Wieso hat sich Alex Ferguson zurückgezogen? Wieso ist Michael Jordan vom Basketball auf Baseball umgestiegen? Wieso hat aber Tiger Woods das Championship-Golf nicht aufgegeben?
Auch wenn es meist mehr als nur einen Grund gibt, wiederholen sich einige Motive: „Es gibt nichts mehr, was ich leisten könnte“, „Ich habe alles erreicht und bin bereit für Neues“, „Ich weiß nicht, was ich anders machen könnte und klammere mich ans Vertraute“.
Doch was kann ein gewöhnlicher Banker von diesen ungewöhnlichen Persönlichkeiten lernen? Und noch genauer: Woran kann ein Banker erkennen, wann er das Banking aufgeben sollte?
Nach den Erfahrungen anderer und meiner eigenen, gibt es vier Wege, auf denen eine Banking-Karriere an ihr Ende gelangt. Ich sollte es wissen; immerhin war ich in verschiedenen Funktionen „Global head“ bei der Deutschen Bank, Standard Chartered und HSBC, bevor ich die Branche für eine Karriere in der Beratung verlassen habe.
1. Sie haben Ihre Ziele im Banking erreicht und leisten das Bestmögliche. Wenn Sie in die Zukunft blicken und nur das immer Gleiche sehen, wenn die Tage mit Déjà-vu-Momenten angefüllt sind, dann ist wohl die Zeit gekommen, über Veränderungen nachzudenken.
2. Sie erkennen eine Möglichkeit Ihre Fähigkeiten anders einzusetzen und dennoch motiviert zu bleiben.
3. Sie können nicht mehr ganz vorne mitspielen. Vielleicht liegen neue Technologien oder Strategien jenseits Ihrer Möglichkeiten oder Sie wollen sich nicht daran anpassen. Das stellt schon eine bittere Pille dar, aber manchmal ist die besonders schlecht schmeckende Medizin genau die richtige.
4. Sie sind beim Aufbau Ihres Teams derart erfolgreich gewesen, dass die nächste Führungskräftegeneration schon mit den Hufen scharrt. Indem Sie sich an Ihre Position klammern, behindern sie ihre Karriere und riskieren damit, dass sie die Bank verlassen oder im Laufe der Zeit ihre Motivation verlieren.
Wenn Sie beginnen einige dieser Warnzeichen zu sehen, dann sollten Sie ernsthaft über Ihre Karriere nach dem Banking nachdenken.
Wie Sie Ihre Zeit nach dem Banking planen
Zu Beginn des Planungsprozesses sollten Sie meine „goldenen Fragen“ beantworten: Wo befinden Sie sich jetzt? Wohin wollen Sie gelangen? Wie gelangen Sie dorthin?
Ich beginne für gewöhnlich mit der Frage: „Wo Sie hingelangen möchten?“. Falls Sie stattdessen von Ihrer aktuellen Situation ausgehen, dann setzen Sie Ihren Erwartungen vorschnell enge Grenzen.
Wenn Sie jedoch von Ihren künftigen Zielen ausgehen, dann sind Sie offen für neue Gebiete. Allerdings sollten Sie sich dabei auf diejenigen beschränken, in denen Sie motiviert sind und einen Mehrwert stiften können.
Falls Sie die Frage beantworten „wo Sie jetzt gerade stehen?“, dann sollten Sie nicht allein Ihre Karriere, sondern auch Ihre sonstigen Berufserfahrungen, Ihr Wissen, Ihre Kontakte, Beziehungen, finanzielle Situation und Ihre Familie berücksichtigen.
Und wenn Sie schließlich die Frage beantworten „wie Sie dorthin gelangen“, dann müssen Sie die Verbindung zwischen den Antworten auf die beiden vorhergehenden Fragen herstellen.
Die Verbindung zwischen diesen beiden Antworten muss jedoch nicht unbedingt geradlinig verlaufen. Daher ist es wichtig, rechtzeitig den Absprung zu planen, um genügend Zeit für den erfolgreichen, nicht-überstürzten Karriereschwenk zu haben.
Meine persönlichen Erfahrungen
Rückblickend muss ich sagen, dass es sicherlich genügend Anzeichen gab, dass sich meine Bankingkarriere dem Ende näherte. Zwei davon stachen besonders heraus.
Das erste bestand in dem Gefühl, dass ich es erlebt und geschafft habe. In diversen Meetings hatte ich bei der Lösung irgendwelcher Probleme immer häufiger Flashbacks und den Eindruck ähnliche Gespräche schon viele Male zuvor geführt zu haben. Die Lösungen unterschieden sich zwar stets in den Nuancen – aber die Unterschiede schwanden zusehends.
Das zweite Anzeichen bestand in dem Eindruck, dass mir der Antrieb fehlte ganz vorne mitzuspielen.
Obgleich ich als Experte für mein Fachgebiet angestellt worden bin, wurden die Entscheidungen zunehmend von weniger kompetenten Leuten mit Zielsetzungen getroffen, die jenseits meines kunden- und teamzentrierten Ansatzes lagen.
Habe ich auf diese Anzeichen ausreichend rasch, angemessen und folgerichtig reagiert? Da bin ich mir nicht so sicher. Vielleicht habe ich mich ein wenig zu sehr wie Tiger Woods benommen und einfach weitergemacht anstatt wie Michael Jordan etwas Neues zu versuchen.
Rückblickend hätte ich meine Erwägungen zu einem Karrierewechsel eifriger mit vertrauensvollen Kollegen und Freunden diskutieren sollen. Als ich noch im Banking war, hätte ich stärker ihren Rat und ihre Anregungen einholen sollen.
Wenn Sie einen Karrierewechsel erwägen, der auf das Verlassen der Branche hinausläuft, dann können die Leute, die Ihnen nahe stehen, Ihr Denken weiterbringen. Das wird hoffentlich zu besseren Ergebnissen für Ihre Karriere führen.
Schließlich hat es sich für mich ausgezahlt. Ich habe die Anzeichen erkannt, die drei goldenen Fragen beantwortet, dem Banking den Rücken gekehrt und befinde mich jetzt auf einem alternativen Karriereweg, der im Betreiben meines eigenen Beratungsunternehmens besteht.
Russel Graham ist Partner bei der Transaction Banking-Beratung SkyTxB. Sein letzter Job im Banking war der des Global Head of Service and Solutin Delivery bei Standard Chartered.