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400.000 verdient und keinen Job: Reiche Banker immer häufiger von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen

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Rund um Zürich herrscht Idylle. Der erste Schnee bedeckt die Hügel und die Geschäfte werkeln an ihrer Weihnachtsdekoration. Hier in der Schweiz war Arbeitslosigkeit lange ein Fremdwort. Wenn es nach den offiziellen Statistiken geht, ist das immer noch der Fall: Laut dem Arbeitgeberverband liegt die Arbeitslosigkeit unter Bankern bei schmalen 2 Prozent – insgesamt jedoch bei 3,2 Prozent. Doch die Wahrheiten spiegelt dies nur bedingt wider.

Die Probleme der Elite mit der Langzeitarbeitslosigkeit

Langzeitarbeitslosigkeit stellt längst kein Problem mehr dar, von dem allein niedrig qualifizierte oder ältere Arbeitnehmer betroffen wären. Headhunter Gerold Guggenbühl von Guggenbühl Bächer, Niederer & Partner in Zürich berichtet von einem Banker Anfang 40, der eine führende Position im Trading besaß, hoch qualifiziert ist und 300.000 bis 400.000 Schweizer Franken verdiente. „Er hat drei Jahre lang gesucht und war am Ende so verzweifelt, dass er seinen CV an einen großen Personalvermittler mit der Bemerkung schickte: Ich nehme jeden Job an, auch wenn ich nur 5000 Franken im Monat verdiene“, erzählt Guggenbühl kopfschüttelnd. „Er bekam seinen Lebenslauf mit dem Anmerkung zurück: Wir können nichts für Sie tun.“

Der Denkfehler von Spitzenverdienern

Laut Guggenbühl begehen viele Spitzenverdiener einen kapitalen Denkfehler: „Sie glauben: Ich verdiene 400.000 Franken. Wenn ich arbeitslos werde und meine Erwartungen auf 200.000 Franken zurückschraube, dann finde ich schon einen Job.“

Doch dies funktioniere selten. „Zunächst muss es erst einmal eine passende offene Stelle geben“, warnt Guggenbühl. Hochbezahlte Jobs seien aber meist auch höchst spezialisiert und entsprechend selten. Es sei also höchst riskant, eine alternative Jobchance auszuschlagen und auf ein besseres Angebot zu warten, wie es Guggenbühl ebenfalls schon erlebt hat.

Ganz ähnliche Erfahrungen hat Headhunter Peter Vogler von kessler.vogler in Zürich gemacht. „Die Vorgesetzten fürchten, dass ein früher hochbezahlter Banker abspringt, sobald sich eine bessere Gelegenheit bietet“, warnt Vogler. „Sie fürchten auch, dass dieser Banker es auf ihren eigenen Jobs abgesehen haben könnte.“

Vogler erläutert dies an einem einfachen Beispiel: Es geht um eine Stelle mit einer Jahresvergütung von 200.000 Franken und es gibt zwei Kandidaten, von denen der eine vorher 400.000 und der andere 160.000 Franken verdient hat. Im Regelfall würde ein Arbeitgeber sich für den meist jüngeren Kandidaten mit dem niedrigeren Gehalt entscheiden.

Die Gefahr der frühen Spitzenverdienste

Für Arbeitgeber wirke es verdächtig, wenn ein Kandidat bereit sei, ein niedrigeres Gehalt zu akzeptieren. „Wer 100.000 verdient hat und bereit ist, für 80.000 zu arbeiten, wirkt schnell verzweifelt und unglaubwürdig“, warnt Personalberaterin Karin Signer von Signer Beratungen in Zürich. Daher könne es sich als fatal erweisen, schon allzu früh in die oberen Gehaltsregionen vorzustoßen. Wer überbezahlt worden sei, finde nur schwer einen neuen Job. „Ich rate daher auf dem Boden der Tatsachen und realistisch zu bleiben“, betont Signer.

Das Problem mit dem Plan B

„Es heißt oft, man solle einen Plan B haben“, erzählt unterdessen Guggenbühl. „Doch ich frage dann immer: Ja, worin besteht denn der Plan B.“ Da herrsche dann oftmals Ratlosigkeit.

In der heutigen hochspezialisierten Arbeitswelt falle es gar nicht so leicht, seinen Plan B in die Tat umzusetzen, meint Guggenbühl. Seiteneinsteiger würden von Arbeitgebern selten mit offenen Armen empfangen. Der genannte Trader würde heute übrigens fernab des Bankings in der Immobilienwirtschaft arbeiten.

Unterdessen rät Vogler betroffenen Bankern sich professionelle zu Hilfe zu suchen. Nach zehn und mehr Jahren im Job müssten viele sich erst über die Situation auf dem Arbeitsmarkt und ihre Fähigkeiten klar werden. „Als Plan B empfehle ich daher, sich professionelle Beratung von einem Karrierecoach zu suchen. Wer früher Spitzenverdiener war, sollte sich die paar hundert oder tausend Franken für die Beratung leisten können“, sagt Vogler während der Lichtgott Apollo mit seinem Sonnenwagen in einem Rokoko-Deckengemälde des Besprechungsraums neuen Zielen entgegenjagt.



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