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„Ich arbeite bei einer US-Bank in Paris. Das ist schon sehr speziell hier“

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Ich bin in der Investment Banking Division einer US-Bank in Paris beschäftigt. Zugegeben, ich bin Franzose. Ich bin hier auch nicht wegen des Brexits, sondern aus eigener Entscheidung.

Falls Sie mit dem Gedanken spielen, nach Paris zu ziehen, dann sollten Sie einiges wissen. Nachdem ich sowohl in London als auch in Paris gearbeitet habe, kann ich hierzu einiges erzählen. Denn ich weiß, wie es in beiden Städten läuft.

Zunächst müssen Sie wissen: Paris ist klein. Die US-Bank, bei der ich arbeite, beschäftigt tausende von Leuten in London, aber kaum jemanden in Paris. Jedes Jahr werden in Paris gerade einmal drei Analysten angeheuert. Derzeit haben wir sieben Analysten, sieben oder acht Associates und etwa acht Vice Presidents. Dazu gibt es sechs Managing Directors und zwei Senior Advisors – das war’s.

Zweitens sind wegen der überschaubaren Größe der Niederlassung alle Pariser Mitarbeiter vielseitig einsetzbar. Wir alle können gewissermaßen alles. Wir können Deals anbahnen UND umsetzen. Wir arbeiten sektorübergreifend. Zwar arbeiten wir auch mit den Sektor-Teams in London zusammen, aber dies geschieht normalerweise nur auf dem Niveau der Führungskräfte. So hilft uns beispielsweise ein Managing Director oder ein Vice President aus London bei einer Kundenpräsentation. Gelegentlich arbeiten wir auch mit den Teams für Aktien- oder Anleiheemissionen (ECM und DCM) aus London zusammen. Wir sind ein Kraftzentrum, welchen das gesamte Spektrum abdeckt.

Eben dieser zweite Punkt ist der Grund, wieso ich lieber in Paris arbeite. Hier zu arbeiten, stellt eine bewusste berufliche Entscheidung dar. Die Arbeit ist erfüllend. Darüber hinaus denke ich, dass die Arbeit in Paris für meine Karriere und meine Ausstiegsmöglichkeiten besser ist als etwa in London. Da ich selbst in Frankreich arbeite, kann ich mein Netzwerk zu französischen Unternehmen ausbauen. Dies erleichtert mir ins Corporate Development zu wechseln, sobald ich einmal das Banking verlassen möchte.

Es gibt aber auch persönliche Gründe, wieso ich Paris vorziehe. Ich bin Franzose und Patriot. Ich möchte die französischen Unternehmen von Frankreich aus betreuen. Ich finde es erfüllender, bei einem Projekt mit einem französischen Unternehmen mitzuarbeiten, anstatt immer nur für z.B. ein tschechisches Unternehmen zu arbeiten, von dem ich noch nie gehört habe. Aus diesem Grunde habe ich auch London verlassen. Darüber hinaus habe ich hier Familie und Freunde. Ich spreche in meiner Muttersprache und muss auch nicht mit den Brüchen zurechtkommen, die der Aufbau eines neuen Lebens in London mit sich bringt.

Falls Sie selbst nach Paris ziehen wollen, dann sollten Sie nicht erwarten, dass es sich hier um eine drittklassige Niederlassung mit drittklassigen Leuten handelt. Auch wenn das Büro klein ist, sind die Leute doch großartig. Bei uns handelt es sich um Leute, die in London zu der Minderheit der erstrangigen Analysten zählen würden. Wir sind alle sehr kompetent und stolz darauf. Wir arbeiten härter und besser als unsere Kollegen in London. Wer im Banking arbeitet, sollte sich also bewusst machen, dass es in Paris ganz anders als in London zugeht. London ist einfach nur zweite Wahl.

Bei Matthieu Genou handelt es sich um ein Pseudonym, der als Analyst bei einer US-Bank in Paris arbeitet.


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