Noch vor einem Jahr hatten Banker mit griechischen Kunden alle Hände voll zu tun. „Es boomte“, erzählt ein griechischer Banker in London, der in M&A und Private Equity arbeitet. „Jetzt sind alle meine Kollegen, die in M&A arbeiten, in eine Depression gefallen.“
Gemessen am Handelsvolumen hat das griechische M&A-Geschäft in 2014 um 50 Prozent zugelegt. Dagegen scheinen heute viele griechische M&A-Teams, oder das, was davon übrig ist, ihre Däumchen zu drehen. „Die meisten Banken haben nur einen Managing Director und einen Associate, die für Griechenland zuständig sind“, berichtet der Banker. „Am Ende des Jahres wird es nur noch einen Managing Director geben, der Rest wird durch Branchenteams erledigt.“
In der Datenbank von eFinancialCareers finden sich rund 2300 Lebensläufe von griechischen Muttersprachlern, wovon 2200 auf Europa, den Mittleren Osten und Afrika entfallen, 850 davon allein auf London. In New York sind es lediglich 33.
„In der griechischen Mittelklasse gibt es eine lange Tradition, seine Kinder zur Ausbildung ins Ausland zu schicken“, erzählt der griechische M&A-Banker. „Viele davon haben entweder einen Bachelor- oder Master-Abschluss in London erworben.“
Dies wird auch durch die Werdegänge vieler griechischer Finanzprofis bekräftigt. So hat etwa Nicholas Exarchos, der das griechische und zypriotische Kapitalmarktgeschäft bei der Deutschen Bank leitet, am Imperial College in London studiert. Der führende M&A-Banker Stefanos Papapanagiotou, der im vergangenen Jahr von der Credit Suisse zur UBS wechselte, hat an der Warwick Business School und am Queen Mary and Westfield College in London studiert. Aristides Vourakis, der Investmentbanking-Chef für Griechenland bei JP Morgan ist, hat wiederum an der London School of Economics studiert. Linnos Lekkas von Citi bringt einen Master von der Uni Cambridge mit. Die Liste ließe sich fortsetzen.
Doch auch außerhalb der Investment Banking Division finden sich viele griechische Finanzprofis. Nach unseren eigenen Daten scheinen 25 Prozent der griechischen Finanzprofis in London in Sales, Trading und Research, 7 Prozent im Risikomanagement und 3 Prozent in Quant-Jobs beschäftigt zu sein. „Es gibt eine ganze Reihe von Griechen in Quant-Jobs“, erzählt Headhunter James Kennedy von NJF Search. „Es gibt einen massiven Brain Drain. Die besten und hellsten Leute starten in Griechenland und verlassen es dann, um ihren Master in London oder den Vereinigten Staaten zu machen.“
Zu den führenden Griechen im Handelssaal zählt etwa Athanasios Vamvakidis, der früher Abteilungsleiter beim Weltwährungsfonds war und heute das Devisengeschäft in Europa bei der Bank of America Merrill Lynch leitet. Er hat in Harvard promoviert. Dimitrios Nikolakopoulos leitet als Managing Director bei Goldman Sachs den Handel mit Aktienderivaten. Er hat einen Master an der London School of Economics erworben.
Auch an die Wall Street haben es Griechen geschafft. Dort arbeitet beispielsweise der ehemalige McKinsey-Partner Takis Georgakopoulos für JP Morgan. 2014 wurde er zum Chief of staff des Corporate and Investment Banking befördert. Obgleich Georgakopoulos eine Promotion der Technischen Universität Athen mitbringt, hat er anschließend noch einen Master in Mathe und Finance an der Columbia University erworben. Emmanuel Petrakis von der Investment Banking-Boutique Moelis & Co bringt wiederum einen MBA von der New York University Stern mit.
Laut dem griechischen Banker, mit dem wir gesprochen haben, planen die meisten hellenischen Finanzprofis keine Rückkehr in das Krisenland. „Ich lebe in Mayfair und arbeite in Mayfair“, erzählt er. „Die Meisten aus der internationalen Community der griechischen Finanzprofis haben die frühere griechische Regierung unter Samaras unterstützt“, ergänzt er. „Wenn die Deutschen wüssten, was sie tun, dann hätten sie im vergangenen Jahr einen Deal mit dieser pro-europäischen Regierung abgeschlossen.“