Einen Einstiegsjob bei einer renommierten Investmentbank zu erhalten, stellt einen Kickstart für die Karriere dar. Denn nicht nur bei Banken, sondern auch bei Private Equity- Gesellschaften, Großunternehmen und vielen anderen Arbeitgebern wird dies als Zierde in einem Lebenslauf begriffen.
Doch die eigentlichen Schwierigkeiten beginnen erst nach dem Einstieg. Sie müssen nicht nur mit 70-Stunden-Wochen zurechtkommen, sondern auch mit einem rauen Arbeitsumfeld. Nicht zufällig scheiden rund die Hälfte aller Investment Banking-Analysten, wie die Einsteiger im Branchenjargon heißen, innerhalb der ersten beiden Jahre aus. Doch das muss nicht sein, wenn Sie die klassischen Anfängerfehler vermeiden:
1. Überheblichkeit
Investmentbanken heuern Einsteiger mit recht unterschiedlichen Studienschwerpunkten an. Die Idee dahinter: Das grundlegende Handwerkszeug wird ohnehin in den ersten Wochen vermittelt. Dennoch bringen die meisten Einsteiger bereits ein erhebliches Finanzwissen mit und vertreten teilweise die Auffassung, dass die einführenden Fortbildungen teilweise unter ihrem Niveau sind.
„Viele Leute geben sich bei einigen Trainings-Aspekten sichtbar gelangweilt oder sie tun so, als wüssten sie schon alles“, ärgert sich ein Graduate Recruiter. „Wenn Sie wirklich etwas wissen, wieso helfen Sie dann nicht Ihren Freunden, anstatt sie herablassend zu behandeln?“
2. Ein ungepflegtes Äußeres
Seit dem tragischen Tod des deutschen Praktikanten Moritz Erhardt bei der Bank of America 2013 haben die meisten Investmentbanken die Arbeitszeiten ihrer Juniors eingeschränkt. Ob sich dies jedoch umsetzen lässt, ist fraglich. Denn viele Einsteiger bringen eine große Motivation mit und wollen von Anfang den anderen Analysten um eine Nasenlänge voraus sein. Die hohe Kunst der Nachtarbeit besteht jedoch darin zu wissen, wann die Zeit gekommen ist, um nachhause zu gehen. „Es gibt Leute, die schlafen an ihren Schreibtischen, wenn andere um 7 oder 8 Uhr morgens zur Arbeit erscheinen“, erzählt der Graduate Recruiter. „Das hinterlässt einen schlechten Eindruck. Denn normalerweise müssen sie den neuen Tag in der gleichen Kleidung verbringen.“
3. Durcharbeiten
Ein Analyst einer US-Bank im dritten Jahr empfiehlt irgendwann nachhause zu gehen. Andernfalls könne man nicht lange durchhalten. „Ihr werdet ziemlich nutzlos und nicht in der Lage sein, die Arbeit effizient durchzusprechen. Geht um 4 Uhr morgens nachhause, schlaft ein paar Stunden und stellt – wenn nötig – mehrere Wecker, um rechtzeitig im Büro zurück zu sein. Auf diese Weise funktioniert Ihr zumindest für den Rest des Tages.
4. Schlechte Zeitplanung
Die Verlockung – und besser Gefahr – ist groß, jede Arbeit anzunehmen, die Ihnen ein Vorgesetzter übertragen will. Sie sollten dabei aber potenzielle Konflikte antizipieren. Wenn Sie ohnehin schon in Arbeit ertrinken, dann sollten Sie das Ihrem Vorgesetzten auch mitteilen. Allerdings sollten Sie dabei möglichst auch gleich eine Lösung für das Problem mitliefern und sich nicht nur lautstark beklagen. Sie sollten also dafür sorgen, dass Ihre Vorgesetzten immer genau wissen, woran Sie gerade arbeiten und wann der Zeitpunkt gekommen ist, um neue Prioritäten zu setzen.
5. Verspätungen
Es klingt eigentlich selbstverständlich, aber nach der Zeit an der Uni tendiert so mancher Berufseinsteiger dazu, zu spät zu kommen. Im Arbeitsalltag sorgt so etwas für Verärgerung.
„Wenn eine Fortbildung für 8.15 Uhr angesetzt ist, dann sollten Sie nicht um 8.25 Uhr erscheinen. Es handelt sich um keine Vorlesung. Wenn Sie einmal zu spät kommen, müssen Sie sich auf spöttische Bemerkungen gefasst machen. Wenn das wiederholt vorkommt, wird Ihnen sogar der Kopf gewaschen“, warnt der Graduate Recruiter.
6. Vergessen Sie nicht, dass Sie auch eine Belastung darstellen
Obwohl die Lernkurve im ersten Jahr im Investment Banking steil ausfällt, sind Einsteiger oft mit eintönigen Tätigkeiten befasst. Vielleicht halten Sie es für unter Ihrer Würde, Excel-Tabellen auszufüllen, wenn Sie doch an den ganz großen Deals mitarbeiten könnten. Dennoch dürfen Sie sich nicht zurücklehnen und gelangweilt fühlen. „Es gibt nichts Ärgerlicheres als einen neuen Analysten ohne Motivation“, betont der Graduate Recruiter.
