Es war unvermeidlich: Mit dem Erfolg des Fintech-Sektors wurde das „Fin“ sukzessiv wichtiger als das „Tech“. Denn trotz allem handelt es sich um eine regulierte Branche, wo schnelle Entwicklungen und sich überstürzende Ereignisse weniger den Weg zum Erfolg als zu großem rechtlichen Ärger weisen. Doch könnte 2018 als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem Fintech erwachsen und die Karriereperspektiven … deutlich langweiliger wurden?
Schauen Sie sich nur die Fintech-Erfolgsgeschichten aus den vergangenen vier Jahren an. Was früher einen Bruch darstellte, ist heute zum Mainstream geworden. So hat beispielsweise Zopa eine Banklizenz erhalten und bietet Sparkonten an, während es die Kredite in die eigene Bilanz nimmt. Während Transferwise früher das internationale Oligopol der Zahlungsabwicklung vehement kritisierte, ist es mittlerweile dem APACS Faster Payments Service in Großbritannien beigetreten. Revolut wiederum, wo die Mitarbeiter längere Arbeitszeiten als bei Banken haben sollen, besitzt mittlerweile zwei Millionen Nutzer und will gebührenfreie Trades anbieten.
Fintech waren früher Zufluchtsort für all diejenige, die der Welt der Großunternehmen entfliehen wollten. Doch diese Zeiten sind passé. Vielmehr mutieren Fintechs heute zu treuen Anhängern der Bankenverbände.
Welche Auswirkungen haben diese Entwicklungen auf die angebotenen Jobs? Wahrscheinlich wird die Branche größeren Wert auf eine stabilere Infrastruktur legen. Obgleich sich keines dieser Unternehmen von seiner Wachstumsstrategie verabschiedet, dürfte Wachstum nicht länger ihre einzige Priorität darstellen, was sowohl das Geschäft als die IT betrifft. Sie nähern sich dem Mainstream an und übernehmen unweigerlich Sprache und Geschäftspraktiken des Mainstreams. Das lässt sich schon an den Jobtiteln ablesen. Während Crowdfunder auf seiner Karriereseite noch immer nach einem „Marketing Genie“ sucht, will das etabliertere Crowdcube einen „Head of PR“ anheuern.
Das Eindringen der guten alten Finanzwelt in die Fintech-Karrieren geschieht nicht über Nacht. Der Sektor wird noch immer von kleinen Start-ups dominiert und das Blockchain-Phänomen hat sich ebenfalls noch nicht erledigt. Allerdings ist es bemerkenswert, dass die Personalvermittlung Hays die Top-Jobs jetzt in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Quantitative Analyse ausmacht, die „Kulturchampions“ (Recruiter und Personalabteilung) ebenfalls gesucht werden und einer der heißesten Jobs ein „Data Protection Officer“ ist.
Schon im vergangenen Jahr wurde berichtet, dass mittlerweile „Financial Reporting Manager“ in einem Fintech ähnlich schwer zu besetzen seien wie „Software Engineers“. Dies stellt die leicht abtörnende Wahrheit der Branche dar: Erfolgreiche Unternehmen wachsen und eben dadurch müssen sie gemanagt werden.
Das Verhältnis von „Rockstars“ und „Ninjas“ zum Compliance- und Finanzfachkräften kann sich nur in eine Richtung verlagern. Schließlich erfindet jede entstehende Branche den Middle Manager von neuem, auch wenn der Jobtitel nach „Web 2.0“ klingt. Die FinTech-Branche und ihre Karrierestruktur verlässt irgendwann den Sandkasten und geht an die Schule.
Dan Davies ist Senior Research Advisor bei Frontline Analysts und hat früher als Bankenanalyst für Cazenove, Credit Suisse und BNP Paribas gearbeitet.