So manches Karriereende erweist sich als vorläufig. Nachdem vor keinem Jahr der damalige Filialvorstand der Deutschen Bank Rainer Neske im Streit über die Strategie dem Co-Vorsitzenden Anshu Jain unterlag, soll er jetzt zum Chef der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gekürt werden. Dies entbehrt nicht einer gewissen Ironie, da Jain zwischenzeitlich bei der Deutschen Bank selbst gegangen wurde. Wir haben die Lebensläufe von Neske und den Chefs der übrigen vier Landesbanken untersucht, um herauszufinden, was für eine Karriere bei den ganz speziellen Banken erforderlich ist: Johannes-Jörg Riegler (BayernLB), Herbert Hans Grüntker (Helaba), Gunter Dunkel (NordLB) und Constantin von Oesterreich (HSH Nordbank).
Studienfach: Mit BWL kann man nichts falsch machen
Wie nicht anders zu erwarten herrschen betriebswirtschaftliche Studiengänge vor. Lediglich Neske studierte Informatik (mit BWL) und Riegler Jura. Später erwarb der BayernLB-Chef auch noch eine Promotion in Rechtswissenschaften und einen MBA in London.
Dunkel von der NordLB studierte parallel Wirtschaftswissenschaften und Jura in Wien, wo er auch einen Doppelabschluss erlangte. Anschließend rundete er seine Ausbildung mit einer Promotion in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften ab. Die heute so beliebten Studienabschnitte oder Abschlüsse an angelsächsischen Unis haben abgesehen von Rieglers MBA Seltenheitswert.
Umgekehrt findet sich in Constantin von Oestereichs offiziellem Lebenslauf kein Studium, sondern lediglich eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Bank. Mit seinen 62 Jahren gehört von Oesterreich jedoch einer Generation an, in der das Studium noch nicht so verbreitet war wie heute.
Berufseinstieg: Möglichst bei einer Großbank
Um es bei einer Landesbank nach ganz oben zu schaffen, ist einschlägige Berufserfahrung im Banking Pflicht und das im wörtlichen Sinne. Denn nur in diesem Fall kann jemand die erforderliche Zulassung seitens der BaFin erhalten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Vorstandschefs der Landesbanken ihre Karriere auch bei Banken begannen. Riegler sammelte beispielsweise seine ersten Erfahrungen bei Rechtsanwaltskanzleien. Dunkel zog es nach zwei ersten Berufsjahren bei der GiroCredit in Wien für drei Jahre zu McKinsey, bevor er ins Banking zurückkehrte.
Erstaunlicherweise hat niemand von den Landesbankchefs seine Karriere auch bei einer Landesbank begonnen. Neske und von Oesterreich haben bei der Deutschen Bank angefangen, Riegler hat dort nach seiner kurzen Zeit bei Anwaltskanzleien für lange Jahre gearbeitet und Dunkel war über viele Jahre bei einer Vorgängerinstitution der HypoVereinsbank tätig. Offenbar scheint langjährige Berufserfahrung bei einer großen deutschen Bank ein entscheidendes Plus zu dazustellen, während Erfahrung bei internationalen Investmentbanken wenig gefragt ist.
Interne Besetzung: Keineswegs selbstverständlich
Anders als etwa der öffentlich-rechtliche Rundfunk stellen die Landesbanken keinen „closed shop“ dar. Dieser Umstand darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass interne Besetzungen durchaus verbreitet sind.
Bevor Dunkel 2008 zum Vorstandsvorsitzenden befördert wurde, saß er bereits über zehn Jahre im Vorstand der NordLB. 2007 amtierte er sogar als stellvertretender Vorstandschef, der ausgerechnet für das Schiffs- und Flugzeugfinanzierungsgeschäft verantwortlich war, mit dessen Altlasten die Bank noch heute zu kämpfen hat.
Ein weiteres Beispiel für eine interne Besetzung stellt HSH Nordbank-Chef Constantin von Oesterreich dar, der vor der Übernahme des Chefsessels in 2012 dort schon drei Jahre Risikovorstand war. Allerdings herrschte damals höchste Zeit, die Krisenbank in ruhigeres Fahrwasser zu steuern. Denn von Oesterreichs Vor-Vorgänger Dirk Jens Nonnenmacher war umstritten, was ihm den Spitznamen „Dr. No“ eintrug. Seinem direkten Vorgänger Paul Lerbinger wiederum attestierten Insider Lustlosigkeit.
Auch beim Helabachef Grüntker handelt es sich um eine interne Besetzung. So hatte der Banker seit 2007 die in Schieflage geratene Frankfurter Sparkasse saniert, die 2005 von der Helaba übernommen worden war.
Nicht zu viel Internationalität
Die Landesbanken versichern gerne, dass sie ihre deutsche Firmenkundschaft bei deren internationalem Geschäft begleiten. Dennoch scheint Auslandserfahrungen in den Chefetagen der Landesbanken nicht übermäßig vertreten zu sein. Immerhin hat BayernLB-Chef Riegler zu Beginn seiner Karriere für Rechtsanwaltskanzleien in den USA gearbeitet. Weiter soll es HSH-Nordbank-Chef von Oesterreich in seiner 30jährigen Tätigkeit bei der Deutschen Bank nach London und Singapur verschlagen haben.
Die umfangreichste internationale Erfahrung besitzt Dunkel, wobei wir seine österreichischen Stationen außer Acht lassen. Dunkel leitete von 1990 bis 1990 die New Yorker Niederlassung der damaligen Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank in New York.
Anders dagegen der designierte LBBW-Chef Neske. Ihm ist nach seinem Studienabschluss 1990 eine glänzende Karriere bei der Deutschen Bank gelungen, die ihn bis zum Head of Private & Business Clients führte. Dabei hat Neske auch das internationale Filialgeschäft verantwortet. Ein längerer Auslandsaufenthalt findet sich in seinem Lebenslauf jedoch nicht.
Landsmannschaftliche Herkunft ist von Vorteil
Die Landesbanken sind also kein Hort für internationale Karrieren. Der einzige Ausländer in der Riege der Landesbankchefs ist Dunkel von der NordLB – obgleich sein österreichischer Pass auch nicht gerade für Exotik steht. Überdies hat Dunkel das Licht der Welt in Waiblingen erblickt, was bekanntlich in Baden-Württemberg liegt.
Öfter schaffen es bei den Landesbanken hingegen Landeskinder ganz nach oben. So wurde Riegler von der BayernLB in Werneck geboren, was – selbstverständlich – in Bayern liegt. Kein Einzelfall: Auch der Name des HSHNorbank-Chefs Constantin von Oesterreich kann in die Irre führen; der Hanseate wurde in Hamburg geboren.
Ehrenämter als das gewisse Etwas
Als Chef einer öffentlichen Bank ziemen sich Ehrenämter besonders. Hier kann Dunkel von der NordLB punkten. Seit 2010 ist der Österreicher Honorarkonsul Großbritanniens in Hannover.