Gibt es heutzutage noch einen Grund, eine Karriere im Investment Banking zu beginnen? Der Wettbewerb unter den Talenten ist hart, die Arbeitszeiten lang und die Bezahlung bescheidener als in der Vergangenheit. Darüber hinaus locken Karrierealternativen in Consulting, den digitalen Branchen oder gleich in der Industrie.
Dennoch wird im Investment Banking immer noch weit überdurchschnittlich gezahlt – was besonders jenseits des 30 Geburtstags gilt. Dies ergibt sich aus einer Analyse von Bernstein Research. Konkret:
1. Mitte 20 können Sie bis zu dreimal mehr verdienen als in anderen Branchen
So mancher mag von einer Karriere im Rechnungswesen, den Medien oder gleich im Staatsdienst träumen. Doch in jedem Fall können sich Betroffene schon einmal wesentlich schlankere Brieftaschen zulegen. Allerdings sollte sich die Berufswahl nicht allein auf die finanziellen Anreize stützen. Laut Bernstein zahlen die Banken z.B. in Großbritannien Einsteigern bis zu dem Dreifachen von anderen Branchen. Tendenziell dürfte dies in Deutschland ähnlich ausfallen.
2. Banken versuchen zögernde Absolventen mir Extrageld zu ködern
Auch nach der Finanzkrise werden zumindest die Branchengrößen wie Goldman Sachs und JP Morgan von Bewerbungen von Absolventen geradezu überschwemmt. Im vergangenen Jahr meldete Goldman Sachs sogar, dass sich die Zahl solcher Bewerbungen seit 2012 um 46 Prozent erhöht habe.
Dennoch zeigen die Erhebungen von Bernstein, dass die Begeisterung der Studenten für eine Karriere in den Finanzdienstleistungen gelitten hat. Dazu ist zu bemerken, dass in den angelsächsischen Ländern Investment Banking und Strategieberatung vor der Finanzkrise ganz oben auf der Wunschliste von Studenten standen. Dieser Vorsprung gegenüber der Realwirtschaft war in Deutschland nie ganz so deutlich ausgeprägt. Darin scheinen die Angelsachsen jetzt nachzuziehen. Zwischen 2014 und 2016 hat sich der Anteil der MBA-Absolventen der Harvard Business School, die in die Finanzdienstleistungen gingen, von 33 auf 28 Prozent verringert. Im gleichen Zeitraum kletterten die Einstiegsgehälter von MBA-Absolventen aber von 160.000 auf 190.000 Dollar (143.000 bis 170.000 Euro).
3. Die Bezahlung von über 30jährigen fällt trotzdem
Obgleich die Banken also jüngeren Mitarbeiter mehr zahlen, sieht es bei denen, die schon einige Jahr in der Branche verbracht haben, anders aus. Laut Bernstein fällt die Vergütung von Vice Presidents (ab fünf bis sechs Jahre Berufserfahrung) seit 2012 kontinuierlich – besonders für VPs in ihren ersten beiden Jahren.
4. Niemand sollte das Banking vor seinem 34. Geburtstag verlassen
Nach Bernsteins Analyse lohnt sich der Verbleib in der Branche vor allem für Leute, die es jenseits des VP-Levels schaffen, was allerdings keine Selbstverständlichkeit darstellt. Demnach sollten Front Office-Investment Banker im Alter von 30 bereits eine kumulierte Bruttovergütung von 1 Mio. US-Dollar (knapp 900.000 Euro) angehäuft haben. Doch danach steigen die Vergütungen erst so richtig. Im Alter von 34 sollten es bereits 2 Mio. Dollar (1,8 Mio. Euro) und von 42 Jahren sogar 6 Mio. Dollar (5,4 Mio. Euro) sein. Wer also nach zwei, drei Jahren aus dem Investment Banking aussteigt, wie so viele junge Analysten, bringt sich also wahrscheinlich um einen erklecklichen Teil seines Lebensverdienstes.
5. Doch die meisten Banker streichen deutlich weniger ein
Doch nur weil jemand einen Job bei einer Bank gefunden hat, bieten sich ihm noch lange nicht derartige Verdienstperspektiven. Denn diese Erhebungen beziehen sich nur auf Leute, die im Front Office Investment Banking arbeiten – also in Sales, Trading, M&A oder im Kapitalmarktgeschäft. Der Rest sollte sich lieber eine etwas schmalere Brieftasche zulegen. Denn die meisten Leute im Banking arbeiten im Privat- und Firmenkundengeschäft – auch und gerade in Deutschland. Selbst im Investment Banking arbeiten rund doppelt so viele Mitarbeiter in den unterstützenden Funktionen, dem sogenannten Back und Middle Office. Und dort wird deutlich bescheidener verdient.