Jobtitel entwickeln sich immer mehr zu einer Geheimsprache, die zumeist vage an Englisch erinnert. Bei einem Vice President der Deutschen Bank handelt es sich also mitnichten um den „Vizepräsidenten“ des Konzerns, wie kürzlich eine große deutsche Zeitung schrieb. Doch auch wer glaubt des Englischen mächtig zu sein und sich im Investment Banking auskennt, könnte falsch liegen. Denn immer häufiger weichen Banken von den traditionellen Bezeichnungen ab.
Die alten Titel: Analyst, Associate, Vice President (VP), Director und Managing Director (MD)
So lauteten die Investment Banking-Jobtitel in der guten alten Zeit, als die Dinge noch einfach waren. Damals sind die Uniabsolventen als Analysts eingestiegen und konnten mit etwas Glück die Karriereleiter bis zum MD hinaufklettern – ein Aufstieg, der in den meisten Fällen etwa 18 Jahre dauerte. Nach jeweils drei Jahren wurde man zum Associate und VP befördert. Der Aufstieg zum Director beanspruchte schon vier und mehr Jahre und der zum MD noch einige mehr – falls es gut lief. Doch diese Zeiten sind passé.
Die neuen Zwischen-Titel: Vom Senior Associate bis zum Executive Director
Angesichts des grassierenden Juniormangels haben Banken wie Goldman Sachs, Barclays, Citi und UBS ihre Analysten-Programme in den zurückliegenden Jahren verkürzt. Das klingt zunächst nicht schlecht, doch es gibt einen Haken: Headhunter berichten, dass die Associate-Programme gleichzeitig verlängert wurden. Nicht selten kommt es heute vor, dass man auf Associates in ihrem vierten oder sogar fünften Jahr trifft.
Die altgedienten Associates, die früher einmal längst zum VP befördert worden wären, werden heute mit neu erfundenen Jobtiteln beglückt. So gibt es beispielsweise bei JP Morgan in der IT-Abteilungen Senior Associates, die für die Bank bereits fast acht Jahre tätig sind, und im Front Office der Investment Banking Division Senior Associates mit vier Jahren Berufserfahrung. Umgekehrt finden sich bei Barclays Assistant Vice Presidents, die anderswo als Associates bezeichnet würden.
Weiter haben die US-Banken eine neue Karrierestufe zwischen Director und Managing Director eingezogen. Mitarbeiter auf dieser Stufe werden als Executive Director (ED) bezeichnet. Dieses Phänomen lässt sich indes schon seit einigen Jahren beobachten, hilft es doch den Banken, die Betroffenen nicht zum MD befördern zu müssen.
Während die Stufen der Karriereleiter bei den US-Banken jetzt Analyst, Associate, VP, Director, ED und MD lauten, halten ihre europäischen Konkurrenten wie Deutsche Bank und Credit Suisse an den alten Titeln fest.
Bei Goldman Sachs gibt es keine Directors
Aus der Riege der US-Banken schert ein Institut aus: Goldman Sachs. Bei den Goldmännern gibt es keine Directors, sondern lediglich VPs, EDs und MDs. Als Folge davon bleiben viele Investment Banker dort auf der Stufe des VP stecken. Die Karriereleiter lautet hier also Analyst, Associate, VP, ED und MD.
Die ausgefallenen Jobtitel der UBS
Die erstaunlichsten Jobtitel finden sich allerdings bei der UBS. Indem sich die Schweizer nicht an den Branchenjargon halten, stiften sie reichlich Verwirrung. So gibt es bei der UBS keine Associates, sondern Associate Directors. Auch VPs sind dort unbekannt. Die Karriereleiter bei der UBS lautet also Analyst, Associate Director, Director, ED und MD. Ein Associate Director gleicht also einem Associate in den meisten übrigen Investmentbanken. Ein ED heißt bei anderen Banken Director oder ED – je nach Seniorität. Immer noch nicht verwirrt? Dann sollten Sie weiterlesen.
Die Daumenregel
Ein aufs Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren spezialisierter Headhunter ist mittlerweile schon dazu übergegangen, die Investmentbanker einfach nach Zahl der Berufsjahre zu klassifizieren. „Am einfachsten sieht man es so: Bei einem VP handelt es sich um jemanden mit sechs bis zwölf Jahren Berufserfahrung, ein Director bringt zehn bis 20 Jahre Berufserfahrung mit und bei einem ED handelt es sich um einen besonders erfahrenen Director mit 13 oder mehr Jahren Berufserfahrung. Auf jedem Level gibt es aber Überschneidungen.“
Laut Headhunter Jack Spraggs von Circle Square in London können Investmentbanker mittlerweile auf jeder Karrierestufe vom Associate aufwärts stecken bleiben. „Es gibt kopflastige Teams mit Associates im fünften, VPs im siebten und Directors im achten Jahr und darüber hinaus.“
Anders bei BNP Paribas
Einen ganz eigenen Weg hat BNP Paribas gewählt. Dort wurden Investmentbankern einfach keine Jobtitel gegeben. „Bei BNP Paribas gibt es eine glückliche Welt der sozialistischen Gleichmacherei“, erzählt ein Headhunter augenzwinkernd.
Doch laut einem anderen Personalberater verhalten sich die Dinge hinter den Kulissen der französischen Großbank ein wenig anders. „Es gibt keine offiziellen Berufstitel, aber die Personalabteilung verleiht den Leuten komplizierte interne Titel, die über den Grad ihrer Verantwortung und ihre Bezahlung Auskunft geben. Die wären lieber bei den alten Beschreibungen geblieben als diesen Alptraum durchzumachen.“ BNP Paribas war bislang für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.