Was wird das neue Jahr für Finanzprofis und ihre Karriereambitionen bringen? Für alle, die in Sales & Trading arbeiten, fallen die Aussichten gut aus. Die meisten Banken frohlocken über die Entwicklung des Sales & Trading-Geschäfts mit festverzinslichen Wertpapieren im Schlussquartal. Darüber hinaus hat die Credit Suisse beim gestrigen Investorentag verkündet, dass die Aktienmärkte sich – Trump sei Dank – im kommenden Jahr ebenfalls positiv entwickeln dürften.
Dennoch wird es keine ruhige Reise werden. Die politischen und makroökonomischen Unsicherheiten liegen wie Blei auf den Märkten und die meisten Banken – wie die Credit Suisse – bauen Kosten ab. In zwei voneinander unabhängigen Studien kommen McKinsey und Morgan Stanley zu dem gleichen Ergebnis: Die Sparprogramme stehen noch ganz am Anfang.
„Jede Bank der Welt verfügt in der ein- oder anderen Weise über eine Kostensenkungsprogramm, bei dem weitere Schritte anstehen“, schreiben die Analysten von Morgan Stanley. Doch die Sparanstrengungen im Front Office werden durch Kostensteigerungen im Back und Middle Office aufgewogen. Laut der Credit Suisse sind die Kosten für die Regulierung seit 2012 um 82 Prozent geklettert.
Folglich werden die Sparanstrengungen auch 2017 und 2018 womöglich sogar 2019 weitergehen. Morgan Stanley betont, dass die Banken jetzt bei ihren Sparprogrammen stärkere Akzente setzen. Sie haben sich bereits von Geschäftsbereichen getrennt und Personal an günstigere Standorte verlagert. Jetzt müsse es darum gehen, das fortbestehende Geschäft effizienter zu gestalten, was schon einige Jahre beanspruchen könne. McKinsey wiederum fordert von den Banken, nicht länger Flickschusterei zu betreiben, sondern eine „grundsätzliche Transformation“ anzugehen. Die Straffung der Arbeitsabläufe genüge nicht, um die Belastungen aus ausbleibenden Erträgen, wachsender Regulierung und Digitalisierung zu stemmen.
Wir haben die Analysen von Morgan Stanley und McKinsey gesichtet und die wichtigsten Überlebensstrategien zusammengestellt:
1. Vielleicht sollten Sie für einen Bankendienstleister arbeiten
Morgan Stanley und McKinsey rechnen damit, dass die Banken im Zuge ihrer Sparanstrengungen weitere Aufgaben an Dienstleister auslagern. So hat die französische Großbank Société Générale beispielsweise das Back Office ihrer Wertpapiergeschäfte an Accenture Post-Trade Processing (APTP) ausgelagert. Unterdessen hat UBS-Chef Sergio Ermotti bereits im Juli angekündigt, strukturelle Veränderungen an der Kostenbasis vorzunehmen und einige Aufgaben „umwandeln“ zu wollen. Doch so schnell dürfte dies kaum passieren. Laut Morgan Stanley könnten die Schaffung entsprechender Einheiten und die Auslagerung von Kosten fünf bis sieben Jahre beanspruchen. Dennoch steht die Auslagerung an Dienstleister ganz oben auf der Agenda. Bis 2025 dürften sich viele heutige Bankenjobs tatsächlich nicht mehr bei Banken befinden.
Ganz ähnlich sieht dies McKinsey. Banken würden sich zu Plattformen weiterentwickeln. Anstatt alles unter einem Dach zu haben, würden Banken digitale und Daten-Plattformen und Prozesse schaffen, die mit Fintechs und anderen Dienstleistern vernetzt sind.
2. Kennen Sie die einschlägigen Fintechs
Einige diese Dienstleister dürften sich aus den Fintechs rekrutieren. Auch die Banken müssten die Digitalisierung vorantreiben, mahnt McKinsey. Bereits heute bandeln die Banken mit Fintechs an. Ein Trend, der sich fortsetzen dürfte.
Glücklicherweise hat die Strategieberatung Roland Berger in einer Studie über Fintechs einige der Branchengrößen zusammengestellt:

Quelle: Roland Berger
3. Meiden Sie europäische und suchen Sie Wall Street-Banken
Schon in den beiden zurückliegenden Jahren haben sich die US-Banken besser als ihre europäischen Wettbewerber entwickelt. Die Credit Suisse hat bei ihrem gestrigen Investorentag angekündigt, statt in Europa verstärk in den Vereinigten Staaten zu investieren. Denn dort wird im Investmentbanking derzeit das Geld verdient. Dies stellt amerikanische Banken vor die Frage, ob sie ihre Aktivitäten auf ihren Heimatmarkt konzentrieren oder aber auf fremde Märke. So manche europäische Bank wiederum mag zu dem Schluss kommen, sich aus den USA zurückzuziehen.
Unterdessen hat McKinsey ausgerechnet, dass sich die Sparprogramme der Banken in der Eurozone bis 2020 auf 21 Mrd. Dollar (19 Mrd. Euro) summieren, was einen Abbau von rund 45.000 Jobs bedeutet. Dagegen liegen die Einsparungen in den USA bei 12 Mrd. Dollar (11 Mrd. Euro) und 30.000 Jobs.

