Bankenanalyst Chiratan Barua von Bernstein Research wusste es schon im vergangenen Jahr: Jobs im Banking werden immer dümmer. Als Folge der grassierenden Regulierung und Automatisierung übernehmen die Arbeitsameisen in den Banken das Zepter: „Die Branche braucht einfach nicht mehr die hellen Köpfe und sie kann sie sich auch nicht mehr leisten. Sie leiden am meisten. Es handelt sich um so etwas wie einen langsamen Tod.“
Anderthalb Jahre später scheinen die schlimmsten Prognosen nicht eingetreten zu sein. Banken stellen noch immer die besten und hellsten Uniabsolventen für ihre Einstiegsprogramme ein. In einer Branche mit Tausenden von Bewerbern hilft ein heller Kopf auch weiterhin, um aus der Masse hervorzustechen – auch wenn er für die zu erledigende Aufgabe vielleicht gar nicht erforderlich wäre. Dennoch verändern sich die Dinge unterhalb der Oberfläche. Laut dem emeritierten Bankenprofessor Hans Geiger von der Uni Zürich fänden sich die spannendsten Finanzjobs mittlerweile in der IT. „Bankenjobs werden durch Maschinen ersetzt. Aber Sie brauchen immer noch jemanden, der diese Maschinen programmiert“, sagt Geiger.
Doch welche Jobs sollten im Zeitalter der Regulierung und Automatisierung gemieden werden? Und welche Alternativen bieten sich an?
1. Product Control
Einst heuerten Banken ganze Armeen von Product Controllern an, um täglich die Gewinne und Verluste ihrer Trader zu berechnen. Auch wenn dieser Job nicht wirklich anspruchslos war, konnte er doch reichlich langweilig werden. „Freunde, die in Product Control angefangen haben, haben das gehasst“, erzählt ein Aktienanalyst. „Es war ermüdend und Sie hatten kein Ansehen. Sie mussten ständig Trader zurücktreiben, die ihre Trades nicht korrekt angezeigt haben und sie behaupteten, dass Sie der Bank gerade Millionen gekostet hätten.“
Doch heute haben die meisten Jobs die einfachen Tätigkeiten in Product Control bereits ausgelagert, sagt Personalberater Tom Stoddart von Eximius Finance in London. Dies stellt eine gute Nachricht dar, wenn Sie in Product Control arbeiten und der Plackerei entkommen wollen. Sie können ein Team von Product Controllern managen, die die Arbeit von Indien oder Budapest aus erledigen. Die an den großen Finanzzentren verbleibenden Jobs sind hingegen anspruchsvoller und konzentrieren sich auf derivative Produkte.
Allerdings bedeutet dies auch, dass es weniger Jobs für Leute mit einem Accounting-Hintergrund gibt, die ins Banking einsteigen wollen und dabei bereit sind, erst einmal einen Job in Product Control anzunehmen. „Banken stellen keine Junior mehr in den Zahlengrößen ein, wie das früher der Fall gewesen ist“, erzählt ein anderer Recruiter, der sich aufs Accounting spezialisiert hat.
2. Compliance Monitoring
Spätestens seitdem die Aufsichtsbehörden zahllose Chatrooms entdeckt haben, die den Manipulation des LIBOR-Zinssatzes oder des Devisenmarktes dienten, haben die Banken ein waches Auge auf die Kommunikation der Banken. „Ich habe Jahre meines Lebens damit verbracht, die elektronische Kommunikation von Bankern und Tradern zu kontrollieren”, erzählt ein Compliance Surveillance Professional, der sich mit seinem eigenen Consulting-Unternehmen selbständig gemacht hat. „Es war erbarmungslos und es gab eine Menge Sachverhalte, die ich offensichtlich nicht absegnen konnte, aber mir wurde kein Gehör geschenkt.” Er berichtet, dass die Banken hierfür oftmals niedrigrangige Leute einstellen, die einfach nicht auf der Höhe der Zeit sind. „Das Management setzt gezielt Leute ohne Ahnung ein, damit sie nicht verstehen, was vor sich geht und die daher niemals ein Problem finden.”
