Derzeit grassieren die Umstrukturierungen bei den Banken wieder. Kaum jemand wird dabei von einer Kündigung wirklich überrascht. Denn im Vorfeld gibt es oft Gerüchte, der Flurfunk meldet Restrukturierungen oder der Stellenabbau findet sogar seinen Weg in die Presse. Doch sobald die traurige Nachricht ins Haus flattert, ist guter Rat teuer – muss er aber nicht sein. Wir haben mit der Fachanwältin für Arbeitsrecht Dr. Heike Kroll von Verband „Die Führungskräfte“ in Essen gesprochen und sie um ihre besten Tipps gebeten:
1. Kündigung hinauszögern
Es obliege dem Arbeitgeber den „Zugang“ der Kündigung zu beweisen, erläutert Kroll. In der Regel werden also zwei Vertreter des Arbeitgebers dem Betroffenen die Kündigung in einem Personalgespräch in die Hand drücken oder sich den Empfang auf dem Schreiben quittieren lassen. Auf diese Weise hat der Arbeitgeber Sicherheit.
Bei der postalischen Zustellung achten clevere Arbeitgeber darauf, dass es sich um ein Einwurfeinschreiben handelt. Allerdings beobachtet Kroll immer wieder, dass „Arbeitgeber alter Schule“ ein Einschreiben mit Rückschein versenden. Dann sollte man sich Ende eines Monats mit dem Abholen Zeit lassen, damit der Zugang der Kündigung erst im Folgemonat rechtskräftig wird.
„Falls also Freitag, der 31. Oktober ist, dann sollte man nicht mehr an die Tür gehen, wenn es klingelt“, empfiehlt Kroll. Schließlich könnte der Arbeiter oder der Postbote vor der Tür stehen und einem die Kündigung in die Hand drücken. Wird das Schreiben dann – weil niemand öffnet – in den Briefkasten geworfen, geht es u.U. erst am nächsten Tag zu. Niemand könne verpflichtet werden, ein solches Einschreiben anzunehmen oder am Freitagnachmittag noch einen Blick in den Briefkasten zu werfen. Auf diese Weise lasse sich leicht ein Monat Beschäftigung – manchmal sogar ein ganzes Quartal – herausschinden.
2. Kündigungsschutzklage stellen…
„Wenn die Kündigung einmal ausgesprochen ist, dann tickt die Uhr“, warnt Kroll. „Dann gilt die Dreiwochenfrist.“ Innerhalb dieser Zeit kann ein Betroffener eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Ausschlaggebend hierfür ist im Zweifelfall der Sitz des Arbeitgebers bzw. der gewöhnliche Arbeitsort, an dem man arbeitet. Wer also in Frankfurt arbeitet und in Mainz wohnt, muss sich an das Frankfurter Arbeitsgericht wenden.
In der Regel erledigt dies bei Fach- und Führungskräften der Anwalt. Doch Pflicht ist dies nicht. Wer sich früh in seiner Karriere befindet, die Streitsumme entsprechend niedrig ausfällt oder sich die Anwaltsgebühren sparen möchte, da er keine Rechtsschutzversicherung hat, der kann die Klage auch selbst bei der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts registrieren lassen. Dazu genüge es persönlich mit dem Kündigungsschreiben zu erscheinen – allerdings sollten möglichst auch Arbeitsvertrag und die letzte Gehaltsabrechnung mit von der Partie sein.
„Damit hat man die Frist gewahrt“, resümiert die Fachanwältin. Kroll rät im Zweifelsfall immer eine Klage einzureichen. „Ansonsten gibt man ein wichtiges Druckmittel auf.“ Denn sobald die Dreiwochenfrist abgelaufen sei, habe der Betroffene die Kündigung aus juristischer Sicht akzeptiert. Schon ist die schöne Abfindung passé.
3. … aber nicht auf einen Gerichtstermin warten
Anschließend beginnen die rechtlichen Mühlen zu rotieren. Zunächst werde das Gericht einen „schnellen“ Gütetermin ansetzen, erläutert Kroll. Dies geschehe meist innerhalb von sechs Wochen. Dabei versuche ein Richter zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Einigung herzustellen. Bis zu diesem Termin hat sich die Arbeitgeberseite zur Kündigung im Regelfall nicht schriftlich geäußert. Erst wenn der Einigungsversuch misslinge, setze das Arbeitsgericht wechselseitige Schriftsatzfrist und einen – für den Betroffenen nicht selten überraschend späten – „Kammertermin“ an. Bei einem vielbeschäftigten Arbeitsgericht wie in Frankfurt könne ein solcher Termin schon einmal acht Monate auf sich warten lassen.