Quelle: McKinsey
Die nachhaltige Ertragsschwäche der europäischen Banken verschlimmert die Entwicklung nur noch. Laut McKinsey fällt die Eigenkapitalrendite von Banken nirgends so gering wie in Westeuropa aus. Die Einführung von Basel IV mit seinen höheren Eigenkapitalvorschriften könne die Rentabilität weiter beeinträchtigen. Laut McKinsey hängen die europäischen Banken stärker von ihren eigenen Risikomanagement-Modellen ab als die US-Banken. Falls Basel IV tatsächlich wie geplant eingeführt würde, müssten die Banken voraussichtlich weiteres teures Eigenkapital bereitstellen.

Quelle: McKinsey
4. Lernen Sie mit Daten umzugehen
Wir leben im Zeitalter der Quants. Bereits heute beschäftigen Banken weitaus mehr Datenjongleure als in der Vergangenheit und es dürften noch mehr werden. Denn mit den Banken müssen sich auch ihre Analysemethoden fortentwickeln. „Sie müssen im Zentrum jeder aussagekräftigen Entscheidung stehen“, mahnt McKinsey. Sie müssen also Data Scientists und Data Translaters anheuern, um neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln.
5. Beschäftigen Sie sich mit der Automatisierung von regulatorischen Prozessen
Wie die Credit Suisse beim gestrigen Investorentag vorgerechnet hat, machen die Ausgaben für die Regulierung bald 5 Prozent der Gesamtkosten aus. Dabei steht die Einführung von MiFID II, Basel IV und IFRS 9 noch bevor. Den Banken wird nichts anderes übrig bleiben, als die Kostenexplosion durch eine verstärkte Automatisierung der Compliance-Abläufe aufzufangen.
Laut McKinsey beläuft sich der Anteil der Beschäftigten in den Bereichen Risikomanagement und Compliance bei US-Banken bereits auf 5 bis 10 und bei europäischen Banken auf 3 bis 5 Prozent. Der Fokus dürfte jetzt auf Effizienzgewinnen liegen, was den Einstellungsboom in diesen Bereichen abschwächen werde.
6. Beschäftigen Sie sich mit ETFs oder M&A
Der Siegeszug der ETFs zählt zu den wenigen Erfolgsgeschichten des Jahrzehnts – soweit es die Finanzdienstleistungen betrifft. Auch hier ist ein Ende des Trends kaum absehbar. Das M&A-Geschäft erfreut sich bei Banken ebenfalls großer Beliebtheit. Schließlich verheißt es erhebliche Erträge bei minimalen Risiken. Die Credit Suisse gibt sogar an, dass die Einnahmen aus dem Geschäft mit Fusionen und Übernahmen für 15 bis 20 Prozent der gesamten Investment Banking-Erträge der Schweizer Großbank in Amerika stehen. Laut McKinsey bleibe Banken ohne Spielraum in ihren Bilanzen kaum etwas anderes übrig, als sich auf ihr Advisory- und Asset Management-Geschäft zu konzentrieren.
7. Arbeiten Sie in der Asset Allocation
Reihum verkürzen die Banken ihre Bilanzen. Da risikogewichtete Aktiva immer teurer werden, sind die Banken gezwungen ihre Assets effizienter einzusetzen. Eine neue Generation von „Asset Allocation Specialists“ wächst daher bei den Banken heran.

Quelle: Morgan Stanley
8. Kurbeln Sie den Aktienhandel an
Der schwunghafte Anstieg des Handels mit festverzinslichen Wertpapieren seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten bescheinigt Morgan Stanley eine kurze Zukunft. Vielmehr rechnen die Analysten damit, dass die Erträge aus dem Fixed Income-Geschäft in den kommenden Jahren um 3 bis 5 Prozent sinken, was hauptsächlich auf die strengere Regulierung zurückgehe. Dagegen erwartet Morgan Stanley im kommenden Jahr eine Rückkehr des Aktienhandels.
9. Machen Sie einen Bogen um kleine Player in kleinen Märkten
Schließlich sollten Sie um kleine Player in kleinen Märkten einen großen Bogen machen, wenn Sie eine Zukunft in den Finanzdienstleistungen haben wollen. Ein zögerndes Festhalten an schwachen Märkten lasse sich künftig nicht mehr durchhalten. „Die Banken haben sich ihre Optionen zu lange offen gehalten – vor allem im grenzüberschreitenden Geschäft“, kritisiert Morgan Stanley. Wenn die Banken ihre Eigenkapitalrendite verbessern wollen (was der Fall ist), dann müssen sie sich auf ihre Kernmärkte besinnen, anders ließen sich die Kosten nicht mehr bewältigen.