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„Immer wenn ich einen Banker in Frankreich gefeuert habe, brauchte ich einen Bodyguard”

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Beim Feuern von Beschäftigten in Frankreich geht es zu wie in er Tragikomödie „Up in the Air” mit George Clooney. Er hat den Auftrag eine schlechte Nachricht zu überbringen – allerdings gab es bei mir weniger Tränen, dafür wilde Gesten und die Drohung mit körperlicher Gewalt.

Ich habe in den vergangenen 20 Jahren verschiedene Führungsrollen vor allem bei französischen Investmentbanken in London, New York und Paris ausgeübt. Regelmäßig musste ich Mitarbeiter in Frankreich feuern und ebenso regelmäßig hatte ich dabei einen Bodyguard im Raum – weil Sie niemals wissen, wie die Leute reagieren. Die Anwesenheit eines Security-Mitarbeiters minimiert zumindest die Gefahr, dass jemand über den Tisch springt und Sie würgt.

Leute in Frankreich vor die Tür zu setzen, ist nahezu unmöglich. Es gibt derart viele Gewerkschaften und Gesetze, die die Arbeitskräfte schützen, dass sie einfach nicht mit einer Kündigung rechnen. Allerdings sprechen wir immerhin vom Investmentbanking: Restrukturierungen gehören zum Alltag und die Banken expandieren und reduzieren ebenso rasch wie eine hyperventilierende Feldmaus. Franzosen – zumindest diejenigen, die auch in Frankreich leben – wissen einfach nicht mit dieser Situation umzugehen. Das sage ich, obgleich ich selbst Franzose bin.

Der Brexit wird gemeinhin als potenzielles Desaster für den Londoner Finanzplatz betrachtet und ganze Heerscharen von französischen und deutschen Bankern scheinen geradezu darauf zu warten, in die Heimat zurückzukehren. Doch wenn dies lediglich darauf hinausläuft, dass Heerscharen von Franzosen und Deutschen in ihre Heimat zurückströmen, dann werden diese neuaufgestellten europäischen Geschäftseinheiten Schwierigkeiten bekommen.

Abgesehen von der Kündigungsthematik gibt es ein weiteres Problem: Ich war von Anfang an dabei, als es die französischen Banken nach London zog. Dieser Schritt ermöglichte es uns, nicht länger nur französische Trader, Sales und Research-Spezialisten in Paris einzustellen, sondern die besten internationalen Talente in London zu gewinnen.

Dies stellt einen gewaltigen Vorteil dar. Denn die besten Leute haben ihre Zelte in London aufgeschlagen, was es ihnen erlaubt, genau die richtigen Leute einzustellen, um mit den besten internationalen Investmentbanken zu konkurrieren. Doch Sie werden sie auch wieder rasch los. Falls Sie tatsächlich eine Niete eingestellt haben, gibt es kaum etwas Ärgerlicheres als komplexe Kündigungsgesetze. In London dreht sich alles  ums „Survival of the fittest”. Entweder Sie schaffen es oder Sie sind raus. Und hier habe ich noch niemals einen kräftigen Mann hinter mir benötigt, um die schlechte Nachricht zu überbringen.

Bei Louis Brodeur handelt es sich um ein Pseudonym. Es arbeitet als Senior Trader bei einer französischen Bank in London.


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