Zwischen Schweizern und Deutschen herrscht eine – freundschaftliche – Rivalität. Zürich und Frankfurt stellen die beiden relevanten Finanzzentren im deutschsprachigen Raum dar. Doch wo leben Banker und andere Finanzprofis besser? Wir lassen die beiden Städte in acht Kategorien gegeneinander antreten und küren anschließend den Sieger:
Arbeitsmarkt: Zürich
„Trotz der Konsolidierung im Wealth Management und trotz des starken Frankens entwickelt sich der Zürcher Finanzdienstleistungs-Arbeitsmarkt recht dynamisch“, berichtet Personalvermittler Christian Atkinson von Robert Walters Schweiz. „Die Situation in Zürich ist aktuell in dem Sektor wesentlich dynamischer als in Genf.“
Aufgrund der steigenden Regulierung reiße die starke Nachfrage nach Experten für Regulierung und Recht nicht ab. Die branchenweite Restrukturierung sorge überdies für einen hohen Bedarf an Projektmanagern, Business Analysten und ähnlichen Profilen, beobachtet Atkinson.
„Aus der Recruitmentperspektive können wir aktuell sagen, dass es eher schlecht aussieht, da Banken durch die Restrukturierungspläne weniger einstellen, und wenn doch, dann mehr Nischenprofile und Fachexperten anfragen“, erzählt Personalvermittler Marco Hermle von Robert Walters in Frankfurt. „Im Front und Back Office bewegt sich trotzdem einiges.“ Lediglich die Dauerbrenner wie Compliance-Experten oder Risikomanager werden stark nachgefragt. „Sehr gute Chancen haben auch weiterhin junge Investmentbanker“, ergänzt Hermle.
Bezahlung: Zürich
„Im Junior- und Mid-Level wird alleine schon aufgrund der Währung und des Standortes in Zürich mehr gezahlt als in Frankfurt“, beobachtet Atkinson. Bei einem Jahresgehalt von 160.000 bis 200.000 Franken werde jedoch eine Grenze erreicht.
Nach der Robert Walters Salary Survey 2016 kassierten Mitarbeiter im Middle Office mit drei bis sieben Jahren Berufserfahrung in Deutschland zwischen 50.000 und 85.000 Euro. In Zürich liegt die Spannbreite mit der gleichen Berufserfahrung im Middle und Back Office bei 90.000 bis 120.000 Franken. „Wer von Frankfurt in die Schweiz zieht, sollte sich vorab genau zu den Gehältern informieren und den eigenen Wert bench-marken“, raten Aktkinson und Hermle.
Steuern: Zürich
Der Vergleich der steuerlichen Situation stellt keine leichte Aufgabe dar. So gibt es in der Schweiz Gemeinde-, Kantonale und Bundessteuern. Die Belastung kann also je nach Wohnort recht unterschiedlich ausfallen. Zürich gehört dabei anders als Zug sicher nicht zu den günstigsten Wohnorten. Einige Sozialabgaben wie namentlich die Krankenversicherung müssen zudem allein von den Angestellten bestritten werden.
Zwar fällt der Spitzensteuersatz in Deutschland mit 42 Prozent (ohne „Reichensteuer“) nicht allzu hoch aus. Dieser wird aber bereits von sämtlichen Einkommen über 54.000 Euro fällig – damit macht Deutschland weltweit kaum einer etwas vor. Hinzu kommen selbstverständlich noch Solidarzuschlag, ggf. Kirchensteuern und diverse Sozialabgaben.
Von daher wundert es kaum, dass das OECD-Ranking für Steuern und Sozialabgaben Deutschland ein vernichtendes Zeugnis ausstellt. Demnach muss ein Single mit Durchschnittsgehalt in Deutschland 49,3 Prozent an die Allgemeinheit abgeben. Bei einem Ehepaar mit zwei Kindern waren es immer noch 33,8 Prozent. In der Schweiz sind es hingegen 22,2 bzw. 9,8 Prozent. Selbst wenn dies in Zürich etwas höher ausfällt, kommen wir zu einem eindeutigen Gewinner.
