Hobbies und Interessen beanspruchen den letzten Platz im Lebenslauf und werden deshalb meist stiefmütterlich behandelt. Nicht immer ist das gerechtfertigt. So können Bewerber mit Hobbies wertvolle Extrapunkte sammeln – vorausgesetzt es handelt sich um die richtigen.
„In der Tat diskutiere ich regelmäßig mit Kandidaten, welche Hobbies sie in ihren Lebenslauf hineinnehmen und welche sie weglassen. Da herrscht viel Unsicherheit“, berichtet Headhunter Gerold Guggenbühl von Guggenbühl, Bächer, Niederer & Partner in Zürich. „Ich empfehle nur Dinge aufzunehmen, die Sie vertieft betreiben.“
1. Leistung zählt
Leistungssport oder andere Hobbies auf semiprofessionellem Niveau zeugen von Leistungsbereitschaft. „Wenn jemand z.B. neben dem anspruchsvollen Studium in Harvard auch noch Rudern auf Wettkampfniveau betrieben hat, dann spricht dies für herausragende Leistungsbereitschaft“, sagt Headhunter Stephan Surber von Pageexecutive in Zürich. Es gebe durchaus Kunden, die sich die Hobbies genauer anschauen.
Die gleiche Erfahrung hat auch Guggenbühl gemacht. „Ich habe einen Kunden, der gerne Leistungssportler einstellt. Er ist der Auffassung, dass die besonders leistungsbereit sind“, erzählt der Headhunter. „Es stellt allerdings einen Unterschied dar, ob man Marathonläufer oder Fußballspieler ist. Das kommt dann ganz darauf an, was der Kunde sucht: einen Einzelkämpfer oder einen Teamplayer.“
2. Exklusive Clubmitgliedschaften zählen
Die Bedeutung von Hobbies und Interessen für die Karriere hängt stark von der jeweiligen Vakanz ab. Laut Surber würden Arbeitgeber bei einem Experten für Market Risk meist nur auf fachliche Qualifikation und Berufserfahrung achten. „Bei allen Front Office-Positionen mit Kundenkontakt wie z.B. Relationship Managern kann das ganz anders aussehen“, betont Surber. Wer beispielsweise Mitglied im exklusiven Business Club Baur auf Lac im gleichnamigen Nobelhotel am Zürisee sei, der habe Zugang zu erstklassigen Adressen der Schweizer Geschäftswelt. „Es gibt auch Golf-Clubs, in die Sie nur auf Empfehlung aufgenommen werden.“
Doch nur weil Golf als Business-Sport schlechthin gilt, wirkt die Aufnahme des Spiels in den Lebenslauf keine Wunder. „Ich hatte schon Kandidaten, die Golf unter ihre Hobbies aufgelistet haben“, erzählt Headhunterin Karin Signer von Signer Beratungen in Zürich. „Wenn ich dann nachfrage, welches Handicap Sie haben, erfahre ich häufig, dass sie lediglich einen Einführungskurs belegt haben. In einen Lebenslauf gehört nicht alles, was man schon einmal gemacht hat. Überlegen Sie sich einmal, was Sie dann da alles hineinschreiben könnten.“
3. Verschonen Sie Arbeitgeber mit Langeweile
Unter der Rubrik Hobbies und Interessen liest Signer regelmäßig Einträge wie Fitness, Skifahren, Leben, Reisen und mit Freunden ausgehen. Das sei alles gut und schön – nur interessierten diese Allerweltsdinge keinen Arbeitgeber. Signer empfiehlt nur Hobbies und Interessen zur erwähnen, die deutlich über das Alltägliche hinausgehen.
Guggenbühl betreibt selbst Fotografie auf semiprofessionellem Niveau. Umso mehr stößt er sich daran, dass zu viele Leute Fotografie als Hobby aufnehmen. „Wenn ich dann nachfrage, dann stellt ich oft fest, dass sie einfach nur mit der Programmautomatik knipsen. Das ist zu wenig“, kritisiert Guggenbühl. „Wenn man Wandern schreibt, sollte man z.B. schon einmal von München bis nach Venedig gewandert sein.“
4. Whisky-Degustationen oder Vorsicht vor Missverständnissen
Bei der Auswahl der Hobbies gilt es Fingerspitzengefühl zu beweisen. Vor allem sollten Kandidaten darauf achten, welche Fragen eine Freizeitbeschäftigung bei den Adressaten des Lebenslaufs aufwerfe. „Ich rate zum Beispiel davon ab, Whisky-Liebhaber in den Lebenslauf aufzunehmen“, warnt Surber. Dies berge die Gefahr, dass der Arbeitgeber in spe befürchte, dass der Kandidat dem Alkohol zuneige.
5. Sonderrolle von Hobbies bei Einsteigern
Auch der Zeitpunkt in einer Karriere spielt bei den Hobbies eine gewisse Rolle. So empfiehlt Signer vor allem Berufseinsteigern etwas über ihre Hobbies und Interessen zu schreiben. „Am Anfang der Karriere haben die Bewerber einfach noch nicht allzu viel, über das sie schreiben können“, meint Signer. „Dann können Hobbies durchaus aussagekräftig sein. Wenn jemand hingegen 20 Jahre Berufserfahrung mitbringt, dann bleibt oftmals nicht genügend Platz im Lebenslauf, um sich auch noch mit den Hobbies zu beschäftigen.“
6. Risikohobbies lieber weglassen
Surber rät Führungskräften mit einem Gehalt jenseits der 200.000-Franken-Schwelle ab, Risikohobbies im Lebenslauf zu erwähnen. „Wenn ein CEO beispielsweise Fallschrimspringen schreibt, dann kann das bei den Adressaten Sorgen wecken“, warnt Surber.
Etwas anders sieht dies Guggenbühl. „Es ist durchaus legitim, Fallschirmspringen in den Lebenslauf aufzunehmen.“ Ungewöhnliche Freizeitbeschäftigungen könnten in einem Vorstellungsgespräch gute Ansatzpunkte für Smalltalk abgeben. Im Idealfall betreibt der Vorgesetzte sogar das gleiche Hobby, womit Kandidaten Sympathiepunkte sammeln könnten. „Es gibt aber auch ein gewisses Risiko“, ergänzt Guggenbühl. „Wenn jemand sich für die Formel 1 interessiert und der Vorgesetzte ein Umweltschützer ist, dann kann das sogar zu Minuspunkten führen.“ Dieses Risiko lasse sich aber kaum vermeiden, da die öffentlichen Profile der Gesprächspartner im Internet nur selten etwas über Hobbies oder Interessen verrieten.
7. Größere Bedeutung bei kleineren Arbeitgebern
Die Personalabteilungen von Großunternehmen würden sich meist darauf konzentrieren, die Kandidaten mit dem Anforderungsprofil der Stelle abzugleichen. Persönliche Vorlieben wie Hobbies hätten hier selten Platz. „Bei kleineren Arbeitgebern kann das anders sein. Dort achten viele darauf, dass auch die Persönlichkeit ins Team passt“, beobachtet Surber. Und dabei hätten Hobbies eine gewisse Aussagekraft.
8. Bloß nicht zu viele Hobbies und Interessen
Nach Guggenbühls Erfahrung wollen sich viele Kandidaten mit ihren Hobbies interessanter machen. Doch dabei gelte es Vorsicht walten zu lassen: „Wenn jemand Fotografie als Hobby im Lebenslauf angibt und er knippst einfach nur, dann stellt sich schon die Frage, ob das auch für die ,sehr guten Excel‘ und die ‚sehr guten Englischkenntnisse‘ stimmt.“
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