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Untergangsstimmung bei der Deutschen Bank

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Wenn sogar die BBC die Deutsche Bank für das gefährlichste Kreditinstitut der Welt hält, dann sollte man aufhorchen. Das Brexit-Referendum verstärkt die ohne schwelende Krise weiter. Laut einem Chart des Weltwährungsfonds befindet sich die Bank an einem Knotenpunkt globaler Systemrisiken. Das ist auch den Anlegern nicht entgangen. Seit Jahresbeginn hat die Aktie etwa die Hälfte ihres Wertes eingebüßt.

Die Krise treibt nicht nur den Vorstand in Frankfurt, sondern auch die Führungskräfte in London und New York um. „Die Leute haben wirklich Panik“, erzählt ein ehemaliger Managing Director der Deutschen Bank. „Ich habe in der vergangenen Woche mindestens zwei Dutzend Anrufe ehemaliger Kollegen erhalten, die mich nach ihrer Einschätzung gefragt haben. Sie sorgen sich um rechtliche Probleme, den Brexit und die Geschäftsmodelle. Es herrscht der Eindruck, dass sich die Deutsche Bank nicht so wie ihre Mitbewerber entwickelt hat. Zumindest JP Morgan verfügt über eine riesige Commercial Bank und Morgan Stanley und Goldman Sachs besitzen beeindruckende Aktien- und Advisory-Aktivitäten. Die Deutsche Bank hat nichts davon. Sie verfügt über ein sehr großes Fixed Income-Geschäft und das ist auch noch in Europa angesiedelt.“

Da stellt es keinen Trost dar, dass mit dem Absturz des Aktienkurses sich auch ein beträchtlicher Teil der Boni der Führungskräfte in Nichts aufgelöst hat. Diese sind nämlich an den Aktienkurs gebunden. Nach unseren Einschätzungen sind 200 Mio. Dollar (180 Mio. Euro) des Bonus für 2015 dahin. Da jedoch die variablen Vergütungen bei der Deutschen Bank bis zu fünf Jahre verzögert ausbezahlt werden, handelt es sich nur um einen Teil des tatsächlichen Schadens. Zurück in 2011 lag der Aktienkurs der Deutschen Bank noch bei 41 Euro. Jetzt notiert er bei 11,60 Euro. „Die Führungskräfte mussten mitansehen, wie ihr Bonus seit 2011 ausradiert wurde“, kommentiert ein Headhunter. „Die meisten würden gerne wechseln, aber sie können nirgendwohin gehen.“

Doch das Schlimmste könnte noch bevorstehen. So verfügt die Deutsche Bank über besonders strenge Bonus-Rückforderungsmechanismen, die auch als „Claw backs“ bekannt sind. Demnach verfällt eine Bonustranche, wenn die Bank Verluste schreibt. Das sorgt für zusätzliche Verunsicherung. „Die Beschäftigten sorgen sich um ihre Verluste“, erzählt der ehemalige Managing Director. „Wenn man bedenkt, wie schwierig es gewesen ist, in der jüngeren Vergangenheit Geld zu verdienen, dann sind die Sorgen über die nächsten Auszahlungen der aufgeschobenen Boni im Februar verständlich.“

Schon vor dem Brexit-Referendum hat Deutsche Bank-Chef John Cryan gewarnt, dass der Konzern auch im laufenden Jahr keine Gewinne schreiben werde. Bei der Jahrespressekonferenz hat Cryan indes gesagt, dass die Verluste die Bonus-Rückforderungsmechanismen zunächst nicht auslösen. Doch falls die roten Zahlen anhalten sollten, muss dies nicht ewig gelten.

Bankenanalysten rechnen jedenfalls mit einer schwachen Rentabilität der Deutschen Bank. So gehen die Analysten von Morgan Stanley von einem Rückgang des Operativen Gewinns um 13 Prozent aus – im schlimmsten Fall sogar von 31 Prozent. Die Analysten der UBS wiederum erwarten einen Rückgang von 28 Prozent im laufenden Jahr, während sie für die Credit Suisse lediglich ein Minus von 10 Prozent prognostizieren.

Da wundert es kaum, dass die Mitarbeiterzufriedenheit einer jüngsten Umfrage zufolge bescheiden ausfiel.

Doch es gibt auch Lichtblicke. So scheint Cryan eine recht genaue Vorstellung davon zu haben, wie sich die Probleme lösen lassen. Allerdings ist mehr als zweifelhaft, ob sich dieser Plan nach einem Brexit noch umsetzen lässt. Laut den Morgan Stanley-Analysten zählt die Deutsche Bank zu denjenigen Banken – neben Credit Suisse und Unicredit – die eine „materielle Kapitallücke“ nach den ab 2019 geltenden Anforderungen aufweisen. Mit dem Verkauf der Postbank wollte Cryan die Summe der risikogewichteten Aktiva spürbar verringern. Im gegenwärtigen Marktumfeld dürfte dies jedoch schwerfallen. Vor kurzem sagte Privatkundenvorstand Christian Sewing der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, dass die Bank mit einem Börsengang warten werde, bis sich „ein angemessener Preis“ für die Postbank erzielen ließe.

Bereits vor einiger Zeit bezeichnete Bankenanalyst James Chappell von Berenberg das Leverage der Deutschen Bank mit 40:1 als für zu hoch. Als Lehman Brothers unterging, lag deren Leverage bei 31:1. Laut Chappell verfüge die Deutsche Bank über zwei Optionen: Entweder könne sie Aktiva veräußern oder eine Kapitalerhöhung durchführen. Doch dies scheint immer schwieriger zu werden. Laut Chappel sei die Bank mit einem „unüberwindlichen Gegenwind“ konfrontiert und empfiehlt daher das Abstoßen der Aktie.

Unterdessen wollte die Deutsche Bank keine Stellungnahme zu ihren Zukunftsplänen abgeben. Doch laut dem ehemaligen Eigenhändler der Dresdner Bank und von Sal Oppenheim Stefan Müller, der die Brokerfirma DWGA betreibt, spiele der Brexit jetzt den konservativen Kräften innerhalb der Deutschen Bank in die Hände. „Die Leute müssen verstehen, dass die Deutsche Bank einst der Stolz Deutschlands gewesen ist“, sagt Müller. „Es handelte sich um die größte und stärkste Bank der Welt und dann fing sie an, Investmentbanken aufzukaufen und zu traden. Seither hat sie jedes Desaster mitgemacht. Einst war man stolz darauf, bei der Deutschen Bank zu arbeiten – das ist vorbei.“

Noch im Mai betonte Cryan, dass die Bank zu ihrem Trading stehe. Müller geht jedoch davon aus, dass sich das rasch ändern könne. Mit dem Brexit verliere der Konzern in London seinen „EU-Pass“ und damit den Zugang zu den europäischen Märkten. Dafür werde es keinen adäquaten Ersatz geben. Daher müsse der Konzern tausende von Arbeitskräften von der Themse nach Deutschland verlegen. An diesem Punkt dürften die konservativen Kräfte innerhalb der Deutschen Bank die Oberhand gewinnen, prophezeit Müller. „Die Deutsche Bank wird zweigeteilt: Eine Investmentbank, die von London aus betrieben wird, und eine Bank für das Firmen- und Privatkundengeschäft, die von Deutschland aus gesteuert wird. Der Brexit gibt den deutschen konservativen Kräften die Chance, auf die sie seit langem warten.“


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