Lebenshaltungskosten: Frankfurt
Zürich und Frankfurt zählen in der Schweiz und Deutschland zu den teuersten Städten. Lediglich Genf und München dürften noch kostspieliger sein. Dennoch trennen die Lebenshaltungskosten in den beiden Städten Welten, wie der berühmte Big Mac-Index belegt. Für den Burger mussten die Deutschen 2014 umgerechnet durchschnittlich 3,86 Dollar auf den Tisch legen, was sogar unter dem Durchschnitt des Euroraums lag. Dagegen mussten die Schweizer tiefer ins Portemonnaie greifen – und zwar sehr viel tiefer. Mit umgerechnet 6,44 Cent war das Produkt der amerikanischen Basse Cuisine bei den Eidgenossen zwei Drittel teurer als bei ihren nördlichen Nachbarn.
Arbeitszeiten und Arbeitskultur: Zürich
„Die Work-Life-Balance fällt in der Schweiz recht gut aus“, meint Atkinson. „Temporäre Positionen sind mittlerweile nicht mehr so unüblich in der Schweiz. Work-Life-Balance wird immer häufiger von den Kandidaten thematisiert“, ergänzt der Personalvermittler. Dies spiele in der Schweiz wahrscheinlich eine noch größere Rolle als z.B. in Frankfurt, sagt Hermle. Die Frage, wo die Arbeitszeiten länger ausfallen, scheint gar nicht so leicht zu beantworten. So seien die Arbeitszeiten in Investment Banking und Consulting auch in Frankfurt endlos, während in anderen Abteilungen von 9 bis 17 Uhr gearbeitet werde.
Internationalität: Zürich
Nach den offiziellen Angaben des Migrationsamtes leben 2016 etwa 377.000 Ausländer im Kanton Zürich, was 26 Prozent der gesamten Einwohnerschaft bedeutet. In Zürich liegt der Anteil bei rund einem Drittel. Das geht auch am Alltag nicht spurlos vorbei. „Im Zentrum von Zürich kommt man mit Englisch sehr gut zurecht“, berichtet Atkinson. „Doch je weiter man hinausfährt, umso schwieriger wird es.“
Frankfurt dürfte zwar die internationalste Stadt Deutschlands sein, dennoch ist die Metropole weniger international als Zürich. Im vergangenen Jahr lebten knapp 197.000 Ausländer in der Stadt, was etwa ein Viertel der Bevölkerung darstellt. Das ist viel, aber weniger als in Zürich. „In vielen Banken Frankfurts ist Englisch Arbeitssprache“, sagt Hermle. „In den unterstützenden Funktionen kommt man aber ohne Deutsch kaum zurecht.“
Zentralität und Verkehrsanbindung: Frankfurt
Mit ihren 400.000 Einwohnern ist Zürich fast doppelt so groß wie Genf, der Flughafen zählte in 2014 über 26 Mio. Flugpassagiere und nach Basel oder Bern ist es nur ein Katzensprung. Auch wenn damit Zürich in der Schweiz einsame Spitze ist, wirkt die Stadt im Vergleich zu Frankfurt putzig. Frankfurt ist zwar gerade einmal die fünftgrößte Stadt Deutschlands, aber beinahe doppelt so groß wie der Schweizer Rivale, das umliegende Rhein-Main-Gebiet zählt ähnliche viele Einwohner wie die gesamte Deutschschweiz und der Flughafen 61 Mio. Passagiere. Doch jeder Vorteil birgt auch Nachteile in sich. „In Zürich ist alles dicht beieinander. Kaum jemand pendelt länger als 20 bis 30 Minuten“, schwärmt Atkinson. Von solchen Zeiten können viele der gut 300.000 Arbeitskräfte, die täglich nach Frankfurt hineinpendeln, nur träumen.
Lebensqualität: Zürich
Bei der Lebensqualität scheinen die Schweizer die Nase vorn zu haben. Nach dem jüngst veröffentlichten „Quality of living ranking“ des Beratungsunternehmens Mercer landete Zürich souverän auf dem zweiten Platz und musste sich lediglich Wien geschlagen geben. Dagegen reichte es bei Frankfurt nur für den siebten Platz. Damit liegt Mainhattan zwar hinter München (Platz 4) und Düsseldorf (Platz 6) aber weit vor London (Platz 39) und New York (Platz 44). Frankfurt besitzt wenig, was mit dem See und den Bergen konkurrieren kann.
Fazit
Unser kleiner Wettstreit ergibt also einen klaren Sieger. In sechs von acht Kriterien hat Zürich die Nase vorn; in zwei Frankfurt. Allerdings fällt der Sieg in vielen Disziplinen wie etwa bei Arbeitszeiten und Arbeitsmarkt denkbar knapp aus.