Ein alter Bankerwitz lautet: „Welches ist die hellste Farbe, die der Anzug eines Banker haben darf? Schwarz! Und welches ist die dunkelste mögliche Farbe des Hemdes? Weiß!“ Ganz so steif geht es in den Handelssälen und Büros deutscher Banken nicht mehr zu. Bei der Europäischen Zentralbank in Frankfurt wurde sogar schon ein Mitarbeiter in einem dunkelgrünem Anzug (!) gesichtet.
Wir haben u.a. mit Heiko Krajewski darüber gesprochen, welche Kleidung dem Banker in der Karriere weiterhilft. Krajewski hat selbst eine Banklehre absolviert, im Vertrieb von Finanzprodukten gearbeitet und betreibt heute den Online-Shop für Maßbekleidung Tailorjack. Sorry für die Damen, heute geht es nur um die Herren.
Die Ära des schwarzen Anzugs ist vorbei, aber nur ein bisschen
Selbst wenn draußen die Sonne lacht, ist für Kleidungsexperten Krajewski ein heller Anzug im Banking tabu. Angemessen für Banker seien allein dunkle Anzüge wie die Klassiker schwarz und anthrazit. Doch es geht auch innovativer. „Dunkelblau ist derzeit der Trend schlechthin“, schwärmt Krajewski. „Wer dazu ein hellblaues Hemd und braune Schuhe trägt, ist top gekleidet.”
Von Extravaganzen wie dem besagtem dunkelgründen Anzug rät Krajewski dringend ab. „Dann stimmen Eigen- und Fremdbild nicht überein“, warnt Krajewski. Jeder müsse sich die Frage stellen, wie seine Kleidung auf das Gegenüber wirke. Von einem Banker werde nun einmal erwartet, einen dunklen Anzug zu tragen. Daher sollte sich ein Banker nach dem Aufstehen überlegen, welche Termine für den Tag anstehen. Bei Kundenmeetings führe am klassischen dunklen Anzug samt hellen Hemd und Krawatte kein Weg vorbei. Es gelte die Faustregel: „Umso seriöser das Gegenüber, desto dunkler der Anzug.“ Share on twitter Falls es sich um einen Freitag handle und nur interne Meetings auf dem Programm stehen, herrsche größere Flexibilität.
Hauptsache der Anzug passt
Preis und Marke sind für Krajewski bei einem Anzug Nebensache. „Wenn ein Anzug eine halbe Nummer zu groß oder zu klein ist, dann sieht das immer komisch aus“, warnt Krajewski. „Das Wichtigste bei einem Anzug ist die Passform.“
Die Ära der Krawatte ist auch vorbei, aber nur ein bisschen
„Als ich vor 20 Jahren bei der Bank angefangen habe, war ein Banker ohne Krawatte undenkbar“, erinnert sich Krajewski. Dies habe sich geändert. Mittlerweile sei es durchaus legitim in einem Handelssaal oder im Back Office ohne Krawatte zu erscheinen. Dagegen bleibe bei Kundenkontakt klassisches Outfit samt Krawatte Pflicht.
Die Krawatte müsse mit dem Hemd abgestimmt sein. Wenn das Hemd gemustert sei, müsse die Krawatte einfarbig und schlicht ausfallen. Umgekehrt dürfe bei einem einfarbigen Hemd die Krawatte abstrakte Muster aufweisen. Von konkreten Abbildungen wie z.B. kleinen Elefanten rät der Experte ab.
Flexibilität bei Schnitt und Materialien
Auch wenn an einer dunklen Anzugfarbe kein Weg vorbei führe, empfiehlt Krajewski die verbleibenden Spielräume zu nutzen. So könne ein Banker durchaus mit den Grau- und Blautönen eines Anzugs, dem Schnitt oder den Materialien spielen. So rät der Experte in Sommertagen zu Schurwolle, leichter Sommerwolle oder zu Mischgewebe. Bei Letzterem werde Wolle mit modernen Synthetikfasern gemischt, wie sie aus der Sportbekleidung bekannt sind. Diese wärmen nicht so stark, sind atmungsaktiv und verfügen über einen Knitterschutz. „Auch wenn man unterwegs ist, sieht man dann gepflegt aus“, sagt Krajewski.