In der heutigen Zeit wird die Kontrolle der Trader-Kommunikation durch IT-Instrumente erleichtert. So sucht Goldman Sachs aktuell beispielsweise einen „Analyst Developper” für sein Überwachungsteam. Erkin Adlov, ein ehemaliger Aktienanalyst von Goldman Sachs, wiederum hat seine eigene Softwareschmiede Behavox aufgemacht, die Programme entwickelt, die Indikatoren wie z.B. lautes Lachen als Hinweis auf Fehlverhalten auswertet. Die interessantesten Jobs im Compliance Monitoring scheinen also weniger in der Durchsicht der Kommunikation zu bestehen, sondern in der Entwicklung der dazu erforderlichen Programme.
3. Execution-only Analyst
Mit der Erholung des Geschäfts mit Fusionen und Übernahmen suchen die Banken händeringend nach jüngeren Mitarbeitern, die die Arbeit erledigen. Dabei findet sich eine wachsende Zahl von Banken, die nach sogenannten „Execution-only Analysts” suchen, die Teams bei der Ausführung der anstehenden Transaktionen unterstützen. Das klingt interessant, ist es aber nicht immer. Denn diese Analysten erledigen oft die bürokratischen Routineaufgaben, wie die Vorbereitung des Datenraumes, die Erstellung von Investorenpräsentationen, die sogenannten „Road Shows”, das Hochladen von Dokumenten, die Erstellung von Powerpoint-Präsentationen und das Kopieren von Unterlagen in jeder erdenklichen Form.
Selbst wenn Sie damit zufrieden sind, verstellen Sie sich mit solchen Jobs Chancen auf eine weiterführende Karriere, da diese Analysten kaum Kontakt mit den echten Deals und der Vermarktung bekommen, berichten Personalberater. Die „Execution-only”-Falle lässt sich bei Boutiquen umgehen, da dort die Analysten für alles zuständig sind und damit zumindest in Kontakt mit dem echten Geschäft kommen. So betont Rothschild beispielsweise, dass es keine separaten Teams für Marketing und Transaktionen unterhalte.
4. Redaktions-Jobs – Neudeutsch „Editing Jobs”
So mancher Leser mag die Rolle eines „Editors” für das Research-Team oder irgendeinen anderen Bereich der Bank, der Schriften erzeugt, für einen spannenden Beruf halten. Doch sie liegen falsch, erzählt der ehemaligen Bankenanalyst Bruce Packard. „Diese Leute werden als ,Editors’ bezeichnet. Doch ihr eigentlicher Job besteht darin, das Englisch von Nicht-Muttersprachlern zu säubern, die des Englischen nicht wirklich mächtig sind”, warnt Packard.
Interessanter als die Analysen von anderen Leuten durchzuputzen ist sicherlich, sie selbst zu erstellen. Dafür müssen Sie sich allerdings Expertise in einem Sektor aufbauen und schleunigst den CFA bestehen.
5. RFP Writer
Request for Proposal-Writer (RFP) sind immer dann gefragt, wenn potenzielle Kunden weitergehende Informationen verlangen. Ihnen obliegt, dieses Material zusammenzustellen. Diese Aufgabe verlangt ein Verständnis für die Produkte und die einschlägige Regulierung sowie die Zusammenarbeit mit den Kunden und ihren Betreuern. Allerdings wiederholt sich hier viel und administrative Aufgaben spielen eine wichtige Rolle.
Die gute Nachricht lautet, dass immer mehr RFP-Themen automatisch erstellt bzw. über entsprechende Datenbanken bedient werden. Vielleicht avancieren Sie in Zukunft auch zum Super-RFP, der die gesamten Vorlagen schreibt oder arbeiten gleich an der Datenbank.
6. Execution Trader
Ähnlich wie bei den bereits genannten Jobs sind die Aufgaben eines „Execution Traders” vielleicht nicht ganz so aufregend wie es der Jobtitel verheißt. Laut Personalberater Chris Apostolu sind Execution Trader oft ebenso überbezahlte wie überqualifizierte Verwaltungsmitarbeiter. Im schlimmsten Fall führen Execution Trader nur das aus, was ihnen Analysten oder Algorithmen diktieren. Im besten Fall wird von ihnen ein Händchen für das richtige Market Timing verlangt. Die größte Herausforderung stellt laut Apostolu der Handel in illiquiden Märkten dar, wo es entscheidend auf das Timing ankomme.