Sie hassen oder lieben sie – etwas Drittes gibt es nicht. Wenn Sie in den Finanzdienstleistungen arbeiten, dann sind die Recruiter, die mehr oder weniger regelmäßig anrufen, entweder Nervensägen oder das Beste, was Ihnen widerfahren konnte. Doch zu viele Leute betrachten Personalvermittler nur als Ärgernis. Das ist nicht nur dumm, sondern sogar gefährlich.
Ich selbst schätze Recruiter sehr. Ich halte sie für sehr sinnvoll und für einen wichtigen Teil des Ökosystems.
Hier meine Gründe: Recruiter sind ein wenig wie Trader. Ihr Job besteht darin, Deals abzuschließen. Sie versuchen Ihnen den Job zu verkaufen und umgekehrt Sie an ein Unternehmen zu veräußern. Es handelt sich gewissermaßen um Human Capital Brokerage. Sie werden bezahlt, wenn sie die beiden Parteien, die sich meist kaum kennen oder trauen, von einer Transaktion überzeugen. Leider verstehen sie oft weder den Jobs, den sie Ihnen anbieten, noch Ihre Motivationen. Aber darum geht es überhaupt nicht.
Sie sollten Recruiter nicht als Experten in Ihrem Berufsfeld betrachten. Und Sie sollten auch nicht frustriert sein, wenn sie nicht alles über Ihren Markt wissen. Vielmehr müssen Sie sie als Informationsquelle zu den liquiden oder illiquiden Arbeitsmärkten sehen.
Daher dürfen Sie es sich nicht mit Recruitern verscherzen, besonders nicht mit den guten, die für Ihre Karriere von großem Vorteil sein können.
Wann immer ein Recruiter anruft, haben Sie die Gelegenheit, etwas über die Verteilung des Humankapitals in Ihrem Markt zu erfahren: Wer stellt ein, wer setzt Leute vor die Tür und wie viel kassieren Andere. Auf derartige Fragen sollten Sie eingestellt sein. Die Antworten besitzen ein großes Potenzial: Recruiter informieren Sie darüber, ob Sie bei der Bezahlung ausquetscht werden, ob Sie einen besseren Jobs mit mehr Aufstiegspotenzial finden können, wo die Leute mit ihrer Arbeit glücklich sind oder nicht.
Wenn Sie den Umgang mit Headhuntern beherrschen, dann werden diese viel für Sie unternehmen. Sie können als Ihr Sales-Team, Ihre Geschäftsagenten fungieren. Versuchen Sie sie von sich zu begeistern, erzählen Sie ihnen alle die interessanten, differenzierten und geldbringenden Angelegenheiten, mit denen Sie zu tun haben, und wie Ihr Arbeitgeber Sie schätzt. Anschließend lassen Sie sie auf die Stadt los.
Wenn Sie Ihren Job gut machen, dann werden sie auf Sie mit einer Reihe von guten Jobs im Gepäck zurückkommen.
Denn der Markt für Humankapital war schon immer besonders undurchsichtig und illiquide und wird es auch bleiben. Es ist nicht leicht herauszubekommen, wo die Chancen versteckt sind, wer ein guter Arbeitgeber und wer ein guter Arbeitnehmern ist. Genau darin besteht das Geschäft der Headhunter.
Daher handelt es sich um eine besonders schlechte Idee, es sich mit Headhuntern zu verscherzen. Es gibt Leute, die brüsk, unverschämt und herablässig auftreten. Ich kenne viele solcher Leute, aber keinen, für den sich ein solches Verhalten ausgezahlt hat.
Sicherlich sind nicht sämtliche Headhunter gut. Wie in jeder Branche finden sich hier Leute, die nur hinter dem schnellen Geld hinterher sind. Die Spreu vom Weizen zu trennen, ist dabei Ihre Aufgabe. Bekommen Sie heraus, mit wem sich zu reden lohnt. Die guten Personalberater erkennen Sie zumeist daran, dass sie fünf bis zehn Jahre Berufserfahrung mitbringen und ihre Märkte gut kennen. Allerdings können Sie sich niemals sicher sein, ob ein junger Headhunter sich später nicht doch zu einem Star der Branche entwickeln wird. Daher sollten Sie gegenüber jedem Personalvermittler höflich, aber bestimmt auftreten und niemals die Tür zuschlagen. Sie werden Ihnen bei Ihrer Karriere helfen, sie können Sie aber auch zerstören.
Der Autor arbeitete als Managing Director bei Goldman Sachs und bloggt auf „What I Learned on Wall Street“ (WilowWallStreet.com).