Gehören Sie auch zu den Finanzprofis, die gute Weine und edle Spirituosen schätzen? Dann sollten Sie wissen, dass einigen Gleichgesinnten die berufliche Neuerfindung bereits gelungen ist wie z.B. Eric Cordelle, dem Ex-Boss des Skandaltraders Jérôme Kerviel von der Société Générale. Cordelle betreibt mittlerweile eine Whisky-Destillerie in der Bretagne. Viele Investmentbanker dürften auch von einem Leben wie aus dem Film „Ein gutes Jahr“ träumen, in dem sich ein Fixed Income-Trader, Enkel eines südfranzösischen Vignerons, auf seine Wurzeln besinnt und aus dem Investment Banking aussteigt.
Doch kein Banker muss sich auf das ganz große Abenteuer einlassen. Vielmehr geht es auch bescheidener. Dies beweist eine Gruppe von Ex–Bankern von Rothschild und der UBS, „die viele Jahre im Investment Banking damit verbracht haben, Kunden aus der Wein- und Spirituosen-Branche bei M&A-Transaktionen zu beraten.“ Mittlerweile haben sie das Unternehmen Wine Bankers & Co gegründet.
Falls Sie das Risiko des Unternehmertums scheuen, können Sie beispielsweise auch zu einem Wein-Fonds wechseln, von denen es bereits eine ganze Reihe gibt. Nachdem die französische Fondsgesellschaft Financière d’Uzès bereits zwei Weinfonds erfolgreich auf dem Markt platziert hat, lanciert sie jetzt mit Uzès Grand Crus bereits ihren dritten Spezialfonds. „Damit bieten wir Investoren die Gelegenheit, ihr Portfolio zu diversifizieren und von der Dynamik der globalen Märkte für große Weine zu profitieren, die Symbole für die feine französische Lebensart darstellen“, sagt Uzès Gestion-Chef Jean-Marie Godet.
Der Markt für edle Weine ist bereits global
Wer sich jedoch als Experte für Wein-Investments neu erfinden möchte, muss schon einiges mitbringen. „Sammeln Sie einschlägige Erfahrungen, namentlich in der Wein- und Spirituosen-Branche: Berufserfahrungen im Geschäft mit Cognac oder Champagner stellen längst noch keine Erfolgsgarantie dar, weil sich einfach die Geschäftsmodelle zu sehr unterscheiden“, warnt jedoch Headhunter Luc Mallassagne von Vidal Associates, der sich auf die Weinbranche spezialisiert hat.
Für den Erfolg müssen Finanzprofis ein profundes Verständnis des 3,5 Mrd. Euro schweren Marktes für französische Edelweine aus den zurückliegenden 15 bis 20 Jahrgängen mitbringen. Weiter sind Kenntnisse zu italienischen, spanischen, amerikanischen und australischen Weinen erforderlich. Bislang entfallen allerdings noch etwa 70 Prozent des Marktes auf den Handel mit Bordeaux-Weinen.
Dank der großen Weinhäuser, der internationalen Weinhändler und einschlägiger Internetseiten handelt es sich um einen recht transparenten Markt. In London gibt es sogar seit 2000 eine eigene Börse für Weine, die Liv-Ex (London International Vintners Exchange). Die Börse vereinigt rund 440 Akteure aus 35 Ländern, die für 85 Prozent des internationalen Handelsvolumens stehen.
Von der Hochfinanz zum Wein
Doch zurück zu Uzès. Geschäftsführer Hugues Lapauw und Godet von dem Weinfonds sind überzeugt, dass sich ihre Vorlieben für Wein und Finanzen in einer Karriere verbinden lassen. Nach einem Finance-Studium und einem weiteren Abschluss in Önologie (Weinkunde) hat Lapauw acht Jahre im Risikomanagement von Finanzdienstleistern gearbeitet, bevor er seine Leidenschaft für Wein zum Beruf machte. Godet wiederum stammt aus einer alteingesessenen Familie aus Cognac. Nach einem Studium der Wirtschaftswissenschaften hat Godet bei BNP Paribas angefangen und 30 Jahre Berufserfahrung im Asset Management gesammelt.
Wer nicht das Glück hat, aus einer alten Winzerfamilie zu stammen, kann diesen Mangel durch ein Masterstudium der Önologie beheben, wie er von verschiedenen französischen Universitäten angeboten wird. „Wählen Sie den ,Mastère Specialisé en commerce international des vins et spiritueux’ der Wirtschaftshochschule Dijon. Damit erwerben Sie das erforderliche Wissen rund um die Produkte, die Marktteilnehmer und die Vermarktungsmethoden, um international zu arbeiten“, empfiehlt Joëlle Brouard, die dort das Programm verantwortet. Dies erlaube Ihnen darüber hinaus auch einschlägige Kontakte zu knüpfen.
Wein-Connaisseur zu sein, stellt einen Glanzpunkt in jedem Lebenslauf dar
„Wenn Sie Weinkurse besucht haben, sollten Sie dies unter Hobbies und Interessen in Ihrem Lebenslauf aufnehmen. Damit ziehen Sie die Aufmerksamkeit von Recruitern auf sich, die selbst eine Leidenschaft für Wein hegen“, erzählt ein Headhunter aus den Finanzdienstleistungen, der anonym bleiben möchte. Darüber hinaus gibt es für Weinliebhaber zahlreiche Veranstaltungen, die geradezu eine Goldgrube für neue Kontakte darstellen. So hat beispielsweise im vergangenen Sommer der Club junger Finanzprofis zu einer Weinverkostung in ein Pariser Weinlokal eingeladen.
Schließlich sollte jeder Finanzprofis wissen, dass eine gute Flasche Wein eines kleinen weniger bekannten Weinguts das optimale Geschenk oder Mitbringsel für beinahe jeden Banker darstellt. „Ich bringe normalerweise einige Burgunderflaschen mit, die ihren Namen auch verdienen, oder eine Flasche Spirituosen“, erzählt etwa ein Londoner Trader. Nur ein Beweis dafür, dass die Leidenschaft für Wein auch jenseits der französischen Grenzen geteilt wird.