Für eine Karriere im Investmentbanking stellen Fachkenntnisse, Berufserfahrung und ein Händchen für die Kunden noch längst keine Erfolgsgarantie dar. Vielmehr benötigen Investmentbanker bestimmte persönliche Eigenschaften, um es bis ganz nach oben zu schaffen und – vielleicht noch wichtiger – es dort auch auszuhalten.
1. Erfolgreiche Investmentbanker verstehen sich anzupassen
Für den langfristigen Erfolg im Investment Banking muss man wissen, welche Persönlichkeitszüge in den verschiedenen Phasen einer Bankingkarriere besonders gut ankommen, meint Graham Ward, der früher das Aktiengeschäft von Goldman Sachs leitete und heute Professor für Unternehmensführung am INSEAD ist.
„Am Anfang müssen Sie hineinpassen und ein Teamspieler mit dem starken Willen sein, von all den großen Egos um Sie herum zu lernen“, erzählt er. „Anschließend müssen Sie einen tüchtigen Geschäftssinn und Innovationskraft zeigen. Schaffen Sie etwas Einzigartiges. Schließlich ist noch kein Investmentbanker erfolgreich gewesen, der kein Verständnis für die Kundenbedürfnisse mitbringt – selbst im Trading. Sobald Ihre Kunden zu Ihren Freunden geworden sind, werden Sie weniger entbehrlich.“
2. Erfolgreiche Investmentbanker sind hartnäckig und ausdauernd
Klug zu sein, genügt längst nicht mehr. Vielmehr müssen Engagement und die Konzentration auf das Neukundengeschäft hinzukommen. Trotz all der Arbeit sind die meisten Verkaufsgespräche zum Scheitern verurteilt. „Was mir an Hirn fehlt, das kompensiere ich durch Energie“, sagt der Co-Head Investment Banking der Bank of America Merrill Lynch Diego de Giorgi. „Sie müssen energisch, begeistert, ausdauernd und hartnäckig sein. Denn die meisten Verkaufsaktionen sind nicht erfolgreich und sie müssen Stunden mit der Erstellung von Präsentationen verbringen. Das Gleiche gilt aber auch für die Konkurrenz. Wir verkaufen kein materielles Produkt, wir verkaufen Dienstleistungen und dabei sind Intelligenz und Hartnäckigkeit gefragt.“
3. Erfolgreiche Investmentbanker wissen, was vor sich geht
Es klingt recht einfach, stimmt aber dennoch: Investmentbanker müssen bei jedem Kundenkontakt darüber nachdenken, wie sie für den Kunden Mehrwert schaffen. Dies bedeutet, dass Sie mehr Expertise mitbringen als die sogenannten Experten, sagt Ziad Awad, der früher für die Bank of America Merrill Lynch gearbeitet hat und heute seine eigene Beratungsboutique führt.
„Sie müssen alles lesen, was mit Ihrem Spezialgebiet und Ihren Kunden zusammenhängt. Ich kann Ihnen gar nicht erzählen, wie viele erste Treffen ich mit Unternehmenschefs und Aufsichtsvorsitzenden geführt habe, bei denen ich ihnen etwas erzählt habe, was sie noch nicht über ihr eigenes Unternehmen oder ihren Sektor wussten“, sagt Awad. „Es geht um extreme Disziplin, lesen Sie sämtliche Geschäftsberichte, Nachrichten und Briefe an die Aktionäre, die Sie auftreiben können. Lesen Sie zwischen den Zeilen, stellen Sie Untersuchungen an und suchen Sie Informationen auf allen Ihnen möglichen Wegen. Seien Sie selbstbewusst und stellen Sie Fragen zu Problemen, die Sie nicht verstehen, um Ihr Verständnis zu vertiefen.“
4. Erfolgreiche Investmentbanker gehen Karriererisiken ein
Die Karrierewege im Investmentbanking verlaufen nicht immer linear. Sie finden nicht immer an demselben Ort oder in demselben Sektor statt. Laut Ward sollten daher Investmentbanker immer diejenigen Chancen ergreifen, die sich ihnen bieten.
