Vorstellungsgespräche stellen die entscheidende Hürde vor jedem neuen Job dar. Das hält viele Kandidaten nicht davon ab, sich mit peinlichen Fehlern um alle Chancen zu bringen. Wir haben Schweizer Headhunter nach ihren schlimmsten Erlebnissen gefragt und wie es Kandidaten besser machen:
1. Sein Handy nicht abzuschalten
„Ich hatte einmal einen Kandidaten im Gespräch bei mir, dessen Handy während des Interviews klingelte“, erzählt Headhunterin Karin Signer von Signer Beratungen in Zürich. „Seelenruhig nahm er das Gespräch an und quatschte mit seinem Kollegen, als ob es mich nicht gäbe. Solche Sachen kommen definitiv nicht besonders gut an.“ Keine Frage: Das Handy gehört in einem Vorstellungsgespräch abgeschaltet.
2. Sich zu Lasten des Vorgesetzten zu profilieren
Manche Fragen sind in Jobinterviews ähnlich vorhersagbar wie das Datum des Weihnachtsfests. Dazu zählt zweifellos der Klassiker: „Welches war Ihre größte Leistung?“ Doch auch hier gelang es schon so manchem Bewerber reichlich Minuspunkte zu sammeln. Headhunter Philipp Buis von Jauch Associates in Zürich berichtet von einem Fall aus der jüngsten Vergangenheit: „Der Kandidat hat erzählt, wie er trotz des Negativentscheids seines Vorgesetzten ein Projekt durchgeführt und dies zum Erfolg geführt hat“, sagt Buis. „Das zeugt nicht gerade von Loyalität. Man sollte niemals versuchen, sich auf Kosten anderer zu profilieren.“
3. Seinen Lebenslauf nicht zu kennen
Headhunterin Katharina Wein von Oliver James Associates Schweiz musste schon miterleben, wie Kandidaten Fragen zu ihrem eigenen Lebenslauf nicht beantworten konnten. Generell sei eine sorgfältige Vorbereitung Pflicht. Wein rät jedem Kandidaten:
– Sich gründlich über das Unternehmen zu informieren.
– Den eigenen Lebenslauf genau zu kennen.
– Den Lebenslauf mit dem Anforderungsprofil der fraglichen Stelle abzugleichen.
– Die klassischen Fragen zu antizipieren und Antworten vorzubereiten.
– Selbst Fragen an den Arbeitgeber parat zu haben.
– Und sein Auftreten vor dem Spiegel oder vor Freunden zu üben, was besonders für Präsentationen und Fallstudien gelte.
„Das hat sich bewährt. Wer sich auf diese Weise vorbereitet hat, wurde zu fast 100 Prozent genommen, sofern auch die fachliche Qualifikation stimmte“, beteuert Wein.
4. Falsch vorbereitet zu sein
Bei der Vorbereitung gilt oberste Sorgfaltspflicht. Dies belegt ein Vorfall, den Headhunter Joe McCarth erlebt hat, der bei Selby Jennigs in Zürich für die Rohstoffbranche zuständig ist. Direkt vor einem Vorstellungsgespräch hatte McCarth noch fünf Minuten Zeit, um sich mit seinem Kandidaten zu unterhalten. „Während dieser fünf Minuten befragte mich der Kandidat nach dem Kunden und seinem Geschäftsmodell. Der Kunde besaß einen ähnlichen Namen wie ein größeres Commodity Trading-House und der Kandidat hatte sich am Vortag über jenes Unternehmen informiert, da er dachte, dass er von diesem interviewt werden würde”, erzählt McCarth. „Glücklicherweise hatte ich noch die Zeit, ihm in fünf Minuten eine Schnelleinführung zu geben.”
5. Die Gefahr mit dem Name-Dropping
Name-Dropping zählt zu den altbekannten Tricks, um mit Branchenkenntnissen und seinem Netzwerk zu prahlen. Dabei lässt man einfach diverse Namen bekannter Branchengrößen fallen und hofft, dass dies bei den Gesprächspartnern Eindruck schindet.
Vor dieser Taktik warnt Buis nachdrücklich ab. Der Headhunter berichtet von einem Vorstellungsgespräch, als einer der Teilnehmer tatsächlich eine der genannten Personen gut kannte – und schon war das Unglück passiert. „Wenn sich herausstellt, dass der Kandidat den Kollegen gar nicht kennt, dann kommt das gar nicht gut an.“
6. Unpünktlichkeit ist eine Todsünde…
Eigentlich selbstverständlich, aber gerne falsch gemacht. „Es kommt immer wieder vor, dass Kandidaten zu spät sind oder am falschen Ort erscheinen“, erzählt Headhunter Benjamin Menai von Robert Walters in Zürich. „Erst vor kurzem hatten wir einen Fall, dass jemand kurz vor dem Gespräch anrief und sagte, dass er am falschen Ort sei.“ In Zeiten von Google-Maps und Smartphones werde so etwas nicht mehr toleriert. „Wenn jemand zu spät kommt, dann handelt es sich um einen ‚Deal breaker‘“, meint Menai. „Wir hatten einen erstklassigen Kandidaten. Er hat alles verloren, nur weil er zu spät gekommen ist.“
Auch über den Ort des Vorstellungsgesprächs sollte man sich eingehend informieren. „Ich habe einen Kandidaten mit allen erforderlichen Informationen versorgt, wo das Vorstellungsgespräch stattfinden sollte, wann und wer daran teilnehmen würde”, erzählt McCarth. „Trotzdem hat es der Kandidat niemals bis ins Vorstellungsgespräch geschafft, da er zum alten Büro des Arbeitgebers ging und die Verabredung verpasste. Ein Kandidat sollte darauf achten, dass alles in Ordnung ist, bevor er ein Interview besucht”, betont McCarth.
