Jeder macht Fehler – keine Frage. Doch in Vorstellungsgesprächen kann eine falsche Antwort einen Bewerber schnell aus dem Rennen um den Traumjob werfen. Mit ein wenig Übung lassen sich jedoch die verbreitetsten und gröbsten Fehler vermeiden. Hier die neun Klassiker:
1. Sie können nicht die Klappe halten
„Reden Sie nicht zu viel und übertreiben Sie es nicht“, sagt Karriereberaterin Anne Crowley von Jay Gaynes and Company. „Wenn Ihnen eine Frage gestellt wird, dann sollten Sie nicht 10 bis 15 Minuten draufloserzählen. Dann will der Interviewer Sie nur noch loswerden.“
Auch Recruiter Richard Lipstein von Gilbert Tweed Associates hat ähnliche Erfahrungen am eigenen Leibe erlebt. Als er einen Kandidaten bei einem Wall Street-Unternehmen platzieren wollte, hat dieser einen 20minütigen Monolog gehalten. Schließlich führte der Interviewer einen Finger zum Mund und zischte „Bst – Ich möchte auch etwas sagen.“
2. Sie verpatzen die Frage nach den Schwächen
„Der größte Fehler besteht darin, dass die Leute nicht über die Frage nach ihren größten Schwächen nachdenken und aus dem Bauch heraus antworten: ‚Ich bin zu perfektionistisch‘ oder ‚Ich arbeite zu hart‘“, sagt Headhunter Peter Laughter von Wall Street Services. Vielmehr sollten Sie eine ehrliche Antwort geben, womit Sie zu kämpfen haben und wie Sie daran arbeiten.
„Ich weiß, dass die Menschen unvollkommen sind und daher bin ich daran interessiert, wie die Leute ihre Schwächen identifizieren, damit umgehen und sie kleinreden“, sagt Laughter.
Dennoch sollten Sie eine Schwäche wählen, die Sie bei Ihrer Arbeit nicht allzu sehr beeinträchtigt. Laut einem Recruiter von Robert Half hat ein Bewerber um eine Middleoffice-Position erzählt, dass er oft seine Geduld mit dem Management verliere und bekannt dafür sei, gegenüber seinem Vorgesetzten auszuflippen. Dies habe der Bewerber im Vorstellungsgespräch ausgerechnet der Person erzählt, an die er berichten sollte.
3. Sich schlampig zu kleiden
Jeder Recruiter kann hierzu zumindest eine Story zum Besten geben. Als ich selbst früher in meiner Karriere als Recruiter gearbeitet habe, erschien eine Kandidatin tatsächlich in einem Trikot der Boston Red Sox zum Vorstellungsgespräch. Dennoch erhielt sie den Job. Wenn das Vorstellungsgespräch nicht gerade in Massachusetts stattgefunden hätte, wäre das Ergebnis womöglich anders ausgefallen.
Ein weiterer Kandidat erschien laut dem Robert Half-Recruiter sogar in Schlappen zum Vorstellungsgespräch, ein anderer trug während der Weltmeisterschaft ein Fußball-Trikot. Sie sind hoffentlich klug genug, nicht in ähnlicher Kluft zu einem Vorstellungsgespräch zu gehen. Im Zweifelsfall sollten Sie lieber etwas overdressed erscheinen.
4. Sie sind unpünktlich
Es klingt offensichtlich, aber es geht nicht nur darum, zu spät zu kommen. „Sie sollten wissen, wie Sie zum Vorstellungsgespräch gelangen“, rät Crowley. „Manche großartige Kandidaten sind durch einen zu dichten Verkehr oder schlechte Verbindungen aus der Bahn geworfen wurden und haben anschließend im Vorstellungsgespräch keinen Fuß mehr auf den Boden bekommen.“ Zu einem Vorstellungsgespräch zu hetzen, kann viel Schaden anrichten.
