Sollte eine Bewerbung einem Gemälde von Raphael gleichen, wo jeder einzelne Pinselstricht sitzt? Diesen Eindruck gewinnt so mancher Kandidat nach der Lektüre von 500seitigen Bewerbungsratgebern. Dabei scheint das Hauptproblem vielmehr darin zu bestehen, dass so manche Bewerbung eher einer Kinderzeichnung als einem Meisterwerk gleicht, was Kandidaten ihrer Traumstelle keinesfalls näher bringt. Daher haben wir bei Personalberatern nachgefragt, worüber sie sich bei Online-Bewerbungen am meisten ärgern:
1. Anrufe können negative Assoziationen wecken
Ein gutes Beispiel stellt der in Bewerbungsratgebern verbreitete Tipp dar, den Recruiter vor einer Email erst einmal anzurufen, damit dieser sich den Namen merkt. Bei so etwas schlägt Headhunter Patrick Riske von Fricke Finance & Legal in Frankfurt die Hände über den Kopf zusammen: „Wenn das schon mit dem beliebten Satz losgeht: ‚Darf ich Ihnen mal erzählen, was ich so gemacht habe, dann weckt das schon schlechte Assoziationen.“ Die Leute würden erst einmal 15 Minuten die eigene Lebensgeschichte erzählen und dann fragen, ob sie auf die Stelle passen.
Für Recruiter stelle dies oft Zeitverschwendung dar, da der Lebenslauf ohnehin zunächst gesichtet werden müsse. Denn einige Kandidaten neigten dazu, die problematischen Passagen in ihrem Werdegang am Telefon zu übergehen. Kurz: Der vorschnelle Griff zum Telefonhörer würde den Beratern eher Zeit stehlen. „Die Leute, die am Telefon kurz und prägnant die richtigen Fragen stellen, können sich von den schlechten Kandidaten erheblich abheben“, ergänzt Riske.
Daher ist auch nicht jeder Anruf vor dem Versenden der Unterlagen tabu. „Ich finde es richtig, wenn Bewerber anrufen und fragen, zu welchen Händen die Bewerbung gehen darf“, entgegnet Manuel Rehwald von Rehwald Associates in Königstein.
2. Bloß keine Massenemails versenden
„Wer es ganz schlecht macht, schickt die Email mit dem CV gleich an 40 Berater“, berichtet Riske. In einigen Fällen seien sogar die E-Mailadressen anderer Headhunter enthalten. „Das kommt durchaus öfters vor“, betont der Personalberater. Überdies würden E-Mails an die falschen Zielpersonen gesendet, der Name falsch geschrieben oder die E-Mails seien so allgemein gehalten, dass es sich nur um eine Massen-E-mail handeln könne.
„Bei Online-Bewerbungen wird – wie bei herkömmlichen Bewerbungen auch – sehr viel mit Templates gearbeitet, nur mit weniger Sorgfalt“, beobachtet Gunnar Belden von der Maturias Personalberatung in Potsdam. So ließe sich an falschen Namen oder an einem Wirrwarr aus Schrift-Typen und Größen leicht erschließen, dass mit mangelnder Sorgfalt und Aufmerksamkeit gearbeitet werde. „Dies disqualifiziert einen Bewerber, da es einen Rückschluss auf eingeschränkte Professionalität des Kandidaten zulässt“, unterstreicht Belden.
3. Mangelnde Qualifikation für die Stelle
„Häufig bringen die Bewerber nicht die Qualifikation für die entsprechende Stelle mit“, beobachtet Rehwald. Dafür seien aber auch die derzeitigen Umbrüche auf dem Arbeitsmarkt mitverantwortlich. Durch den Personalabbau in Capital Markets bewerben sich z.B. viele Investmentbanker auf Stellen im Asset Management. „Das kann gut gehen, muss es aber nicht“, warnt Rehwald. Die Investmentbanker seien „deal-orientiert“ und daher eher kurzfristig denkend ausgerichtet. Dagegen hätten Asset Manager die langfristige Perspektive im Auge. „Das ist nicht schlecht, aber es handelt sich meist um einen anderen Menschenschlag“, ergänzt Rehwald.
4. Zu lange Anschreiben
„Je länger das Anschreiben ist, desto stärker hat man den Eindruck, dass der Bewerber Zweifel hegt, ob er wirklich für die Stelle geeignet ist“, sagt Mirja Linke von Deininger Consulting in Frankfurt. Daher sollte das Anschreiben kurz und prägnant ausfallen. „Es genügt völlig, wenn der Bewerber in zwei oder drei Sätzen auf den Punkt bringt, warum er sich bewirbt und wo die Übereinstimmung zwischen Erfahrungen und Anforderungen liegen“, ergänzt Linke.
5. Zu lange Lebensläufe
Auch bei Lebensläufen rät Linke zur Kürze. Es reiche zunächst aus, wenn sich Kandidaten auf Ausbildung, Berufsstationen und die gegenwärtige Position begrenzen. Daher sei ein Lebenslauf von ein bis zwei Seiten ausreichend. Falls der Empfänger weitere Informationen benötigt, wird er sie ohnehin anfordern. Ein Recruiter würde bei der ersten Sichtung erst einmal nur prüfen, ob der Kandidat überhaupt in Frage kommt und anschließend ein detailgenaues Screening vornehmen. „Mancher Bewerber erliegt dem Irrtum: Je voller er den Lebenslauf packt, desto besser kommt dies an“, sagt Linke. Im Arbeitsalltag müssen die Lebensläufe jedoch rasch gesichtet werden.
6. Die Handynummer fehlt
Regelmäßig enthielten E-Mails und Lebensläufe keine Telefonnummer. „Das ist ärgerlich, denn dann muss man erst eine E-Mail zurücksenden und fragen, wann es zeitlich passt“, sagt Riske. Die Hintergrundüberlegung dabei: Die Kandidaten wollen während der Arbeitszeit nicht angerufen werden. Doch diese Befürchtung sei unbegründet. „Wenn ein guter Berater anruft, dann fragt er immer als erstes, ob es passt“, sagt Riske.
7. Zu große E-Mail-Anhänge
Laut Riske verstopfen Kandidaten gelegentlich den E-Mail-Eingang mit Bewerbungen von 20 Megabyte. Falls die Anhänge zum Lebenslauf- wie Uni-Diplome oder Arbeitszeugnisse – zu groß ausfielen, können Sie auch zur Not vorerst weggelassen werden. Die Kandidaten könnten kurz darauf hinweisen, die Dokumente im Bedarfsfall nachzureichen.
„Es gibt mittlerweile viele Tools, um eine E-Mail auf eine handelbare Größe zu bringen“, ergänzt Belden. Auch Recruiter würden immer häufiger mit mobilen Endgeräten arbeiten: „Und für ein Smartphone stellt eine 35 Megabyte große E-Mail schon eine Herausforderung dar“.
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