Die meisten jungen Frauen, die ich kenne, haben schon ein paar Mal geweint.“

Die Arbeitsbelastung von Investment Banking-Analysten in Hongkong fällt genauso hoch wie im Rest der Welt aus: kein Feierabend vor 23 Uhr und 100-Stunden-Wochen. Ein Analyst aus Hongkong berichtet sogar gegenüber eFinancialCareers in zwei aufeinanderfolgenden Wochen 110 Stunden gearbeitet zu haben. „Das war sehr qualvoll“, erinnert er sich. „Aber Sie arbeiten nicht immer so lange.“

Dennoch stellt Burnout in Hongkong ein besonders ernstes Problem dar. Bei einer Umfrage von eFinancialCareers gaben im vergangenen Jahr 80 Prozent der Teilnehmer an, sich schon einmal ausgebrannt gefühlt zu haben. Das ist höher als in Frankfurt, London oder New York. „Dazu kommt noch der Druck“, erzählt ein anderer Analyst. „In Honkong müssen Sie manchmal Dinge erledigen, die eigentlich Aufgabe von Associates wären. Mit der Belastung steigt auch Ihre Verantwortung. Dies bedeutet mehr Druck.“ Er hat bereits Berufserfahrung in New York gesammelt und meint, dass die Banker in Hongkong eher ausgebrannt als ihre US-Kollegen seien.

Doch mit zunehmender Berufserfahrung scheint der Druck der Langeweile zu weichen. So berichtet derselbe Analyst, dass nach der Mitarbeit an einigen M&A-Transaktionen und Börsengängen, langsam die Routine eingekehrt sei. „Ich bin nicht mehr so aufgeregt, wie ich es war als ich begonnen habe“, sagt er. „Mittlerweile weiß ich, wie es läuft. Daher frage ich mich manchmal, ob es sinnvoll ist, so weiterzumachen.“

Für ihn stelle es keine attraktive Option dar, einen Deal nach dem anderen abzuarbeiten, ohne irgendetwas dabei zu lernen. Sobald sich ein solcher Zweifel einstelle, schmerze das Burnout nur noch mehr.

Erfahrene Banker raten Absolventen sich bereits vor ihrem Berufseinstieg über ihren nächsten Karriereschritt klar zu werden. Auch wenn es sich sonderbar anhört: Bereits die Analysten, mit denen wir gesprochen haben, sehen sich in einer Sackgasse. Für viele stellen ein MBA und ein Schwenk auf die Buy-Side eine attraktive Perspektive dar. Dagegen stellt es für kaum jemanden eine Option dar, langfristig im Banking zu bleiben.

„Ich weiß nicht, wie lange ich bleiben werde, aber irgendwann werde ich gehen. Denn wenn ich mir hier die Senior-Banker anschaue, dann weiß ich: So möchte ich nicht werden“, erzählt ein Analyst in seinem dritten Jahr.

Unterdessen scheint den Banken diese Problematik bewusst zu werden. So überlegt Barclays die Verkaufspräsentationen, die sogenannten Pitch-Books, von 80 auf nur noch 20 Seiten zusammenzustreichen. Auch die Deutsche Bank und UBS versuchen ihren Analysten interessantere Aufgaben zu geben und früher in Kundenkontakt zu bringen. Und nicht zuletzt: Die meisten Banken haben auch die Gehälter um 20 Prozent angehoben.


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