Manchmal treffen auch Klischees zu. Seit der Finanzkrise sind Bankenjobs ein wenig langweilig geworden. Die immer neuen Regularien und das immer zahlreichere Compliance-Personal (über 3000 bei JP Morgan und etwa 3000 bei HSBC) fesseln Finanzprofis geradezu. Wer als Banker vor der Finanzkrise viel Spaß hatte, muss heute mit deutlich weniger Unterhaltung auskommen. Manche haben sich deswegen sogar an Karrierecoachs gewandt.
Doch dank Donald Trump könnten Bankenjobs wieder „great” werden. Während des Wahlkampfes hat Trump jedenfalls kein gutes Haar am 2300-seitigen Dodd Frank-Gesetz gelassen, welches die Bankkunden schützen soll. Seit seiner Einführung 2010 könnten Banker nicht mehr „ihre Funktion erfüllen“. Auf seiner Website kündigt Trump an, dagegen etwas unternehmen zu wollen.
Während Front Office-Banker Beifall klatschen, dominiert beim Compliance-Personal, das von dem Gesetz profitiert hat, die Angst. Auch die Aktienkurse der Banken tendieren wieder nach oben. Die Begeisterung würde noch größer ausfallen, wenn Trump auch die sogenannte Volcker-Rule außer Kraft setzen würde, die den Banken den Eigenhandel verbietet. Während Trader früher mit dem eigenen Geld der Bank spekulierten, werden sie heute nur noch im Kundenauftrag tätig und betreiben nebenbei ein wenig Hedging.
Tatsächlich gibt es Hinweise, dass auch die Volcker-Rule außer Kraft gesetzt werden soll. Jeb Hensing, ein Trump nahestehender Republikaner und Chef des House Financial Services Committee, möchte es jedenfalls kippen. Unter Trump wird er dazu möglicherweise die Gelegenheit erhalten. Dagegen hat sich Trump selbst zur Volcker-Rule nur vage geäußert. So sagte er 2015 über Paul Volcker: „Ich weiß nicht, ob er damit zufrieden ist. Wenn er es ist, dann bin ich es auch. Ich habe ihn ein paarmal getroffen. Ich halte ihn für großartig. Allerdings denke ich, dass seine Politik und seine Haltung sehr solide waren. Seine Haltung war sehr gut.“
Doch die ehemaligen Eigenhändler sollten sich nicht zu früh freuen. Denn bei der gesamten Rhetorik der Republikaner rund um Dodd Frank ging es weniger um die Volcker Rule als um den Einfluss der Regulierung auf die „too-big-to-fail“-Problematik und Konsumentenkredite. Ein Dokument von House-Sprecher Paul Ryan von Anfang des Jahres enthält einen ganzen Abschnitt zu Dodd Frank, erwähnt aber das Eigenhandelsverbot der Volcker-Rule mit keinem Wort.
Dennoch gibt es Hoffnung. Nach Ansicht des früheren Lehman-Finanzchefs Brad Hintz werde sich Trump pragmatisch zeigen. Nach dem Ende von Lehman arbeitete Hintz als Bankenanalyst bei Bernstein und lehrte als außerplanmäßiger Professor an der New York University.
„Es war frustrierend Trump als Kandidaten zu analysieren, was zum großen Teil daran lag, dass er kein Ideologe ist“, meint Hintz. „Mit wenigen feststehenden politischen Ideen zu den Banken, müssen wir erwarten, dass Trump als erfolgreicher Geschäftsmann agieren wird, denn sein Imperium musste auch einige Rückschläge verkraften. Trump wird wahrscheinlich sehr pragmatisch vorgehen, was seine Regierung auszeichnen wird.“
Laut Hintz könnte dieses Pragmatismus zu einem Zurückschrauben der Bankenregulierung führen. Falls die US-Wirtschaft ins Straucheln gerät, dann könnte Trump auf die Idee kommen, die Konjunktur durch einen Abbau der Regulierung anzukurbeln. „Falls eine Illiquidität der Anleihemärkte die Kredit-Spreads beeinflussen sollte, dann könnte es klug sein, die Vorschriften der Volcker-Rule zu lockern“, ergänzt er. „Falls die Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen wegen regulatorischer Vorgaben ins Stottern gerät, dann wird eine Kosten-Nutzen-Analyse angestellt, um die optimalen Regeln zu ermitteln und das Wachstum zu beschleunigen.“
Laut Hintz könne der „Trumpismus“ auch zu einem Ende der horrenden Bußzahlungen führen, wie sie die Banken unter Obama belasteten. Eine pragmatische Regierung würde wahrscheinlich Übeltäter bestrafen, „sich aber vor den Multimillionen-Bußen hüten, die keine Entschädigung darstellen und einfach Geld aus den Banken für vermeintliche Verfehlungen in der Vergangenheit herausziehen.“
Falls Hillary Clinton gewählt worden wäre, dann wäre wahrscheinlich die Chefin der US-Aufsicht Mary Jo White durch die strengere Elizabeth Warren ersetzt worden. Mit der Wahl Trumps ist dieses „Horrorszenario“ vom Tisch. Auch wenn unter Trump die großartigen Zeiten nicht zurückkehren werden, dürften Bankenjobs doch interessanter und spannender werden als in der jüngsten Vergangenheit. Doch noch ist nichts entschieden. „Die Bankenbranche war vor der Wahl am 8. November nicht besonders beliebt und sie wird sicherlich nicht auf wunderbare Weise ab dem 10. November beliebt sein“, warnt Hintz. Sich über die genaue Regulierung der neuen Regierung auszulassen, wäre allerdings bloße Spekulation.
Falls also Trump und seine Regierung bei Illiquidität der Anleihemärkte pragmatisch vorgehen sollten, dann könnten einige Regeln schnell gelockert werden. Ob dann allerdings noch genügend Trader mir der erforderlichen Erfahrung vorhanden sind, steht auf einem anderen Blatt.