Mit einer unbedachten Äußerung in einem Vorstellungsgespräch hat sich schon mancher Bewerber um seinen Traumjob gebracht. Nach dem wir bereits mit Personalprofis aus Deutschland über ihre schlechten Erfahrungen mit Kandidaten gesprochen haben, lassen wir jetzt Personalberater, Karrierecoaches und Ex-Banker vornehmlich aus London und New York zu Wort kommen. Ihre Anekdoten und Ratschläge ergänzen den ersten Artikel.
1. Erwähnen Sie niemals Work-Life-Balance
Auch wenn sich Banken zunehmend um jüngere Investmentbanker sorgen, die jede Woche 80 Stunden und mehr arbeiten (müssen), heißt dies noch lange nicht, dass sie ein großes Verständnis für Work-Life-Balance aufbringen. Fragen Sie also lieber nicht, ob Sie am Dienstag etwas früher gehen können, um an einem Yoga-Kurs teilzunehmen.
„Auch wenn es politisch unkorrekt ist: Ich möchte von niemanden hören, wie er über Work-Life-Balance spricht“, erzählt die Führungskraft einer M&A-Boutique. „Vielmehr suche ich Leute, die hungrig sind, die sich vollständig einsetzen. Ich suche niemanden, der seinen Job als Hobby betreibt.“
Wer nicht so lange arbeiten möchte, sollte sich also im Vorstellungsgespräch zurückhalten und sich später vor übermäßiger Arbeit drücken. Eine Untersuchung der Boston University kommt zu dem Ergebnis, dass Führungskräfte aus der Beratungsbranche genau diese Technik erfolgreich anwenden.
2. Hinterlassen Sie niemals den Eindruck mangelnden Ehrgeizes…
Wer sich um zu lange Arbeitszeiten sorgt, signalisiert darüber hinaus mangelnden Ehrgeiz. Doch laut Karriereberaterin Victoria Macpherson, die früher im Vertrieb der französischen Großbank BNP Paribas arbeitete, wollen die Banken Mitarbeiter mit eigenem Antrieb. „Die Banken wollen sehen, dass Sie ehrgeizig und energisch sind“, sagt Macpherson. „Wenn Sie das nicht herüberbringen, dann setzen Sie Ihren Preis herab.“
3. … oder übergroßer Risikobereitschaft
Seit der Finanzkrise reagieren die Banken gereizt auf alles, was Risiken in die Höhe treibt. Niemals sollten Sie daher beispielsweise als Trader Bereitschaft zeigen, Verluste durch das Eingehen höherer Risiken zu kompensieren. „Einige Leute haben so tatsächlich erfolgreich ihre Verluste ausgeglichen. Wenn Sie aber erzählen, wie Ihnen das gelungen ist, dann werden Sie lediglich als unverantwortlich wahrgenommen“, sagt der ehemalige Credit Suisse-Devisenhändler und heutige Trading-Coach Stephen Goldstein.
4. Sagen Sie nie, dass Sie lieber Unternehmer wären
Derzeit ist Fintech in aller Munde und viele junge Banker wollen auf den Trend aufspringen. Wo sonst lässt sich eine hippe Arbeitskultur mit schnellem Reichtum verbinden? Ein Berufseinstieg bei Banken und die anschließende Ausbildung mag geradezu ein Sprungbrett für eine solche Karriere darstellen. „Jeder will jetzt in einem Technologie-Unternehmen arbeiten“, berichtet Macpherson. „Falls Sie so etwas aber während eines Vorstellungsgesprächs sagen, dann erscheinen Sie nur als ein weiterer ruheloser junger Mensch und Angehöriger der Generation X, der nicht lange bleiben wird.“
Weiter handelt es sich auch nicht gerade um einen Vorteil, dass eine unternehmerische Einstellung oft mit einer Verachtung für Regeln oder übermäßiger Risikobereitschaft verbunden wird. Auf beides reagieren Banken heutzutage überaus gereizt.
5. Sagen Sie niemals, dass Sie „eigentlich“ im Front Office oder Private Equity arbeiten wollen
Wer im Back Office oder als Einsteiger in M&A anfängt, verbringt oft seinen ganzen Tag mit Excel-Tabellen oder Powerpoint-Präsentationen. Das mag langweilig sein, dennoch sollten Sie niemals den Eindruck erwecken, dass dies unter Ihrer Würde ist. „Wenn Sie Ehrgeiz zeigen, dann muss er mit dem Karriereweg dieses speziellen Jobs übereinstimmen“, warnt Macpherson.
6. Sagen Sie niemals, dass Sie keine Zeit hatten, um sich ausreichend auf das Gespräch vorzubereiten
„Geben Sie niemals zu, dass Sie nicht genug Zeit fanden, um sich gründlich auf das Unternehmen vorzubereiten“, betont ein Asset Management-Mitarbeiter aus New York. Wer seine Hausaufgaben nicht macht, hat meist ohnehin keine Chance. Ein Zinshändler wiederum warnt vor Übertreibungen oder der Dehnung der Wahrheit. Falls Sie also vorgeben, sich gründlich über das fragliche Unternehmen informiert zu haben und das (natürlich) herauskommt, dann haben Sie ganz schlechte Karten.
7. Sagen Sie niemals, dass Bürokratie Sie langweilt
Die Zeiten ändern sich. So hat der ehemalige Chef des Kapitalmarktgeschäfts von Standard Chartred Adam Tyrrell auf eine Controlling und Compliance-Stelle bei der Deutschen Bank gewechselt. Nichts dokumentiert besser, dass Kenntnisse über die aktuelle Regulierung mittlerweile wichtiger sind als ein Händchen für Kapitalmärkte.
Wenn Sie also in einem Vorstellungsgespräch fallen lassen, dass Sie die Regulierungswut der Politik stört, sammeln Sie keine Extrapunkte. „Sie dürfen nicht sagen, dass Sie all die neue Bürokratie nicht ausstehen können“, betont Macpherson. Auch wenn die meisten Führungskräfte hinter vorgehaltener Hand zugeben, dass Verwaltungsaufgaben bis zu 60 Prozent ihrer Arbeitszeit beanspruchen, will so etwas niemand in einem Vorstellungsgespräch hören.
8. Seien Sie auf der Hut
Bleiben Sie immer auf der Hut. „Einige Interviewer sind so gut geschult, dass sie Leute dazu bringen, sich zu entspannen und unprofessionell aufzutreten“, erzählt Macpherson. „Sie müssen sich bewusst sein, dass Sie sich immer noch in einem Vorstellungsgespräch befinden.“ Goldstein berichtet weiter von einem Trader, der erzählte, dass „er gelegentlich ein bisschen herumtrickse“. Das hat kein gutes Licht auf ihn geworfen.
Das Sprichwort zeigt wieder einmal seine Gültigkeit: Schweigen ist im Zweifelsfall tatsächlich Gold. „Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie etwas Unbedachtes sagen, dann lassen Sie es sein“, warnt der Blogger und M&A-Profi „The Epicurean Dealmaker“.