7. … und zu früh zu erscheinen ist störend
Signer berichtet von einem Fall, als eine Kandidatin eine halbe Stunde vor dem verabredeten Termin erschien. „Das geht nicht. In der Schweiz empfindet man es als Störung, wenn jemand erwartet, dass man sich Zeit für ihn nimmt“, warnt Signer. Optimalerweise würde man zwei bis drei Minuten zu früh kommen, nicht jedoch mehr als fünf Minuten.
8. Keine Uhr zu haben
„Wenn wir Kandidaten präsentieren, dann stellen wir sicher, dass sie den Job auch erledigen können“, sagt Menai. „Daher dreht sich alles um Kleinigkeiten. Ob Kandidat A, B oder C genommen wird, entscheiden im heutigen wettbewerbsintensiven Umfeld oftmals Details.“
Ein Beispiel hierfür: Ein Bewerber sollte bei einem Vorstellungsgespräch eine Armbanduhr tragen. „Es handelt sich nur um ein kleines Detail, aber es ist dennoch wichtig. Eine Uhr spricht für Pünktlichkeit und Verlässlichkeit des Kandidaten. Dabei ist es nebensächlich, ob es sich um eine billige oder teure Uhr handelt“, betont Menai. Ein Smartphone sei keine Alternative. „Die Schweizer sind einfach ein wenig konservativ.“
9. Die Sache mit dem Dress-Code
Ein weiterer Klassiker stellt unpassende Kleidung dar. „Ein Kandidat muss in Anzug, mit Krawatte und sauberer Rasur zum Vorstellungsgespräch erscheinen“, meint Menai. Ähnliches gelte natürlich auch für Frauen. Dennoch käme es immer wieder vor, dass Kandidaten in „Casual“ zu Gesprächen auftauchen. „Das ist nicht einmal bei einer Stelle in der IT oder im Back Office möglich“, warnt der Personalexperte. „Selbst wenn im Arbeitsalltag in Jeans gearbeitet wird, erwarten die Arbeitgeber, dass der Kandidat sich bei einem Vorstellungsgespräch auf professionelle Weise präsentiert.“ Kandidaten würden in Jobinterviews schließlich nicht nur auf Fachvorgesetzte, sondern auch auf HR-Mitarbeiter und Manager treffen.
„Wir hatten schon den Fall, da ist ein Kandidat in Motoradkluft zum Vorstellungsgespräch erschienen“, erzählt Wein. „Das Sonderbare daran: Der Kandidat hat den Job auch noch bekommen.“ Dennoch rät Wein dringend zu einem Businessoutfit.
„Es gibt in der Schweiz aber auch Arbeitgeber, die in einem Vorstellungsgespräch ‚Smart Casual‘ akzeptieren“, sagt Wein. Dies würde aber im Vorfeld abgeklärt. Ähnliches gelte auch für Vorstellungsgespräche in der Mittagspause. Falls ein Kandidat bei einem Unternehmen arbeitet, bei dem „Smart Casual“ üblich ist, dann könne das Erscheinen im Anzug verdächtig wirken.
Eine kuriose Geschichte hat Headhunter Elliott Milton von DSJ Global in Zürich erlebt, der vor allem Kandidaten aus Rechnungswesen und Finance vermittelt. „Einer meiner Kandidaten war bis in die letzte Interview-Runde bei einem großen internationalen Bekleidungsunternehmen gelangt.” Bis dahin hatte er in Telefoninterviews und in Online-Tests mit Fachkenntnisse brilliert. Die Ausgangsituation schien also denkbar gut. „Mein Kandidat erschien smart und gut vorbereitet auf die Fragen, die ihm bevorstanden. Doch der Kandidat trug ein Kleidungsstück von einer Konkurrenzmarke.” Im Feedbackgespräch kritisierte das Unternehmen dies gegenüber dem Headhunter, obgleich der Kandidat ansonsten überzeugt hatte. „Der erste Eindruck hat einen großen Einfluss auf die abschließende Bewertung”, betont Milton.
10. Eine defensive Körpersprache
Wein rät auf die Körpersprache zu achten. Arme oder Beine übereinander zu schlagen, wirke defensiv und unnatürlich. „Sicherlich handelt es sich dabei um kein Ausschlusskriterium. Aber es hinterlässt doch einen negativen Eindruck“, ergänzt Wein.
11. Vorzugeben, dass man Schweizerdeutsch versteht
Für manche Bewerber aus Deutschland stellt es eine gewaltige Herausforderung dar, wenn sie erstmals mit Schwyzerdütsch konfrontiert werden. Dennoch sollten Kandidaten niemals vorgeben, den Dialekt zu verstehen, wenn dies gar nicht der Fall ist. „Es ist einfach störend, wenn man feststellt, dass jemand nicht folgen kann“, sagt Signer. „Es ist vollkommen in Ordnung, wenn man bittet, dass Gespräch auf Hochdeutsch fortzusetzen. Wenn jemand erstmals in der Schweiz ist, erwartet niemand, dass er Schwyzerdütsch versteht“, ergänzt Signer. „Die Schweizer passen sich dann an.“