„Manchmal fällt Ihr Masterplan schon bei der ersten Bewährungsprobe zusammen. Falls eine Gelegenheit an die Tür klopft, dann geschieht dies nur selten zweimal“, sagt er. „Wer flexibel und offen ist, zählt langfristig zu den Gewinnern. Wenn Ihnen eine Beförderung angeboten wird, aber es sich um eine zweijährige Anstellung in Tokio handelt, dann sollten Sie sie annehmen. Das schlimmste, was passieren kann, ist, dass Sie etwas über sich selbst lernen.“
5. Erfolgreiche Investmentbanker verfügen über ein Ventil, um Druck abzulassen
Bei Arbeitszeiten von 70 Stunden die Woche und mehr muss man schon ganz genau wissen, wie man das meiste aus seiner bescheidenen Freizeit herausholt. Dabei stellt die Füße hochzulegen nicht immer die erste Wahl dar. „Ich kenne eine Menge Banker, die Radsport oder Ultramarathons betreiben“, sagt Awad. „Ich nehme an Segelregatten teil und ich gestehe, dass ich meinen Ehrgeiz bei der Arbeit auf mein Hobby übertrage. Sie brauchen etwas, um gegen Demotivation und Burnout anzugehen, wenn Sie lange arbeiten oder um 4 Uhr aufstehen, um einen frühen Flug für eine weitere Geschäftsreise zu bekommen. Männliche Banker sind ab ihrem 40 Geburtstag von Fitness geradezu besessen.“
6. Erfolgreiche Investmentbanker müssen sich treu bleiben
Wenn man es einmal zum Managing Director gebracht hat, dann steigt der Druck nur noch weiter. „Managing Directors halten es im Investment Banking durchschnittlich 18 Monate aus“, warnte der ehemalige Investmentbanker Randall Dillard von Nomura. „Die meisten Leute kommen einfach nicht mit der Höhe der Erträge zurecht, die von ihnen Jahr für Jahr verlangt werden.“
7. Erfolgreiche Investmentbanker pflegen den Kundenkontakt
Laut Awad müsse die Kundenbeziehung eine gewisse Tiefe erreichen. Wer sich nur auf einzelne Geschäfte konzentriere und dabei die langfristige Kundenbindung vernachlässige, bleibe der Erfolg verwehrt. Dabei spielt es eine wichtige Rolle, sich nicht zu sehr auf freie Wochenenden zu freuen.
„Sie müssen eine gewissen Leidenschaft für Ihre Kunden mitbringen“, sagt Awad. „Top-Investmentbanker pflegen am Wochenende den Kontakt zu ihren Kunden, sie gehen zu Sportveranstaltungen und sie beschäftigen sich mit den Familien der Kunden. Das habe ich regelmäßig erlebt.“
8. Erfolgreiche Investmentbanker sind skrupellos
Falls Sie auch zu der Minderheit gehören wollen, die die Karriereleiter hinaufklettern, dann müssen Sie akzeptieren, dass viele Leute auf dem Weg zurückfallen und Sie müssen sich auf Ihre eigenen Ziele besinnen, betont Ward.
„Sie müssen brutal diszipliniert und auf dem Laufenden sein und sich selbst eine dicke Haut zulegen“, ergänzt er. „Es handelt sich um einen wettbewerbsintensiven Marathon und Sie müssen über eine Reihe von Leichen gehen. Daher ist es wichtig, einen Blick auf den Horizont zu richten und einen strategischen Plan zu besitzen.“
9. Erfolgreiche Investmentbanker sind gleichgültig
Die Kunden sind fordernd, die Vorgesetzten unvernünftig und die Jobsicherheit ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. All das dürfen Sie emotional nicht zu dicht an sich heranlassen. Eine Studie von Maxine Robertson von der Queen Mary University in London und von Mats Alvesson von der Uni Lund in Schweden kommt zu dem Ergebnis, dass Investmentbanker einen kühlen Kopf bewahren sollten. Die meisten der Teilnehmer ihrer Befragung gaben an, selbst in schwierigen Zeiten niemals „aufgebracht, glücklich, erniedrigt oder verwirrt zu sein“.
Ein Teilnehmer berichtete, nach Möglichkeit „die dunkle Seite“ seines Chefs zu vermeiden: „Ich kümmere mich nicht darum, ich kann dagegen ohnehin nichts unternehmen. Wenn er explodiert, dann ist sein Verhalten unabsehbar. Das bringt mich nicht aus der Fassung. Ich bin mittlerweile daran gewöhnt und es schwappt nur über mich hinweg. Ich habe eine wesentlich dickere Haut entwickelt, was teilweise aus dem Kundenkontakt herrührt. Ich betrachte es als Teil meines Jobs und nehme es nicht persönlich.“
10. Erfolgreiche Investmentbanker sind immer tadellos gekleidet
Es klingt banal, aber zu den wenigen Dingen, um die sich Investmentbanker scheren, zählt laut der englisch-schwedischen Studie ausgerechnet eine stets korrekte Kleidung. Führungskräfte machen hiervon sogar Einstellungsentscheidungen abhängig. So gab bei der Befragung eine Investmentbankerin an, dass sie einen Berufseinsteiger aufgrund seines ungepflegten Auftritts abgelehnt habe.
„Er brachte eine Menge Praktika und eine wirklich gute Berufserfahrung mit, aber ich wusste schnell, wieso er noch keine Festanstellung hatte. Er gehört zu den Leuten, die im Handelssaal herumgammeln, er gehört zu den Leuten, an denen selbst ein teurer, schicker Anzug schlampig und alt aussieht. Es geht um die Verpackung, die Fassade, womit wir in diesem Geschäft handeln“, sagt sie.
11. Erfolgreiche Investmentbanker sind energisch
Nach Awads Erfahrungen erholen sich viele Investmentbanker bei besonders anspruchsvollen und fordernden sportlichen Aktivitäten. Der stressige Arbeitsalltag erschwert es offenbar, abzuschalten und den Adrenalinfluss zu kontrollieren. Selbst wenn Investmentbanker nach guten Verdiensten in der Vergangenheit sich aus der Branche verabschieden, tauchen sie doch an anderer Stelle schnell wieder auf. Dazu gehört auch Richard Herman, der früher das Geschäft mit Anleihen, Währungen und Rohstoffen der Deutschen Bank leitete. Nach einer Weltumwanderung hat er kürzlich seinen eigenen Hedgefonds aufgemacht.