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Manchmal trügt der schöne Schein: Wieso die Big 4 zur Karrierefalle werden können

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Der Jobmotor läuft bei den Big 4 heiß. Auch im kommenden Geschäftsjahr 2016/17 wollten PwC, EY, KPMG und Deloitte wieder kräftig anheuern. Allein EY plant in Deutschland, Österreich und der Schweiz etwa 2000 Absolventen und 750 Berufserfahrene einzustellen. Bei PwC in Deutschland sind es 1600 Absolventen und 400 Berufserfahrene – hinzu kommen noch rund 1000 Praktikanten. KPMG rechnet mit 1200 Hochschulabsolventen und 300 Professionals und Deloitte mit 900 Absolventen und 300 „advanced hires”. Dies summiert sich auf die stolze Zahl von 7450 Neueinstellungen, wovon allerdings die Einstellungen von EY in Österreich und der Schweiz abgezogen werden müssen.

„Die Big 4 sind im Campus-Recruitment sehr gut aufgestellt”, bestätigt Executive Search-Expertin Stefanie Storck von Capital Talents in Frankfurt. „Die Studenten bekommen vermittelt, dass ihnen mit dem Einstieg bei den Big 4 alle Wege offenstehen. Die Leute gehen von der Uni gerne dorthin: Man hat den großen Namen, reist viel und führt ein Leben, wie man es sich als Absolvent vorstellt”, ergänzt Storck.

Die Fluktuation ist relativ hoch

Doch für viele Big 4-Einsteiger folgt früher oder später die Ernüchterung. „Die Big 4 stellen auch deswegen so viele Leute ein, weil sie eine hohe Fluktuation aufweisen”, sagt Mike Boetticher von match personalberatung.

Die nackten Zahlen geben dem Recruiter Recht: Laut dem eigenen Geschäftsbericht hat EY in Deutschland in 2013/14 gut 1200 Mitarbeiter eingestellt. Die Beschäftigung erhöhte sich von 7738 auf 8043 Angestellte. Daraus errechnet sich eine Fluktuation von über 12 Prozent. Das ist immer noch weniger als ein Branchenkenner meint, der von einer Fluktuation von etwa 20 Prozent bei den Big 4 spricht. Denn viele Berufseinsteiger nähmen die gute Ausbildung bei den Big 4 mit und würden nach einigen Jahren zu Corporates abspringen.

Bezahlung und hohe Reisezeiten sind nicht immer attraktiv

Ein Grund für die Fluktuation mag in der vergleichsweise mageren Bezahlung liegen. „Die zahlen nicht so gut, wie man eigentlich denken sollte”, sagt Storck. „Die Big 4 beschäftigen auch deshalb so viele junge Leute, weil diese im Vergleich zu den erfahreneren Mitarbeitern einfach günstiger sind. Bei den höheren Hierarchiestufen bzw. im Management wird es hingegen schwieriger. Dort können Sie eigentlich nur hingelangen, wenn Sie eine Laufbahn als Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer ansteuern”, ergänzt Boetticher.

Ein Blick in den Geschäftsbericht von Deloitte bestätigt die Aussagen der Personalberater. So hat das Consultingunternehmen für jeden der 5346 Mitarbeiter im Geschäftsjahr 2013/14 eine Bruttovergütung (Gehalt plus Bonus) von knapp 77.200 Euro springen lassen. Bei EY sind es immerhin schon etwa 89.500 Euro. Das ist deutlich weniger als im Investment Banking, aber immer noch mehr als in vielen anderen Branchen.

Ein weiterer Grund mag in der Tatsache bestehen, dass die Beschäftigten eher selten im eigenen Büro arbeiten. „Viele Absolventen sind sich einfach nicht bewusst, was es heißt, jeden Tag beim Kunden zu arbeiten und aus dem Koffer zu leben”, ergänzt Boetticher. Die hohe Reisezeit sei auch ein Grund für die Fluktuation.

Bei den Big 4 gearbeitet zu haben, stellt keinen Karriereturbo dar

Ein Berufseinstieg über die Big 4 erweist sich keinesfalls immer als Karriereturbo. Laut Storck zögern viele Arbeitgeber, Kandidaten von den Big 4 anzuheuern. Denn gerade für kleinere Unternehmen und Boutiquen sei die Spezialisierung oftmals zu hoch. Die Leute von den Big 4 seien es oft nicht gewohnt, die Ärmel hochzukrempeln und Aufgaben zu erledigen, die außerhalb ihres Aufgabenbereiches liegen, oder für die sie eigentlich überqualifiziert sind. Doch genau dies sei bei kleineren Einheiten erforderlich.

Ganz ähnlich sieht dies Boetticher: „Die können nur zu Unternehmen wechseln, die eine vergleichbar große Spezialisierung haben.” So würden viele ehemalige Mitarbeiter der Big 4 auch im Controlling und Rechnungswesen von Großunternehmen oder aber bei einem anderen der Big 4 unterkommen.

Oft müssen Kandidaten von Big 4 einen Realitätsschock verkraften

Durch die hohen Einstellungszahlen können PwC, KPMG, Ernst & Young sowie Deloitte nicht nur Spitzennachwuchs direkt von der Uni einstellen. „Man muss nicht unbedingt ein Ass sein, um bei den Big 4 unterzukommen. Und viele Arbeitgeber wissen das auch”, beobachtet Boetticher.

Falls sich Kandidaten von den Big 4 anderswo bewerben, erlebt so mancher einen Realitätsschock. „Die haben einfach nicht damit gerechnet, dass sie nicht die Topangebote erhalten”, beobachtet Storck. Für viele Berufseinsteiger böten M&A-Boutiquen, kleinere Banken oder Private Equity-Firmen langfristig bessere Karriereperspektiven. Boetticher ergänzt: „Ein Einstieg über die Big 4 macht eigentlich nach wie vor nur für Leute Sinn, die Steuerberater und anschließend Wirtschaftsprüfer werden wollen.”



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