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Die Naivität britischer Personaler: Wer noch bis zum Brexit Personal bekommen will, ist eigentlich schon zu spät dran

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Der Countdown läuft. Falls es nicht doch nur zu einer Übergangseinigung kommt, dann steigt Großbritannien am 29. März 2019 aus der EU aus und die Auslandsbanken müssen in der Lage sein, den Handel von in Euro notierten Wertpapieren von der Rest-EU aus zu stemmen. Angesichts des Zeitdrucks scheinen die meist zuständigen britischen Personalabteilungen die Ruhe weg zu haben. „Ich verstehe das überhaupt nicht. Eigentlich müssen viel mehr Suchaufträge im Markt sein“, meint etwa Headhunter Thore Behrens von Banking Consult in Frankfurt. Dabei scheint so mancher britischer Personaler nicht mit den deutschen – und übrigens auch französischen – Gepflogenheiten vertraut zu sein. „Viele verstehen einfach nicht, dass man hier nicht so einfach Personal findet“, sagt Behrens kopfschüttelnd.

Dazu macht der Headhunter eine einfache Rechnung auf: „Die meisten Banker in Frankfurt haben eine dreimonatige Kündigungsfrist zum Quartalsende.“ Wer also jetzt kündigt, kann frühestens zum 1. April eine der Brexitstellen antreten. „Es gibt zwar auch Banker, die nur eine einfache dreimonatige Kündigungsfrist haben, aber wenn wir eine solche Stelle bis Ende März besetzen sollten, dann müssten wir jetzt schon Gespräche führen.“

„Die Kunden aus England glauben, dass der Arbeitsmarkt in Frankfurt genauso wie in London funktioniert und müssen erst die Erfahrung machen, dass hier alles komplizierter ist, die Kündigungsfristen länger sind und die Wechselbereitschaft geringer ausfällt”, meint Headhunter Mike Boetticher von der match personalberatung in Frankfurt. „Die sagen: In einer Woche bin ich in Frankfurt, es wäre schön, wenn wir dann schon ein oder zwei Kandidaten treffen könnten. Da muss man schon sehr viel Glück haben, dass so etwas klappt.”

Falls er jetzt eine Suche nach einem Compliance-Experten starten sollte, würden sich die Gespräch bis mindestens in den Dezember hinziehen. Die Kündigung beim alten Arbeitgeber müsste dann vor Ende Dezember erfolgen, damit der Mitarbeiter mit der üblichen Kündigungsfrist von drei Monaten zum 1. April anfangen könnte. „Das ist schon sportlich”, kommentiert Boetticher.

Auch Headhunter Thomas von Ciriacy-Wantrup von Fricke Finance & Legal wundert sich, wie Londoner Banken sich die Verhältnisse in Deutschland vorstellen. „Der Rekrutierungsprozess in Frankfurt läuft völlig anders als in London ab“, resümiert von Ciriacy-Wantrup. „Wir haben schon an einem Call teilgenommen, zu dem eine Bank drei verschiedene Personalberater eingeladen hat. Das würde so in Deutschland niemals passieren.“ Dies verstoße einfach gegen die hier üblichen Vertraulichkeitsprinzipien. „In solchen Gesprächen werden ja auch sensible Punkte angesprochen“, betont der Headhunter. Außerdem werde dann derselbe Kandidat innerhalb von zwei Tagen von drei Personalberatern angegangen. „Dann fragt sich natürlich der Kandidat: Was läuft denn da falsch und lässt lieber die Finger davon“, kommentiert von Ciriacy-Wantrup.

Tatsächlich dürfte es schwerfallen, bis zum 29. März Experten aus den Bereichen Compliance, Regulierung und Risikomanagement zu finden. „Alle suchen die gleichen Profile mit der gleichen Erfahrung“, kommentiert von Ciriacy-Wantrup. „Und auch die Inlandsbanken suchen diese Profile. Gerade hat die BaFin angeordnet, dass die deutschen Banken ihre interne Revision ausbauen müssen.“

Dennoch hält es von Ciriacy-Wantrup für möglich, entsprechende Profile zum Stichtag zu besetzen. „Das ist schwierig, mühsam und kostet viel Arbeit“, kommentiert von Ciriacy-Wantrup. „Auch die Arbeitgeber müssen die Prozesse rasch durchführen und zu 100 Prozent auf den Kandidaten eingehen.“

Unterdessen hinterlasse die hohe Nachfrage Spuren im Markt. Einschlägige Experten können bisher unerhörte Vergütungsniveaus verlangen. Zuletzt sei jemand aus der Compliance-Beratung mit drei Jahren Berufserfahrung für 90.000 Euro plus Bonus eingestellt worden. „Das ist zwar weit jenseits der üblichen Spannbreite, aber der Vertrag wurde so unterzeichnet“, erzählt von Ciriacy-Wantrup. „Die Banken sind offenbar bereit, selbst solche Gehälter zu zahlen, nur um das erforderliche Personal zu bekommen.“


Falls Sie eine vertrauliche Nachricht, einen Aufreger oder einen Kommentar loswerden wollen, zögern Sie nicht! Schreiben Sie einfach an Florian Hamann. fhamann@efinancialcareers.com.

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