Wenn man den Worten des ehemaligen Barclays-Traders Carlo Palombo glauben schenken darf, der 2008 im Alter von gerade einmal 29 Jahren die Kleinigkeit von 2 Mio. Dollar verdiente, dann ist ein Vice President (VP) im Investmentbanking keine große Nummer. Die Arbeit eines VPs sei von der eines McDonalds-Mitarbeiters kaum verschieden, erzählte er gestern. Gemeint waren nicht etwa die Manager einer McDonalds-Filiale, sondern die einfachen Mitarbeiter. „VP heißt Junior“, sagte er vor Gericht, als er seine Rolle während der Euribor-Affäre bei Barclays zwischen 2005 und 2009 schilderte. Der Job halte nicht, was der Titel verspreche.
Obgleich VPs im Banking zweifelsohne das Vielfache von Burgerbratern kassieren, liegt Palombo nicht ganz falsch, wenn er die Rolle der VPs herunterspielt. Allein Goldman Sachs beschäftigt beispielsweise über 13.000 VPs weltweit, womit der VP zu den häufigsten Jobtiteln im Konzern zählt. Wer es zu Ruhm und Einfluss bringen möchte, muss es wenigstens zum Managing Director, wenn nicht gar zum Partner schaffen.
Doch wie gelingt der Aufstieg jenseits des VP-Levels? Nach einer Studie von Ian MacRae, Autor und Managing Director des Unternehmens „High Potential Psychology“ unterscheiden sich die Persönlichkeiten erheblich, die als Junior oder als Managing Director in einem Handelssaal erfolgreich sind. Erfolgreiche Sales-Mitarbeiter ragten in Wettbewerbsfähigkeit und Risikobereitschaft deutlich über den Durchschnitt hervor. „Die Wettbewerbsfähigkeit liegt um zwei Standardabweichungen über der Norm. Dabei handelt es sich um einen der größten Unterschiede, die wir in irgendeiner Branche gesehen haben. Das ist etwa so, als würde man die Durchschnittsgröße der Gesamtbevölkerung mit der von Basketballspielern vergleichen“, sagt MacRae.
MacRae hat für seine Studie 17.000 Leute untersucht, 500 davon aus dem Investment Banking. Die meisten stammen aus London, einige aber auch aus Deutschland. Er will herausgefunden haben, dass Sales und Trader eine geringe Anpassungsfähigkeit auszeichne. Veränderung beängstige sie also. Bei den meisten Leuten sei dies ein Nachteil, nicht so für Sales und Trader. „Das ist normalerweise verbunden mit einem höheren Stress- und Angstniveau. Wenn dies effizient genutzt wird, dann hilft dies Unternehmern beim Erfolg und Leuten, deren Karriere eng an die eigene Leistung genknüpft ist.“
Insgesamt fand er heraus, dass Vertriebsleute und Sales Trader in Banken eine hohe Wettbewerbs- und eine geringe Anpassungsfähigkeit mitbringen. „Dabei kann es sich um ein außerordentlich wirksames Profil handeln“, sagt MacRae über Leute im Handelssaal.
Managing Directors bringen eine andere Persönlichkeit mit
Wer indes in eine Führungsposition aufsteigt, muss ganz unterschiedliche Persönlichkeitszüge aufweisen. Zunächst müssten Betroffene ihren Ehrgeiz zügeln. Denn der extreme Wunsch zu siegen, wie er gute Sales und Trader auf VP-Level auszeichnet, sei für Führungskräfte wenig zielführend. Gleiches gilt für mangelnde Anpassungsfähigkeit. Vielmehr seien Führungskräfte im Handelssaal weniger kämpferisch, aber dafür anpassungsfähiger. Eine Führungskraft dürfe weniger stressanfällig sein.
MacRaes Ergebnisse helfen zu erklären, wieso viele Karrieren mit dem Erreichen des VP-Levels zu Ende sind. Unterdessen dürften sie Palombo kaum beunruhigen. Seit er vor zehn Jahren das Investment Banking verlassen hat, scheint er in Südkalifornien eine ruhige Kugel zu schieben, während er etwas ganz anderes macht. Palombo erzählte dem Gericht gestern, dass er ohnehin nie wirklich im Banking arbeiten wollte und dass er nur bei Barclays in London angefangen habe, um aus Italien fortzukommen. Als er dort angefangen habe, habe er es nicht gemocht, „von Bankern umgeben zu sein“, vielleicht weil sie einfach zu ehrgeizig waren. Stattdessen studiert er heute europäische Philosophie und politische Theorie an der Universität Kalifornien. Ohne die Euribor-Affäre würde er wahrscheinlich einen großartigen Managing Director abgeben.
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