Wer sich als Student oder Absolvent bei einer Investmentbank bewirbt, muss sich auf einige Fragen gefasst machen. Viele davon lassen sich allerdings mit ähnlicher Sicherheit prognostizieren wie der Termin des Weihnachtsfests. Wir haben Personalberater nach den gängigen Fragen und den optimalen Antworten gefragt. Mit von der Partie waren der ehemalige Goldman Sachs-Banker Peter Harrison von Harrison-Careers und Marc Hatz sowie Karrierecoach Roy Cohen, der einen Überlebensratgeber für die Wall Street geschrieben hat.
1. Wie stellt man die Analyse einer fremdfinanzierten Übernahme an?
Marc Hatz:
„Hier die kurze Antwort: Die Eigenkapitalrendite wird auf der Basis des Eigenkapitals am Anfang und Ende der Investition berechnet. Um die Rendite zu berechnen, müssen Sie das kalkulierte Eigenkapital am Ende der Investition kennen. Das Eigenkapital am Anfang der Investition sollten Sie bereits wissen. Es handelt sich um das Geld, welches der Investor selbst aufwendet, um eine Unternehmen zu kaufen.
Das Eigenkapital am Ende – sagen wir mal in fünf Jahren – besteht einfach in dem Preis, der beim Verkauf des Unternehmens erzielt wird – sagen wir einmal das Zehnfache des Unternehmensgewinns vor Steuern und Abschreibungen, abzüglich der Nettoschulden. Der Gewinn vor Steuern und Abschreibungen ergibt sich aus Prognosen des Unternehmens. Die Nettoverschuldung des Unternehmens im Jahr fünf beläuft sich auf die Schulden abzüglich des Bargeldbestands im Jahr fünf. Die Verschuldung im Jahr fünf besteht aus den Schulden zu Beginn der Investition zuzüglich etwaiger Aufstockungen und abzüglich von Rückzahlungen während der Investitionsperiode, was sich aus Ihren Schuldenplanungen ergeben sollte. Dabei sollte ein Teil der Schulden durch den Cashflow abgezahlt worden sein, den das Unternehmen in dieser Zeit generierte.
Die Formel hierfür lautet: (Eigenkapitalwert des Investors am Anfang / Eigenkapitalwert des Investors am Ende)^(1/n)-1. Die Gesamtrendite lässt sich einfach errechnen: (Eigenkapital des Investors am Ende / Eigenkapital des Investors am Anfang.)
2. Erzählen Sie mir von den Griechen und wieso sie relevant sind
Peter Harrison:
„Die meisten Bewerber können Delta, Gamma, Theta etc. wiederkäuen. Aber weitaus weniger können auch Laien erklären, wieso sie so wichtig sind. Zu einer guten Antwort könnte gehören, worum es sich bei Gamma handelt: ‚Wir wissen, dass Delta wichtig ist, um unsere Absicherung richtig hinzubekommen. Aber wir müssen uns auch um Gamma kümmern, weil wir wissen müssen, wie schnell sich Delta verändert. Falls Gamma hoch ausfällt, dann mache ich mir Sorgen und weiß, dass ich meinen Hedge häufig anpassen muss.“ Ein solcher Kandidat zeigt mir, dass er das praktische Hedging einer Option verstanden hat. Weiter kann er es kurz und prägnant erläutern.“
3. Haben Sie noch irgendwelche Fragen?
Das kann schon reichlich verzwickt ausfallen. Wer keine Frage stellt, erntet peinliches Schweigen. Sie wollen aber auch nicht durch unangebrachten Fragen zur Bezahlung oder zu Sachverhalten auffallen, die sich leicht durch eine Google-Suche finden ließen, warnt Hatz.
