Viele Finanzprofis in London wollen die Stadt nicht verlassen – schon gar nicht in Richtung Frankfurt, welches in der „City“ einen schlechten Ruf genießt. Ich selbst habe in beiden Städten in M&A bei internationalen Banken gearbeitet. Beide haben ihre Vorteile und Frankfurt kann mit mehr punkten als viele denken. Niemand sollte also Furcht vor dem Umzug an den Main haben, dennoch sollte auch niemand Londoner Verhältnisse erwarten.
1. London ist eine internationale Metropole, Frankfurt eine traditionelle Großstadt
London stellt ein globales Finanzzentrum und eine Metropole dar. Frankfurt wiederum ist das zweitgrößte Finanzzentrum Europas, dennoch fallen die Unterschiede gravierend aus. In Frankfurt geht es ein wenig entspannter zu und die Stadt bewahrt mehr von ihrem kulturellen Erbe. Sie ist aber auch kleiner – und zwar viel kleiner als London. Das hat seine Vorzüge, wenn es darum geht, sich mit Leuten zu treffen. Allerdings stellt es auch kein allzu großes Problem dar, sich mit Leuten in London zu treffen. Die meisten Banker leben ohnehin in der Zone 1 und die U-Bahn stellt ein besonders effizientes Fortbewegungsmittel dar.
2. In London wird Englisch, in Frankfurt Deutsch gesprochen
Dabei scheint es sich um eine Selbstverständlichkeit zu handeln. Doch während London eine globale Metropole ist, wo alle Englisch sprechen, stellt Deutsch in Frankfurt immer noch die gängige Sprache bei der Arbeit dar. Es gibt einige internationale Banker in Frankfurt, die (nur) Englisch sprechen. Doch sie stellen die Ausnahme und nicht den Regelfall dar.
3. London stellt einen kulturellen Schmelztiegel dar, Frankfurt ist kulturell homogen
London stellt einen Ort dar, wo die unterschiedlichen Kulturen zusammenkommen. Es gibt dort Briten, Deutsche, Italiener, Franzosen, Amerikaner, Australier, Asiaten und viele mehr. London zieht die schlauesten und hellsten Köpfe an und deswegen stellt es auch einen sehr guten Ort fürs Networking dar. Frankfurt ist dagegen weit weniger international.
4. London ist vielfältig, in Frankfurt kann man aber auch viel Spaß mit Kollegen haben
London weist eine Vielzahl von Bars und Pubs auf. Sie können zwischen dem schicken West End oder dem angesagten East End wählen. Dagegen fällt die Auswahl in Frankfurt beschränkter aus. Dennoch können Sie gut nach der Arbeit mit einigen Bankern durch die Clubs ziehen.
5. In London wird vorm Computer gegessen, in Frankfurt nutzt jeder seine einstündige Mittagspause wie er will
Wer in London arbeitet, verzehrt sein „Lunch“ meist an seinem Arbeitsplatz – aus welchen Gründen auch immer. Die Londoner sitzen mit ihrem Essen vor dem Computer und surfen im Web. Das ist nicht gerade schön, wenn die Essensgerüche durchs Büro wabern. In Deutschland würde so etwas als asozial betrachtet. Seine einstündige Mittagspause außerhalb des Büros zu verbringen, ist in Frankfurt üblich.
6. In London fällt es schwer, Kollegen von anderen Banken zu treffen, in Frankfurt ist es ein Kinderspiel
Wer im M&A in London arbeitet, wird wahrscheinlich auch nach der Arbeit viel Zeit mit den Kollegen seiner eigenen Bank verbringen. Da die Finanzdienstleistungen über die Innenstadt verstreut sind – City, Canary Wharf und Mayfair – kann es schon schwerfallen, auf Leute von anderen Unternehmen in seinem eigenen Stadtteil zu treffen.
In Frankfurt stellt dies wiederum kein Problem dar. Rund 90 Prozent der zufälligen Treffen und Gespräche finden auf einer einzigen Straße statt, der Fressgasse. Gehen Sie einfach dorthin und schon werden Sie fast alle Leute treffen.
7. In London kostet das Leben ein Vermögen, Frankfurt ist vergleichsweise günstig
Wer endlose Arbeitszeiten in London durchmachen muss, möchte wahrscheinlich in der Zone 1 Leben – nahe bei der Arbeit. Doch für dieses Privileg muss man tief in die Tasche greifen. Meiner Erfahrung nach beträgt die Wohnungsmiete in Zone 1 rasch das Doppelte von dem in Frankfurt üblichen. Auch wer nach der Arbeit etwas trinken oder essen gehen möchte, muss in London deutlich mehr zahlen.
8. Londoner Banker sind sportverrückt, Frankfurter eher entspannt
Londoner Banker treiben Sport und besuchen Fitnessstudios. Im Sommer ist es nicht ungewöhnlich, zum Arbeitsplatz zu joggen oder die Mittagspause in einem internen Fitnessstudio zu verbringen. Das kann ganz nett sein, wenn Sie sich nicht an den Kollegen stören, die Gewichte stemmen. Davon gibt es in Frankfurt deutlich weniger.
9. In London stellt es geradezu eine Pflicht dar, nach der Arbeit mit seinen Kollegen einen Trinken zu gehen, in Frankfurt gehen alle nachhause
Die Pub-Kultur ist in London tief verwurzelt. Nach einer harten Woche ist es üblich am Freitagabend mit seinen Kollegen ein paar Bier trinken zu gehen. Es gibt auch keine Ausrede, denn Pubs sind in London allgegenwärtig. In Frankfurt ist das nicht der Fall – obwohl die Stadt von diesem Ritual profitieren könnte!
Alex Bergen hat an der Uni Mannheim und der Frankfurt School of Finance & Management studiert. Er hat als Analyst im Londoner Investment Banking gearbeitet und ist jetzt dort M&A-Profi in der Unternehmensentwicklung. Vorher hat er erste Berufserfahrungen im Investment Banking in London und Frankfurt gesammelt.