Wer bei einer Investmentbank einsteigt, muss mit reichlich Arbeit rechnen. Verstärkt wird dies durch die Unsitte, dass Associates, also Mitarbeiter mit drei bis sechs Jahren Berufserfahrung, die Analysten mit Arbeit überschütten – jene Mitarbeiter also, die weniger als drei Jahre Berufserfahrung mitbringen. Doch dies muss nicht sein. Eine Wissenschaftlergruppe aus Lyon hat herausgefunden, wie Analysten sich für ihre Associates weniger abrackern müssen.
Dazu haben die französischen Wissenschaftler der „Group of Analysis and Economic Theory“ ein offensichtlich unfaires Experiment mit einem Senior und einem Junior angestellt. Von den Teilnehmern des Experiments wurde verlangt, gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten. Der Senior-Mitarbeiter wurde entsprechend der Arbeitsleistung bezahlt, die er aus dem Junior-Mitarbeiter herausholen konnte. Dabei wurde eine Skala von 1 zu 10 zugrunde gelegt. Umgekehrt wurde dem Junior umso mehr Geld gezahlt, desto weniger er sich anstrengte. Dies führte zu folgenden Ergebnissen:
Der höher gestellte Mitarbeiter war in der Lage, die Arbeitsbelastung seines Untergebenen „vorzuschlagen“. Der Junior musste sich jedoch nicht daran halten und durfte sogar den Gehorsam verweigern. Allerdings durfte in diesem Fall der Senior die Vergütung des Juniors beschneiden.
Obgleich das Experiment offensichtlich zum Nachteil des Juniors angelegt wurde, haben die Seniors versucht ihre Macht zu nutzen, um den Junior-Kollegen auszunutzen“. Allerdings fiel das Ausmaß der Ausbeutung in den Einzelfällen unterschiedlich aus.
Der unten stehende Chart zeigt eine Reihe von Vorschlägen, die von dem Senior-Mitarbeiter unter unterschiedlichen Bedingungen vorgelegt wurden. Falls die Informationen symmetrisch (SYM) verteilt waren, beide also das Gleiche wussten, hat der Senior selten versucht, mehr aus dem Junior als den Anstrengungslevel 3 herauszuholen. Der Medien lag bei 4,66. Falls jedoch die Information asymmetrisch verteilt war, der Junior also die für ihn ungünstigen Spielregeln nicht kannte, versuchte der Senior deutlich höhere Leistungen aus ihm herauszupressen. Der Median lag dann bei 6,35.
Ebenso fielen auch die Sanktionen höher aus, die der Senior gegenüber seinem Junior aussprach, wenn dem Junior die Spielregeln nicht bewusst waren, wie aus folgendem Chart hervorgeht.
Aus den Ergebnissen schlossen die Forscher, dass ein gewisses Maß an Zwang und Ausnutzung in hierarchischen Strukturen unvermeidlich ist. Dennoch belegen die Ergebnisse auch, dass die Bereitschaft der Seniors zur Ausbeutung ihrer Untergebenen wächst, desto weniger diese über die Spielregeln wissen. Sobald sich die Juniors des üblen Spieles bewusst sind, halten die Seniors zumindest eine gewisses Maß an Fairness ein.
Doch was bedeutet dies alles für eine hierarchische Struktur in einer Investmentbank? Erstens: Wenn die Manager aus der harten Arbeit ihrer Untergebenen Kapital schlagen können, dann werden sie der Versuchung erliegen. Zweitens: Wenn sich die Junior-Mitarbeiter des abgekarteten Spieles bewusst sind, dann werden sich ihre Vorgesetzten zügeln. Analysten sollten sich also möglichst viele Informationen besorgen und diese Tatsache ihre Associates auch wissen lassen.