Mark Hatz rät zu folgendem Vorgehen:
„Meine erste Frage dreht sich um das Geschäftsmodell Ihrer Boutique. Ich versuche zu verstehen, wieso in Zeiten der Rezession die Boutiquen im Investment Banking erfolgreicher als die Großbanken abschneiden. Liegt das einfach nur daran, dass das Geschäft von Morgan Stanley mit einem Marktanteil von 30 Prozent nachgibt, sobald die Märkte fallen, während dies Boutiquen mit einem Marktanteil von 2 Prozent nicht spüren?“
„Darf ich noch eine andere Frage stellen: Viele Investmentbanken drängen ins Asset Management, um einen Ausgleich für die Unvorhersagbarkeit großer Deals zu bekommen. Könnte die Eröffnung eines Asset Management-Geschäfts eine Zukunftsstrategie für Sie darstellen?“
„Ich habe Ihnen bereits viel über meine Motivation für das Praktikum erzählt. Ich würde auch gerne Ihre Auffassung hören: Welches stellen die drei wichtigsten Qualitäten eines Praktikanten bei Alpha Partners dar?“
„Und noch eine letzte Frage, soweit es die Zeit zulässt: Vergeben Sie am Ende eines Praktikums Übernahmeangebote?“
4. Erklären Sie eine Wandelanleihe
Peter Harrison:
„Die meisten Kandidaten wissen, dass es sich um eine Anleihe handelt, die in eine Aktie umgewandelt werden kann. Wir wollen mehr als das hören.“
„Eine gute Antwort könnte folgendermaßen lauten: Es handelt sich um eine Anleihe, bei der die Option zu einer Umwandlung in eine Aktie besteht. Wenn sie sich im Geld befindet, dann betrachte ich hauptsächlich ihren Wert als Aktie (was auch Parität genannt wird) und falls sie aus dem Geld ist, dann betrachte ich ihren Wert als Anleihe. Entsprechend schaue ich mir die Kreditwürdigkeit des Emittenten an, um die Bonität zu bewerten und den risikofreien Zinssatz, um den Anleihewert zu bestimmen.“
„Bei der Emission verfügen die meisten Wandelanleihen über einen beträchtlichen Wert – entweder als Anleihe oder als Aktie. Daher schaue ich mir sowohl den Anleihe- als auch den Aktienkurs an.“
„Beachten Sie, dass wir keinen Vortrag über Wandelanleihen hören wollen. Die Interviewer kennen sie und wollen lediglich prüfen, ob auch der Bewerber sie verstanden hat. Die Idee besteht darin kurz zu zeigen, dass Sie sie verstanden haben, um dann zum Test anderen Fachwissens überzugehen. Als Kandidat möchte ich möglichst viel Fachkenntnis demonstrieren und daher gebe ich kurze Antworten, wobei ich immer in der Lage bin, weitere Details zu erläutern, falls danach gefragt wird.“
5. Worin besteht Ihre größte Schwäche
Peter Harrison:
„Meines Erachtens gibt es nur wenige schwierige Kompetenzfragen. Bewerber vermasseln diese gelegentlich. Am besten man bleibt weitgehend bei der Wahrheit. Eine gute Antwort könnte lauten: ‚Hm, das ist schwierig. Lassen Sie mich nachdenken. Zunächst verfüge ich über weniger Fachwissen als Sie, daher werde ich versuchen so viel wie möglich in kurzer Zeit zu lernen, falls ich das Glück habe und ein Angebot erhalte. Ich kann schon ungeduldig sein und die Dinge schnell erledigen wollen. Manchmal muss ich mir selbst sagen, es etwas langsamer anzugehen. Und ich mag es nicht, wenn sich die Leute nicht in die Riemen legen, was an der Uni weit verbreitet ist.“
6. Wie verbringen Sie Ihre Zeit außerhalb der Arbeit?
Roy Cohen:
„Solche Fragen zielen einfach darauf, ob Sie und Ihre künftigen Kollegen hinsichtlich Persönlichkeit und Arbeitsstil zusammenpassen. Es gibt keine bessere Frage, um Ihr Temperament und Ihre Prioritäten herauszubekommen. Sie müssen sich die Wirkung von Antworten wie ‚Ich lasse es krachen‘ oder ‚Ich verbringe meine Zeit lieber allein‘ bewusst machen. Um diese Frage zu beantworten, müssen Sie zunächst die Kultur des Unternehmens und des Teams kennen, und sie dann in Hinsicht auf das Team bewerten. Manche Banken neigen zu harter Arbeit und harten Profilen, während andere wie Goldman Sachs Bewerber bevorzugen, die noch wissen, was sie die Nacht vorher unternommen haben.“
7. Wieso bewerben Sie sich bei uns?
Peter Harrison:
„Es macht überhaupt keinen Sinn, die Interviewer der Deutschen Bank überzeugen zu wollen, dass sie die beste Bank der Welt ist. Sie werden Ihnen nicht glauben. Am besten sagen Sie etwas wie: ‚Einem Außenseiter wie mir fällt es wirklich schwer einzuschätzen, welches die beste Bank ist. Ich weiß einiges über die Deutsche Bank. Ich habe drei Managing Directors getroffen (nennen Sie die Namen) und ich kenne zwei Analysten (nennen Sie die Namen). Ich weiß, dass die Ausbildung ausgezeichnet ausfällt. Ich weiß auch, dass die Deutsche Bank in den vergangenen zwei Jahren eine Reihe von Preisen gewonnen hat (nennen Sie sie). Aber mein Hauptargument lautet: Wenn Sie mir jetzt gleich den Job anbieten, dann werde ich ihn sofort annehmen und meine übrigen Vorstellungsgespräche absagen. Wenn ich bei der Deutschen Bank anfangen dürfte, würde einer meiner Träume wahr. Ich denke Sie wollen Leute, die tatsächlich hier arbeiten wollen. Niemand anderes als die Deutsche Bank stellt für mich die erste Wahl dar.“