Die anstehende Weihnachtspause stellt eine Gelegenheit dar, die Bewerbungsunterlagen für Karrierechancen im neuen Jahr auf Vordermann zu bringen. Wir haben Personalberater gefragt, was sie an Bewerbungen am meisten stört und wie Kandidaten ihre Unterlagen in Topform bringen.
Jede Bewerbung muss maßgeschneidert sein
„Das Maßschneidern der Bewerbungsunterlagen halte ich für ein absolutes Muss”, betont Headhunter Marcus Wittner von Contagi in Zürich. Nicht nur das Anschreiben, sondern auch der Lebenslauf müsse für jeden Job angepasst werden. „Das wird häufig noch unterschätzt”, warnt Wittner. „Wer sich auf 20 Stellen mit dem gleichen Lebenslauf bewirbt, braucht sich über Absagen nicht zu wundern.” Die Optimierung würde Zeit kosten, aber die Investition würde sich lohnen. Zwar dürfe keine Station weggelassen werden, aber man könne die relevanten Stationen ausführlich und die irrelevanten knapp ausführen.
Headhunterin Karin Signer von Signer Beratungen in Zürich empfiehlt, die Stichworte aus dem Anforderungsprofil in der Stellenanzeige in den Lebenslauf aufzunehmen. Auf diese Weise könnten auch wenig erfahrene Mitarbeiter bei der Erstsichtung der Bewerbung das Anforderungsprofil Schritt für Schritt abhaken.
Strukturierung und Visualisierung
Signer erhält gelegentlich immer noch Lebensläufe, die chronologisch mit der Lehrzeit beginnen, teilweise schreiben Bewerber ihren Werdegang sogar als Fließtext in einer E-Mail. Stattdessen rät die Personalberaterin zu einem antichronologischen Lebenslauf, der also mit der aktuellsten Position beginnt. „Bei jeder Station sollten nicht nur Firmenzugehörigkeit, Unternehmensname und Funktionsbeschreibung aufgeführt werden, sondern auch eine detaillierte Aufgabenbeschreibung in Form von Bullet Points”, erläutert Signer. „Auf diese Weise kann sich der Leser einen schnellen Überblick verschaffen, ohne erst einen Blick in die Arbeitszeugnisse zu werfen.”
Von zu vielen unterschiedlichen Schriftgrößen und -arten rät Wittner ab. Dennoch sollten auch Finanzprofis die Möglichkeiten der Visualisierung nutzen. Anders als bei Marketing-Jobs dürften diese jedoch nicht allzu kreativ und spielerisch herüberkommen, sondern analytisch und beratend. „Sie können z.B. eine Matrix ihrer Kompetenzen anfügen”, sagt Wittner. „Eine gelungene optische Gestaltung bleibt einem einfach besser im Gedächtnis. Das ist besonders wichtig, wenn Sie sich gegenüber 150 anderen Bewerbern absetzen müssen.” Dies könne z.B. die Aufnahme der Firmenlogos hinter den beruflichen Stationen sein. In diesem Fall müssten allerdings Größe und Ausrichtung der Logos einhellig ausfallen.
Bewerbungsunterlagen müssen vollständig sein
Bei Bewerbungen gibt es immer noch einen kleinen Kulturbruch zwischen Mitteleuropa und der angelsächsischen Welt. Jedenfalls erhält Personalberater Emmanuel Kessler von Kessler.Vogler in Zürich immer wieder unvollständige Bewerbungsunterlagen. Während in England häufig schon die Einreichung des Lebenslaufes für die Bewerbung genüge, würden in der Schweiz darüber hinaus Arbeitszeugnisse und Diplome erwartet, betont Kessler. Dazu gehören auch relevante Fortbildungen wie etwa ein CFA-Zertifikat. „Da muss man aber nicht ganz weit zurückgehen. Ein 50jähriger muss bei einer Direktbewerbung nicht unbedingt sein Ausbildungszeugnis beilegen”, ergänzt Kessler. Anders bei indirekten Bewerbungen. „Von uns wird erwartet, dass wir diese Unterlagen zumindest verfügbar haben.”
Dabei sollte die PDF-Datei allerdings nicht den E-Mail-Eingang des Empfängers „sprengen”, warnt Headhunter Stephan Surber von Page Executive in Zürich. Kandidaten sollten die PDF entweder auf eine überschaubare Größe komprimieren oder aber auf ZIP-Dateien zurückgreifen.
Signer wiederum empfiehlt sämtliche Zeugnisse in einer PDF-Datei zusammenzufassen. „Auf diese Weise muss der Leser nicht jede Datei einzeln öffnen, sondern kann einfach nur hindurchscrollen”, sagt Signer. Mithin bestehe eine Bewerbung aus zwei bis drei PDF-Dateien: dem Lebenslauf, den Zeugnissen und ggf. dem Anschreiben. „Das ist die perfekte Lösung.”
Erfolgreiche Finanzprofis tendieren zu überlangen Lebensläufen
„Vielfach erhalten wir überlange Lebensläufe von sehr senioren Kandidaten. Einige weisen sieben, acht und mehr Seiten auf – das ist nicht mehr zeitgemäß”, erzählt Surber. Umgekehrt warnt Surber auch vor einseitigen Lebensläufen, wie sie etwa die INSEAD Business-School aus Fontainebleau bei Paris empfiehlt. „Das sieht zwar sehr gut aus, die Informationen fallen jedoch zu knapp aus.” Stattdessen rät Surber zu zwei- bis dreiseitigen Lebensläufen. „Wer 50 ist, kann durchaus auch drei Seiten schreiben; wer Mitte 30 ist, da sollten zwei Seiten genügen”, ergänzt Surber.