Daher empfiehlt Kroll dringend, von einem geruhsamen Warten auf den Gerichtstermin ab. Denn falls der Betroffene zwischenzeitlich eine Stelle findet und später vor dem Arbeitsgericht Recht bekommt, dann werden die neuen mit den ausstehenden Bezügen des alten Arbeitgebers verrechnet. Und es kommt noch schlimmer. „Der Gekündigte verschlechtert seine Rechtsposition. Der Arbeitgeber kann ja einfach sich nicht (mehr) gegen die Kündigungsschutzklage wehren und so die Wiedereinstellung akzeptieren“, sagt Kroll. Dabei spekuliert der alte Arbeitgeber natürlich darauf, dass der Betroffene von diesem Angebot keinen Gebrauch macht. Auf diese Weise kann sich der Arbeitgeber die eigentlich fällige Abfindung sparen.
Wer also Mitte 40 ist und einen neuen Job antreten möchte, sollte keinesfalls auf eine gerichtliche Klärung spekulieren, sondern eine Verhandlungslösung anstreben. Anders sehe es aus, wenn jemand 58 ist und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt bescheiden aussehen. „Wer 45 ist, kann mit dem Warten auf den Kammertermin eigentlich nur verlieren“, betont Kroll.
4. Verhandlungslösung suchen
Doch die meisten Arbeitnehmer und Arbeitgeber dürften kein Interesse haben, die Sache bis zum Kammertermin zu treiben. Vielmehr diene die Einreichung einer Kündigungsklage dazu, wertvolle Zeit zu gewinnen und seine rechtliche Position zu wahren. Kroll empfiehlt einen Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitgeber auszuhandeln. Dabei gelte es jedoch einige Punkte zu beachten:
So müsse die Kündigung VOR einem Aufhebungsvertrag ausgesprochen sein, ansonsten drohe eine Sperre bei der Beziehung des Arbeitslosengeldes. „Korrekterweise heißt das Papier dann auch ,Abwicklungsvertrag’, weil er ein bereits gekündigtes Arbeitsverhältnis abwickelt. Die Bezeichnung ist aber völlig nebensächlich“, erläutert Kroll. Neben einer Abfindung sollten Betroffene auch ganz genau darauf achten, welche Auswirkungen der Aufhebungsvertrag auf die betriebliche Altersvorsorge habe. „Manche werden sich erst später bewusst, welche weitreichende Dinge sie da unterschrieben haben“, erzählt Kroll. Auch das Arbeitszeugnis sollte als Anhang in den Aufhebungsvertrag aufgenommen werden. „Man will ja einen Schlussstrich ziehen“, betont Kroll.
5. Fach- statt Dorfanwalt engagieren
Kroll rät davon ab, sich bei Kündigungsschutzproblemen Rat bei einem gewöhnlichen Anwalt zu suchen. Diese brächten häufig nicht die erforderlichen Fachkenntnisse und Erfahrungen mit. Vielmehr sei der Gang zu einem Fachanwalt Pflicht. Ein guter Anwalt müsse jedoch mehr als nur fachlich beschlagen sein. „Er kann juristisch kompetent, aber taktisch nicht gut sein“, erzählt Kroll. Aber auf Taktik komme es bei dem Kündigungs-Poker ganz entscheidend an.
Darüber hinaus hätten einschlägige Fachanwälte oft schon mit dem Arbeitgeber zu schaffen gehabt. „Der kennt einfach die Preise und kann das Meiste herausholen“, betont Kroll.
Doch Anwälte sind teuer. Bei Angestellten mit kurzer Betriebszugehörigkeit gehe es oftmals nicht um eine so hohe Abfindungssumme, dass sich die Gebühren eines Anwalts lohnen. Hat man keine Rechtsschutzversicherung, muss der Arbeitnehmer die Kosten selber tragen. „Das gilt vor den Arbeitsgerichten in der ersten Instanz sogar dann, wenn man gewinnt“, warnt die Expertin. Kroll rät in solchen Fällen, sich nach einer alternativen Rechtsberatung umzuschauen, wie sie z.B. Berufsverbände anbieten.
6. Anmeldung beim Arbeitsamt nicht versäumen
Nach geltendem Recht müssen sich gefeuerte Angestellte bis spätestens drei Monate vor Auslauf des Arbeitsverhältnisses bei der Arbeitsagentur persönlich arbeitssuchend melden. Ansonsten droht eine Sperrung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Meldung. Kommt dann noch eine Sperrzeit wegen Abschluss eines Aufhebungsvertrages ohne Ausspruch einer Kündigung hinzu, würde die Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosengeld um ein Viertel sinken. Wer eigentlich eine Bezugsdauer von zwölf Monaten hat, darf maximal also neun Monate ALG I kassieren. Auch bei älteren Arbeitnehmern mit 24 Monaten Anspruch werde die Bezugsdauer um ein Viertel gekürzt. „Das kann schon ganz schön ins Geld gehen“, warnt Kroll.
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