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GASTBEITRAG: Wieso Aktienanalysten tatsächlich von MiFID II profitieren

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Als im vergangenen Jahr klar wurde, dass die Europäische Kommission bei den strengeren Research-Regeln nicht zu Kompromissen bereit ist, herrscht in der Branche Untergangsstimmung. Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass sie kaum praxistauglich sind. Denn jetzt müssen die Fondsmanager für das Research aus der eigenen Kasse zahlen und es wird nicht mehr aus den Handelskommissionen querfinanziert. Alles spricht dafür, dass sie genauer hinschauen werden, wofür sie bezahlen.

Kürzlich hat Daniel Pinto von JP Morgan bei einer Konferenz geschätzt, dass die Research-Erträge bereits um 25 Prozent gesunken seien und dass ein weiterer Einbruch wahrscheinlich sei. Wird dies auf eine Kündigungswelle und weniger Neueinstellungen hinauslaufen?

Nicht unbedingt. Bemerkenswerterweise plant Pinto trotz dieser Einschätzung keinen Personalabbau bei JP Morgans europäischen Researchteam. Es gibt zwei Gründe, wieso die pessimistischsten Branchenbeobachter beim Ertragsrückgang infolge von MiFID II falsch liegen könnten.

Erstens ist ein Großteil des Kostenabbaus bereits erfolgt. Als die MiFID II-Regeln im Jahr 2013 bekannt geworden sind, gab es in der Branche noch viele kleine Player und die Kostenbasis war noch nicht vollständig den neuen Verhältnissen nach der Finanzkrise angepasst. Fünf Jahre fallender Umsätze, niedrigerer Kommissionen und engerer Spreads sowie geringer Kundenaktivität haben bereits im Aktienresearch zu einem Abschneiden der Fettränder samt einigem des mageren Fleisches geführt. Da viele Anbieter bereits an der Kostenuntergrenze operieren, wird eine Fluktuation bei den Erträgen wahrscheinlich so manchen Player aus dem Markt drängen.

Ein Einbruch der Research-Erträge in Europa um 25 Prozent klingt schrecklich, doch für viele Unternehmen bedeutet dies lediglich, dass die Erträge 2018 auf das Niveau von 2013 zurückfallen – und das mit weniger Personal.

Doch noch wichtiger ist wahrscheinlich, dass die messbaren Erträge sich nur auf die externen Erträge beziehen. Immer war es schon so, dass die wichtigsten Kunden der Research-Abteilungen der Banken intern waren. Es ist z.B. schwierig ohne Analysten Kapitalmarktdeals anzustellen und der Handel mit Aktienderivaten stellt einen wichtigen Abnehmer für das Research dar, um Preise für Swaps und andere Produkte stellen zu können. Die Analysten haben immer beträchtliche Dienstleistungen für den Rest der Bank erbracht. Vor allem sind sie verantwortlich für die unglaublich nützlichen Konsensus-Prognosen. Wer ein großes Market Making- oder Hedgefonds-Geschäft betreibt, kann in nur einer halben Stunde mit ein paar Fehlern, indem er alte Daten verwendet oder die Kernbotschaft einer Telefonkonferenz verpasst, so große Summen verlieren, dass er mit ihr locker die Jahresgehälter von ein paar Analysten bestreiten könnte.

Da die Erträge aus dem Aktienhandel im ersten Quartal um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen sind und beträchtliche Investitionen in das Geschäft mit Aktienderivaten z.B. bei der Credit Suisse fließen, ist es keinesfalls ausgemachte Sache, dass die Nachfrage nach guten Aktienanalysten ebenso stark fällt, wie es die zuschreibbaren Erträge suggerieren.

Für alle, die bislang ihren Job behalten konnten, könnte sich MiFID II daher in Zukunft als gute Sache erweisen. Dadurch wurden viele der strukturellen Überkapazitäten der Branche abgebaut und die verbleibenden Kunden sind tatsächlich zum Zahlen bereit. Dabei lassen sich die direkten Erträge auch direkt den Analysten zuordnen, ohne dass damit auch ihr Beitrag an den Erträgen schwindet, wie sie vom Trading, dem Kapitalmarktgeschäft, dem Wealth Management, der Prime Brokerage und all den anderen Departments generiert werden.

Wenn Sie also wieder bei Konferenzen und Präsentationen die Geschichte von den fallenden Erträgen in der Aktienanalyse hören, dann sollten Sie darüber erst einmal nachdenken, bevor Sie sich einen Job in einer anderen Branche suchen. Denn erstens ist die Kostenbasis heute geringer und zweitens wurden die Handelskommissionen bislang immer mit dem Sales geteilt, was dort besonders zu spüren sein wird. Doch am wichtigsten ist, dass jeder kluge Analyst weiß, dass sein wichtigster Kunde immer das eigene Trading ist. Diese internen Kunden werden von den Pessimisten immer wieder vergessen.

Falls Sie also in der Aktienanalyse von JP Morgan arbeiten und sich gefährdet sehen, dann sollten Sie bedenken: So lange es eine Person gibt, die Ihr Urteil schätzt, und wenn diese auch noch Dan Pinto heißt, dann sind Sie auf der sicheren Seite.

Dan Davies ist Senior Research Advisor bei Frontline Analysts und hat früher als Bankenanalyst für Cazenove, Credit Suisse und BNP Paribas gearbeitet.


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