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GASTKOMMENTAR: Wieso mir als Quant der CFA auch nicht leicht fällt

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Der CFA Level I stellt traditionell eine Herausforderung dar. Bei den Prüfungen im vergangenen Juni haben gerade einmal 42 Prozent der Teilnehmer bestanden. Glücklicherweise gehörte ich dazu. Ich verfüge über einen unkonventionellen akademischen Background und arbeite als quantitativer Analyst in den Finanzdienstleistungen. Daher sollte mir das Examen eigentlich recht leicht fallen, doch tatsächlich handelte es sich um eine Erfahrung, die mir die Augen geöffnet hat. Was ich dabei gelernt habe:

1. Der CFA stellt für alle eine Plackerei dar, ich stelle dabei keine Ausnahme dar

Ich habe Informatik auf Bachelor und Master studiert. Mein Hauptfach ist „Machine Learning“, besser bekannt als künstliche Intelligenz. Das wird gemeinhin zu den schwierigeren Studienfächern gezählt und eines, nach dem Investmentbanken und große IT-Firmen besonders suchen.

Anschließend fand ich mich als Quant bei einem großen Asset-Management-Unternehmen wieder. Quants werden oft als die Schlaumeier der Finanzdienstleistungen betrachtet, die akademisch mit einem überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten gesegnet sind.

Doch die Wahrheit lautet: Ich musste feststellen, dass es mir beim CFA wie allen anderen auch erging. Mein Ego musste ich beim Einchecken an der Tür abgeben, musste mich die erforderlichen 300 Stunden vorbereiten und genauso hart wie alle anderen arbeiten. Man ist einfach nichts Besonderes. Man ist keine besonders schöne und einzigartige Schneeflocke. Vielmehr handelt es sich um einen Fight Club.

Der Punkt ist: Ich betrachtete den Umfang des Materials, das ich zu studieren und zu verstehen hatte, schon als Herausforderung. Darüber hinaus war ich mit dem Lernstil so wenig vertraut, dass es schwierig wurde.

Als Informatiker bin ich daran gewöhnt, Probleme zu lösen und zu programmieren. Ich bin aber nicht gewohnt, mich vor einem Haufen an Lehrbüchern zu setzen, diese zu lesen, mir Notizen zu machen und viele kleine Beispielaufgaben zu lösen. Zuletzt habe ich so an der Oberschule gelernt. Daher verbrachte ich viel Zeit damit zu lernen, WIE ich lernen musste, bevor ich mich auf das WAS konzentrierten konnte.

2. Es half mir den Überblick zu gewinnen

Das Sprichwort „Für einen Hammer sieht alles wie ein Nagel aus“ lässt sich leicht auf Quantitative Finance und Informatik übertragen. Für einen Quant sieht alles, was man lernt, wie Mathematik oder einen Programmiercodes aus.

Dagegen lernen Sie während des CFA eine Reihe von Gegenständen wie Ethik, Berufsstandards, Corporate Finance und quantitative Methoden. Das erweitert Ihr Bewusstsein.

Fast sofort nachdem ich meine Studien beendet hatte, stellte sich der Eindruck ein, dass sich der Blick auf meinen Arbeitsalltag verändert hat. Ich begann bei meiner Arbeit die Aspekte der Corporate Finance und des Financial Reporting zu erkennen.

Als jemand, der sich täglich bis über beide Ohren ins Programmieren vertieft, hat mir das besonders beim Lösen echter Geschäftsprobleme weitergeholfen, da mir jetzt wesentlich mehr Instrumente zur Verfügung stehen. Ich denke, dies wird für mich im Verlauf meiner Karriere sehr wertvoll werden, denn ich werde immer weniger mit fachlichen Tätigkeiten und immer mehr mit Management und Strategie zu tun haben.

3. Ein CFA stellt eine langfristige Investition in die Karriere dar

Im Verlauf einer Finanzdienstleistungskarriere ist es unvermeidlich, dass sich seine Verantwortung über fachliche Aspekte hinaus in Richtung Management und Strategie entwickelt. In dieser Hinsicht hat mir der CFA die Augen geöffnet – auch wenn das für mich niemals so aufregend sein wird wie das Anlegen stochastischer Modelle oder den Einsatz neuraler Netzwerke, um das Kreditrisiko einzuschätzen.

Ich habe mich entschieden, beim Ablegen der anderen CFA-Level erst einmal eine Pause einzulegen, bis ich meine Master-Arbeit beendet habe. Dennoch bin ich überzeugt, dass man auf lange Sicht von einer Berufsqualifikation profitiert.

4. Was mir der CFA bringen wird

Ich erwarte nicht, dass der CFA notwendigerweise den Verlauf meiner Karriere ändert. Für jemand mit einem vergleichsweise unkonventionellem Hintergrund verschafft mir die Arbeit am CFA ein deutlich tieferes Verständnis der Finanzdienstleistungen als Ganzem. Wie ich bereits erläutert habe, kann ich damit meine alltägliche Arbeit besser einordnen und es hat die Art und Weise geändert, wie ich über die Arbeit nachdenke.

Aus meiner Sicht stellt dies die beste Motivation dar, um den CFA zu studieren. Es geht nicht um einen radikalen Karrierewechsel, sondern um die Erweiterung des Horizonts.

Der Gastautor arbeitet als Quant bei einem Asset Management-Unternehmen. Er betreibt den Blog „Turing Finance“, in dem er sein Leben als Quant reflektiert.


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