Allerdings sollten Sie auch nicht allzu früh zu einem Vorstellungsgespräch erscheinen, betont Laughter. Eine halbe oder sogar eine ganze Stunde zu früh aufzutauchen, kann ebenso schlecht aufgenommen werden wie eine Verspätung. Dies bringt nicht nur den Terminplan des Hiring Managers durcheinander, sondern es zeigt auch, dass Sie sich nicht an Vorgaben halten. Im Optimalfall erscheinen Sie zehn Minuten vor dem Termin.
5. Sie bestellen das Falsche
Manche Meetings finden bei einem Frühstück oder Mittagessen statt. In diesem Fall sollten Sie etwas bestellen, dass sich leicht mit Messer und Gabel essen lässt. „Bestellten Sie niemals schwierige Gerichte während eines Interviews“, betont Lipstein. Der Headhunter berichtet von einer Bewerberin, die zu einem Frühstückstermin eingeladen war und Ei bestellte, das ihr in den Zähnen hängen blieb. Außerdem sollten Sie keinen Alkohol bestellen, sofern die Gesprächspartner nicht selbst dazu greifen.
6. Sie sind überheblich
Von zentraler Bedeutung bei einem Vorstellungsgespräch ist, dass Sie tatsächlich wissen, wer Ihnen da gegenübersitzt. Falls diese sich selbst als „Master of the Universe“ aufführen, müssen Sie ihnen nicht gleich nacheifern, sagt Karriereberater Roy Cohen, der auch „The Wall Streets Professionals Survival Guide“ verfasst hat.
7. Sie reden schlecht von Vorgesetztem
„Sprechen Sie nicht abfällig von ihrem Unternehmen, Ihrem Vorgesetzten und wem auch immer“, sagt Crowley. Selbst wenn Ihr aktuelles Arbeitsumfeld unerträglich ist und Sie daran keinerlei Mitschuld tragen, gewinnen Sie mit einer Kritik an Ihrem Arbeitgeber sicher keine Sympathiepunkte. Vielmehr werden die Gesprächspartner Sie für eine negative Persönlichkeit und einen Nörgler halten. Darüber hinaus können abfällige Äußerungen im schlimmsten Fall sogar Ihrem aktuellen Arbeitgeber zugetragen werden. In vielen Branchen kennt jeder jeden. Der Interviewer geht unbewusst davon aus, dass Sie hinter seinem Rücken ebenso abfällig reden.
8. Sie stellen die falschen Fragen
Die Fragen, die Sie in einem Vorstellungsgespräch stellen, sind oftmals genauso wichtig wie Ihre Antworten – manchmal sogar wichtiger. „Vor jedem Vorstellungsgespräch sollten Sie einige kluge Fragen vorbereiten“, rät Crowley. Erledigen Sie Ihre Hausaufgaben und informieren Sie sich über das Unternehmen und Ihre Gesprächspartner.
Stellen Sie Fragen nach den jüngsten Deals und nach den Entwicklungen in der Branche etc. „Banker lieben es, sich selbst reden zu hören“, stellt Headhunter Adam Zoia von Glocap in New York fest. Dagegen sollten Sie keine Fragen zu Bezahlung, Boni oder sonstigen Vergütungen stellen. Dies gilt zumindest für das erste Vorstellungsgespräch.
9. Sie interessieren sich für alles andere als Ihren Job
Wenn Sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, dann geht es darum, dass Sie Ihre Kompetenzen und Möglichkeiten präsentieren, die für den Job relevant sind. Während meiner Zeit als Recruiter habe ich verschiedene Arbeitgeber kennengelernt, die Kandidaten abgelehnt haben, weil diese zu großes Interesse an anderen Geschäftsbereichen oder Karrierewegen gezeigt haben.
Falls Sie sich also für eine Stelle auf der Sell-Side bewerben, dann sollten Sie nicht von Ihrem Interesse sprechen, auf die Buy-Side zu wechseln, rät Lipstein. „Halten Sie sich mit Ihrem Interesse für alle anderen Stellen zurück außer der, für die Sie zu dem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sind.“
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