Manche Fähigkeiten kann man erwerben, andere nicht. Zu letzteren zählt Schwyzerdütsch. Dabei handelt es sich um eine der wenigen Kompetenzen, die von Finanzdienstleistern händeringend gesucht werden – sofern bei den Kandidaten auch Qualifikation und Berufserfahrung stimmen.
„Selbst Deutschsprachige, die zehn oder mehr Jahre Berufserfahrung in der Schweiz mitbringen, die Branche kennen und über ein gutes Netzwerk verfügen, lassen sich auf viele Institutional Sales-Positionen in der Schweiz nicht vermitteln“, klagt Headhunterin Alice Corp, Head of Buy Side Sales bei Selby Jennings in Zürich. „Denn sie sprechen kein Schweizerdeutsch.“
Ein passives Verständnis des Schwyzerdütsch würde den Kunden oftmals nicht genügen. „Die warten lieber so lange, bis sich ein Schweizerdeutscher Muttersprachler findet“, beobachtet Corp. Und das kann lange dauern. Corp schätzt, dass eine solche Suche nach einem Sales mit fließendem Schwyzerdütsch drei- bis viermal so lange benötigen könne als nach jemandem mit Hochdeutsch und Berufserfahrung in der Schweiz.
Dies gelte sogar für ausländische Unternehmen, die einen Vertrieb in der Schweiz erst aufbauen. Vergleichbare Probleme gebe es westlich des Röstigrabens nicht, da die französischsprachigen Schweizer keinen so ausgeprägten Dialekt kennen. Entsprechend haben es dort Salesprofis aus Frankreich oder Belgien leichter.
Der Pool an solchen muttersprachlichen Sales ist indes äußerst klein. Laut Headhunter Jonas Neff von Biermann Partners in Zürich gebe es vielleicht insgesamt 250 bis 300 institutional Sales, die auf Schweizer Kundschaft spezialisiert seien. „Davon dürften um die 250 Schweizer sein“, ergänzt Neff.
„Es gibt aber auch deutsche Sales Manager in der Schweiz, die einen sehr guten Job machen“, schränkt Neff ein. Das hänge auch mit dem Kundenkreis zusammen. Wenn ein ausländischer Asset Manager in die Schweiz komme und ohnehin nur die 50 größten Adressen des Landes angehen wolle, dann seien Kenntnisse des Schwyzerdütsch von untergeordneter Bedeutung.
Anders sehe es bei mittelgroßen und kleineren Adressen aus, die 500 Mio. Franken und weniger verwalten. „Je länger ein Haus auf dem Schweizer Markt ist, desto eher werden auch kleinere Adressen angegangen und dabei muss man die Sprache der Kunden sprechen“, beobachtet Neff. „Und das ist nun einmal Schwyzerdütsch.“
„Der Schweizer Kunde will auch auf Schwyzerdütsch angesprochen werden“, ergänzt Headhunter Stefan Bächer von Guggenbühl, Bächer, Niederer & Partner in Zürich. Solche Profile zu finden, stelle zwar eine Herausforderung, aber keine Unmöglichkeit dar. „Es ist nicht so, dass keine auf den Markt verfügbar wären. In dem Umfeld und mit all den Restrukturierungen, gibt es immer den einen oder anderen.“
Darauf scheinen auch die Kunden zu spekulieren. „Die Unternehmen warten lieber ab, bis jemand verfügbar ist, der diese Kompetenz mitbringt. Es bedeutet nicht, dass die Kunden bereit wären, für Schwyzerdütsch mehr zu zahlen“, ergänzt Corp. Dazu sei das Umfeld immer noch zu schwierig.
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