Erläutern Sie sämtliche Lücken im Lebenslauf
„Die Bewerbungsunterlagen müssen möglichst transparent ausfallen”, erläutert Kessler. Von daher sollten Kandidaten möglichst keine Lücken im Lebenslauf aufweisen bzw. jede Lücke kurz erläutern. „Nehmen Sie Fragen und Antworten vorweg”, rät Kessler.
Sprechen Sie Ablehnungsgründe pro-aktiv an
Das Ansprechen von Problemen im Werdegang kann zu einem wahren Balanceakt werden. „Wenn Sie Probleme ansprechen, dann wird das Anschreiben schnell zu einem Entschuldigungsschreiben”, warnt Kessler. Dies könne dazu führen, dass man gar nicht erst in die engere Wahl gelange. „Ein Anschreiben soll die Lust zum Weiterlesen wecken und nicht etwa die Unlust unterdrücken”, sagt Kessler augenzwinkernd. Dennoch könne es Sinn machen, Probleme im Lebenslauf pro-aktiv anzusprechen. „Wenn es immer wieder die gleichen Gründe sind, wieso Ihre Bewerbung abgelehnt wird, dann sollten Bewerber diese durchaus im Anschreiben ansprechen”, ergänzt Kessler. Dies gelte besonders, wenn die Bewerbung über ein Recruitmentunternehmen erfolge. „Wir können auch Lebensläufe berücksichtigen, die bei einer Direktbewerbung vielleicht keine Chance hätten.”
Ein professionelles Foto ist fast schon Pflicht
Beim Thema Bewerbungsfoto verbreiten sich langsam auch in der Schweiz angelsächsische Gepflogenheiten. Während internationale Finanzdienstleister oft kein Foto erwarten, werde dies von Schweizer Häusern immer noch verlangt. „Ein Foto muss professionell ausfallen”, betont Kessler. Das Foto sollte also keinesfalls zuhause mit dem Smartphone geschossen werden. Vielmehr rät er Bewerbern, zu einem professionellen Fotografen zu gehen. „Auch wenn es im Arbeitsalltag anders ist, wollen gerade Banken, dass Kandidaten auf einem Bewerbungsfoto Anzug und Krawatte tragen.”
Dies sieht Wittner ein wenig anders. Das konservative Format sei bei Groß- und Kantonalbanken und ihren Tochterunternehmen angebracht. Bei alternativen Investments wie Private Equity- und Hedgefonds stößt jedoch auf Fotos, wo die Bewerber ohne Krawatte, mit hochgekrempelten Ärmeln und in Macherpose. „So als würde er erklären, wieso sein Hedgefonds so gut performt hat”, kommentiert Wittner. Es gebe also selbst in den Finanzdienstleistungen Ausnahmen.
Der Unterschied zwischen Fach- und Führungskräften bzw. Sales-Experten
Surber weist auf den Unterschied zwischen Fach- und Führungskräften bzw. Sales-Mitarbeitern hin. Bei einer Fachkraft wie z.B. einem Accountant sollten die Berufserfahrungen und Qualifikationen detailliert herausgearbeitet werden. „Wenn Sie eine Zusatzqualifikation wie eine IFRS-Fortbildung absolviert haben, gehört dies ebenfalls in den Lebenslauf.”
Neben den Pflichtabteilungen Berufserfahrung und Studium bzw. Ausbildung empfiehlt Surber auch Sprachen, Hobbies und Interessen sowie extracurriculare Tätigkeiten für die Schärfung des Profils heranzuziehen. Bei Sales-Profilen und Führungskräften spiele wiederum das Netzwerk eine entscheidende Rolle, wofür die Mitgliedschaft in einschlägigen Berufsverbänden, Organisationen und Vortragstätigkeiten sprächen. „Wenn jemand als Sales auf England spezialisiert sei, dann finde ich das schon seltsam, wenn er nicht Mitglied der Britisch-Schweizerischen Handelskammer ist”, sagt Surber. Auch Hobbies wie die Mitgliedschaft in einem Golfclub könnten bei einer Bewerbung Brücken schlagen. Über private Interessen werden oft unausgesprochen Kompetenzen wie etwa Networking über Golf vermittelt. „Da wird viel zwischen den Zeilen gelesen”, betont Surber.
Kontrollieren Sie Ihre Bewerbungsunterlagen minutiös
Falsche Adressaten und Stellenbeschreibungen, Rechtschreib-, Tipp- und Grammatikfehler gehören laut Signer zum Alltag. Dies hinterlasse beim Leser immer einen schlechten Eindruck und führe oftmals sogar direkt zu einer Ablehnung. Signer rät, Lebenslauf und Anschreiben gründlich Korrektur zu lesen und die Unterlagen auch von jemand anderen gegenlesen zu lassen. „Auch die Rechtschreibprüfung durchlaufen zu lassen, stellt durchaus keinen Luxus dar”, kommentiert Signer.
Achten Sie auf die Besonderheiten
Obgleich sich E-Mail-Bewerbungen mittels PDFs durchgesetzt haben, gibt es noch immer Ausnahmen. Wittner berichtet, dass manche altgediente Privatbankiers in der Schweiz immer noch eine schriftliche Bewerbung schätzen. „In diesem Fall dürfen Sie aber nicht das 80-Gramm-Papier aus dem Kopierer nehmen, sondern müssen dickeres, edleres Papier wählen, das vielleicht auch ein wenig marmoriert ist. Dann müssen Sie den Lebenslauf mit einer schönen blauen Tinte unterschreiben”, erzählt Wittner. „Das Maßschneidern, das zieht sich halt durch alles durch.”