7. Sinnlose Fragen zu stellen
Niemand erwartet von einem Einsteiger alles zu wissen und intelligente Fragen zeugen von Engagement – sinnlose Fragen allerdings von Dummheit. „Es bringt Sie in Schwierigkeiten, wenn Sie nicht verstanden haben, was Ihnen erzählt wurde. Es ist in Ordnung, einmal nachzufragen. Anschließend sollten Sie es aber verstanden haben. Fragen Sie also nicht weiter. Versuchen Sie es selbst herauszubekommen oder fragen Sie jemand anderen“, sagt Personalberater Peter Harrison von Harrison Careers, der früher bei Goldman Sachs gearbeitet hat.
8. Im Hotel Mama zu residieren
Wieso streichen Analysten schon in ihrem ersten Berufsjahr 50.000 bis 60.000 Euro ein? Um nahe beim Arbeitsplatz zu leben, meint ein Analyst. „Im Umland zu leben ist nicht zielführend, wenn Sie 80 bis 100 Stunden die Wochen arbeiten. Suchen Sie sich eine Wohnung irgendwo nahe Ihres Arbeitsplatzes, damit Sie schnell nachhause fahren und zurückkommen können“, betont der Analyst.
9. Sich nicht anzupassen
Der Berufseinstieg bei einer Investmentbank stellt keine Gelegenheit für Extravaganzen dar. Schließlich betreten Sie eine Welt, in der ein dunkelblauer Anzug mit braunen Schuhen schon als Sakrileg begriffen wird. „Es klingt trivial, aber wenn Sie sich anders als die Anderen kleiden, dann präsentieren Sie sich als Rebell“, warnt Harrison. „Versuchen Sie also Ihr Bestes, um sich anzupassen. Ihr Arbeitgeber erwartet das.“
10. Zu glauben, Sie seien beliebt
Vielleicht haben Sie in Ihrem Team bereits ein Praktikum verbracht und kennen daher sämtliche Mitglieder. Vielleicht passen Sie auch perfekt ins Team. Dies bedeutet jedoch längst noch nicht, dass alle Ihre Freunde sind. „Ihr fangt nicht ganz von vorn an, dennoch müsst Ihr Euch den Respekt Eurer Kollegen erst verdienen“, erzählt ein ehemaliger Analyst.
11. Sich freiwillig für mehr Arbeit zu melden
Selbstverständlich wollen Sie als engagiert erscheinen. Bei der Arbeitsvergabe die Hand in die Höhe zu strecken, stellt jedoch keine kluge Idee dar, wenn Sie bereits 16 Stunden am Tag arbeiten. „Schön, Sie wollen Extrapunkte sammeln, aber Sie ertrinken ohnehin in Arbeit“, warnt ein Analyst. „Bei einer Aufgabe zu scheitern, die von Ihnen erwartet wird, ist es allerdings nicht Wert, einen ermunternden Klaps auf den Rücken für etwas zu erhalten, was von Ihnen nicht verlangt wird.“
12. Sich wie Ihr Vorgesetzter zu verhalten
So mancher Managing Director benimmt sich arrogant oder exzentrisch. Das sollten Sie sich nicht zum Vorbild nehmen. „Im Handelssaal hat ein Managing Director tatsächlich in Jeans und T-Shirt gearbeitet. Ein neuer Analyst kam auf die Idee, es ihm gleichzutun“, erzählt der Graduate Recruiter. „Ich habe ihm gesagt: Sobald er die gleiche Menge an Geld hereinhole, könne er tragen, was er will.“
13. Das kleine Einmaleins nicht zu beherrschen
Jede Aufgabe sollten Sie ausdrucken und genau Korrektur lesen, um so viele Fehler wie irgend möglich zu eliminieren, bevor Sie sie weiterreichen. Es handelt sich nicht um eine Seminararbeit an der Uni, die mit einigen Korrekturen zurückkommt. Vielmehr müssen Sie mit einer heftigen Kritik rechnen.
„Eine Arbeit abzuliefern, die schlicht falsch ist, stellt den besten Weg dar, um es zu vermasseln. Sie später als erwartet abzuliefern, kommt gleich dahinter“, betont Harrison.
14. Eine Schonzeit zu erwarten
Leider bleibt Einsteigern nach den Einführungswochen keine Zeit, sich erst einmal einzuleben. Vielmehr müssen Sie von Anfang an Gas geben. „Eine Menge angehender Analysten glauben, sie sollten ihren Sommer mit Reisen durch Asien verbringen, obwohl sie eigentlich alles daran setzen sollten, Excel-Makros zu beherrschen und ein besseres Verständnis für die Branche zu entwickeln“, warnt der Analyst aus dem dritten Jahr.