Mit dem Frauenanteil tun sich einige Branchen schwer. Erst kürzlich gestand Boston Consulting Deutschland-Chef Carsten Kratz, dass Frauen bei der Strategieberatung nur 35 Prozent der Neueinstellungen und 25 Prozent der Consultants ausmachen. In den höheren Hierarchiestufen falle der Frauenanteil noch dünner aus, u. a. weil sie gezielt von Personalberatern angegangen werden. „Viele unserer besten Frauen werden von Headhuntern angesprochen“, klagte Kratz gegenüber der FAZ.
Mit einem Frauenanteil von 25 Prozent kann sich die Consulting-Branche sogar noch glücklich schätzen. Im Investmentbanking scheinen die Kolleginnen noch rarer zu sein. „Die meisten M&A-Teams in Frankfurt bestehen aus 20 bis 40 Personen; darunter befinden sich jeweils vielleicht ein oder zwei Frauen“, schätzt ein etablierter Frankfurter Headhunter, der lieber anonym bleiben will.
Zwar stellten viele Investmentbanken verstärkt Absolventinnen ein, diese würden aber noch häufiger abspringen als ihre männlichen Kollegen. Ohnehin würden viele junge Investmentbanker nach ein paar Jahren Berufserfahrung zu Private Equity und Corporates gehen, weshalb in der Branche ein Juniormangel herrsche. „Frauen mit einem Studienabschluss und ein paar Jahren Berufserfahrung beginnen dann aber oft über eine Familiengründung nachzudenken“, erzählt der Headhunter. Dies würde den Frauenmangel auf höheren Karrierestufen weiter verschärfen, denn nach einer Babypause würden nur wenige Frauen ins Investmentbanking zurückkehren. „Das gibt es aber auch, ist aber die Ausnahme“, kommentiert der Headhunter.
Weniger Frauen wollen ins Investmentbanking und dann springen auch noch überproportional viele ab, da bleiben für die höheren Karrierelevel wenige Frauen übrig. „Bei einem Investment Bankingteam in Frankfurt gibt es vielleicht fünf bis zehn Managing Directors. Schauen sie einmal nach, wie viele Frauen darunter sind? Vielleicht eine“, erzählt der Headhunter.
Ähnlich wie in der Strategieberatung kommen dabei einige Investmentbanken auf die Idee, die traurige Frauenquote durch Abwerbungen bei der Konkurrenz ein wenig nach oben zu treiben. „Bei einem Suchauftrag lassen Kunden häufig durchblicken, dass sie gerne Frauen einstellen würden. Dann sagen sie etwa: ,Sie brauchen uns keine Kandidatenliste vorzulegen, auf der sich keine Frauen finden“, erzählt der Headhunter.
Die gezielte Suche nach Frauen sei sowohl für Arbeitgeber als auch Personalvermittler eine heikle Angelegenheit, weil nach dem Antidiskriminierungsgesetz eigentlich gar nicht ausschließlich Frauen gesucht werden dürften. „Wenn Sie mich direkt fragen, ob dies vorkommt, dann muss ich sagen: ja“, erzählt der Headhunter, der genau aus diesem Grund anonym bleiben möchte.
„Dass Kunden gezielt Frauen einstellen wollen, kommt immer häufiger vor“, berichtet auch Headhunter Thomas von Ciriacy-Wantrup von Fricke Finance & Legal in Frankfurt. „Ein offizielles Mandat gibt es dazu aber nicht. Die Kunden begnügen sich damit zu sagen, dass sie gerne eine Frau hätten.“ Dies sei übrigens nicht nur im Investmentbanking der Fall, sondern auch in anderen Branchen mit einem Überhang. „Ich hatte aber auch schon das Gegenteil. Da sagte ein Kunde: Wir haben hier schon so viele Frauen, da würde durchaus auch einmal ein Mann gut passen.“
Von Ciriacy-Wantrup sieht diese Entwicklung nicht nur vor dem Hintergrund des Antidiskriminierungsgesetzes für problematisch an. „Das läuft auf einen Zielkonflikt hinaus: Will ein Kunde den besten Mitarbeiter oder den mit dem richtigen Geschlecht?“
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