Kann man alle 18 Monate den Job wechseln und dabei stetig eine kräftige Gehaltserhöhung durchsetzen, ohne seine Karriere zu ruinieren? In China ist das durchaus möglich. Zur Freude der Headhunter und zum Leid der Arbeitgeber stellen chinesische Banker wahre Jobhopper dar. Doch für den häufigen Arbeitsplatzwechsel gibt es auch gute Gründe:
1. Die Banken sind selbst schuld
Um den akuten Mangel an qualifizierten Arbeitskräften zu bewältigen, locken Banken Beschäftigte mit stattlichen Gehaltszuschlägen von 25 Prozent und mehr. „Das rasante Wachstum der Finanzdienstleistungen hat viele Karrierechancen eröffnet und ermuntert geradezu zu häufigem Arbeitsplatzwechsel“, erzählt Fabrice Isnard vom weltweit agierenden Recruitmentunternehmen Robert Walters in Shanghai.
2. Wer nicht wechselt, ist der Dumme
„Hinter dem chinesischen Jobhopping stehen wahrscheinlich kulturelle Gründe“, ergänzt Vivian Lin Thurston, Präsidentin der Chinese Finance Association of America (CFAA). „In der chinesischen Gesellschaft herrscht die Mentalität sich anzupassen, dadurch wird das Jobhopping zu einem Trend. Wenn jeder regelmäßig seinen Job wechselt und Sie nicht, dann erscheinen Sie als nicht sonderlich gefragt oder als dumm“, ergänzt Lin Thurston.
3. Die Jungen und Ruhelosen
Wer in den zurückliegenden zehn Jahren auf den Arbeitsmarkt gelangte, ist häufig der Überzeugung, dass es altmodisch und langweilig sei, bei dem gleichen Unternehmen zu bleiben, sagt Lin Thurston. Die jüngere Generation habe ihre Karriere aufgebaut, als China seinen Finanzsektor liberalisierte und sie verabschiedet sich ganz bewusst von der lebenslangen Tätigkeit für einen Arbeitgeber, wie es bei ihrer Elterngeneration der Fall gewesen ist.
4. Der Neid unter den Kollegen
Sich über sein Gehalt zu unterhalten, stellt für jüngere chinesische Banker längst kein Tabu mehr dar. Falls sich jemand im Vergleich zu seinen Kollegen unterbezahlt fühlt, dann ist er schnell zu einem Arbeitgeberwechsel bereit, erläutert Headhunter Alistair Ramsbottom von The Blacklock Group in Shanghai. „Kandidaten, die ihren Job häufig wechselten, haben erlebt, wie ihre Gehälter steilt anstiegen im Vergleich zu denjenigen, die geblieben sind“, ergänzt Ramsbottom.
5. Der Kampf mit den Kosten
Für viele Banker stellen schnelle Gehaltssteigerungen geradezu eine Notwendigkeit und keinen Luxus dar. „Aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten in Shanghai und Peking, wo die meisten jungen Finanzprofis tätig sind, dreht sich bei den häufigen Jobwechseln alles darum, belastbarere Vergütungspakete zu erhalten“, sagt Headhunterin Flora Shi von Morgan McKinley in Shanghai.
6. Geringe Loyalität
Chinesische Banker sind in finanzieller Hinsicht weniger eng an ihre Arbeitgeber gebunden als ihre westlichen Kollegen. „Bei einem Arbeitgeberwechsel fallen hier relativ geringe Opportunitätskosten an. Der Anteil an aufgeschobenen und an den Aktienkurs gebundenen Vergütungsbestandteilen ist gering“, betont Lin Thurston.
7. Eine langweilige Bürokratie
Chinesische Eltern nutzen oftmals „Guanxi“ – wie Vitamin B auf Chinesisch heißt – um ihre Kinder bei einer staatlichen Bank unterzubringen, sagt Headhunter Stephen He von Kelly Services. „Aber nach einigen Jahren oder sogar nur Monaten sind die jungen Finanzprofis von der Routine und der Bürokratie dieser Organisationen gelangweilt, was Jobhopping begünstigt“, ergänzt He.
8. Schlechte Ausbildung
Die chinesischen Banken sind nicht für ihre Ausbildung und Karrierentwicklungs-Möglichkeiten berühmt, betont Lin Thurston. Daher stellt ein Jobwechsel oftmals eine willkommene Gelegenheit dar, um neue Kompetenzen zu erwerben, sagt Sean Upton-McLaughlin vom Beratungsunternehmen learnchinesebusiness.com in Shanghai.
9. Mangelnde Karriereplanung
„Weil das chinesische Bildungssystem kein eigenständiges Denken fördert und es sich um einen Kandidatenmarkt handelt, mangelt es vielen Angestellten in China an den Fähigkeiten, eine Karriere zu planen“, sagt Upton-McLaughlin. Manche Leute sind einfach schnell versucht, einen neuen Job anzunehmen, auch wenn sie kaum Zeit bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber verbracht haben.
10. Die Familie zählt
Die familiären Verhältnisse können einen beträchtlichen Einfluss auf die Karriereentscheidungen chinesischer Angestellter ausüben, betont Upton-McLaughlin. „Mit Chinas wirtschaftlichem Aufstieg müssen viele junge Finanzprofis ihre Einkommen stetig steigern, um ihre alternden Eltern zu unterstützen, für eine aufwendige Hochzeit zu sparen oder Frau und Kinder in einer anderen Stadt zu versorgen.“
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