Die Pflicht zu hellen Hemden
Laut Krajewski werde dunkle Farbe unterbewusst mit Distanz identifiziert. „Daher sind die Schurken in den alten Schwarzweißfilmen auch immer in Schwarz gekleidet“, resümiert Krajewski. Schon aus diesem Grund seien für Banker dunkle oder bunte Hemden undenkbar. Stattdessen herrsche eine Pflicht zu hellen Hemden wie weiß oder hellblau. Anders als in der Vergangenheit seien heute auch dezente Muster wie ein kleines Karo erlaubt. In diesem Fall müsse die Krawatte allerdings einfarbig ausfallen. „Ein gemustertes Hemd und eine gemusterte Krawatte sind ,too much’, das irritiert nur das Gegenüber.“
Dagegen hält Krajewski aus ästhetischen wie praktischen Gründen nichts von kurzärmeligen Hemden – auch im Sommer. „Das Innenfutter besteht bei allen Anzügen zu 100 Prozent aus Mikrofasern. Wenn Sie im Sommer schwitzen, klebt das bei einem kurzärmeligen Hemd auf der Haut“, warnt Krajewski.
Oberster Hemdenknopf zu
Auch wenn in den Handelssälen und Bürofluren von Banken Krawatten langsam verschwinden, gehört der Schlips neben dem Kundenkontakt auch in Vorstellungsgesprächen zum Pflichtprogramm. „Wenn man einen Schlips trägt, dann muss in jedem Fall auch der oberste Knopf geschlossen werden“, sagt Headhunter Raphael Rosenfeld von Argos Advisors in München. So mancher Kandidat versäume dies. „Auch wenn es am Arbeitsplatz in Bereichen ohne Kundenkontakt immer legerer zugeht, muss man im Vorstellungsgespräch tadellos auftreten.“
Saubere Schuhe
Krajewski rät zu schwarzen Schnürschuhen und dunklen Socken. Selbst von zweifarbigen Schuhen rät er ab. Nur zum besagten dunkelblauen Anzug sollten braune Schuhe getragen werden. Immer gelte die Regel: „Die Schuhe müssen zum Gürtel passen“. Entsprechend gehöre zu braunen Schuhen ein brauner Gürtel.
Auch beim Schuhwerk sei eine gute Pflege wichtiger als ein hoher Preis. Allerdings lohne sich die Investition in genähte Schuhe, die etwas mehr kosten als geklebte. „Ein rahmengenähtes Paar Schuhe hält bei guter Pflege einige Jahre“, sagt Krajewski.
Tatsächlich beobachtet Headhunter Rosenfeld, dass Finanzprofis gelegentlich mit ungeputzten Schuhen zum Vorstellungsgespräch erscheinen. „Zu einem guten Outfit gehören auch gute Schuhe“, betont Rosenfeld. „Wenn sie Lederschuhe tragen, dann kann man sie putzen bis sie glänzen. Doch nicht nur auf den Glanz kommt es an, auch die richtige Farbe spielt eine entscheidende Rolle: So tragen immer häufiger Kandidaten braune Schuhe zu einem schwarzen Anzug. Dies sollte vermieden werden. Und es gilt stets: ‚No brown after six‘.“
Einstecktücher und Manschettenknöpfe
Krajewski hält Einstecktücher für ein schickes Accessoire. „Wenn man allerdings schon eine Krawatte trägt, dann ist ein Einstecktuch im Business Umfeld ebenfalls ,too much’“, sagt Krajewski. Anders sähe es bei Hochzeiten oder sonstigen Festen aus.
Auch Manschettenknöpfe hält Krajewski für ein interessantes Detail. Diese müssten jedoch dezent sein. Von goldenen oder anderen extravaganten Manschettenknöpfen rät der Experte ab. „Ich bin schon Leuten begegnet, die trugen links einen Manschettenknopf mit einem Bullen und rechts mit einem Bären.“