Viele Investment Banking-Analysten sind der Meinung, dass sie die längsten Arbeitszeiten haben. Doch seitdem die Banken versuchen Teile des Wochenendes freizuhalten und die Arbeit an den Verkaufsunterlagen, den sogenannten Pitchbooks zu begrenzen, haben sich die Dinge gewandelt. Welches sind also tatsächlich die derzeit stressreichsten Jobs im Banking?
1. MiFID-Consulting
Berater zur Einführung der EU-Richtlinie MiFID II sind derzeit besonders begehrt. Laut Headhunter Marcus Newman von Sheffield Haworth suchen derzeit viele Banken MiFID II-Experten, die die Einführung bei den Banken bis Anfang 2018 begleiten.
Den Zeitdruck bekommen MiFID-Berater in ihrer Arbeitsbelastung zu spüren. Viele Banken berichten von einem Rückstand bei den Vorbereitungen. Dieser Druck kommt ausgerechnet zu einer Zeit, in der die Banken besonders auf ihre Kosten achten. „Dabei handelt es sich um ein Großprojekt mit vielen unterschiedlichen Facetten, was die Banken zu hohen Investitionen zwingt“, erläutert ein MiFID II-Experte, der anonym bleiben möchte. Bei ständigem Kostendruck und Personalabbau werde es immer schwieriger, die Angelegenheit zu erledigen. Allerdings gibt es auch eine gute Nachricht: Da der Stichtag unaufhörlich naht, greift bei den Banken Panik um sich und die Beratungshonorare schießen in die Höhe. „Nach Marktgerüchten steigen die Tagessätze [in London] von 600 auf 1200 Pfund.“
2. Alle Sales-Jobs
Die meisten Leute wollen in den Finanzdienstleistungen im Sales arbeiten. Allerdings hat sich der Job in den zurückliegenden Jahren gründlich gewandelt. Da die Banken versuchen ihre Risiken zu senken und zunehmend auf wenige Kernkunden konzentrieren und den Rest nur noch über digitale Massenware versorgen, verfügen Sales-Profis nur noch über eingeschränkte Freiheiten. Heutzutage dreht sich in Sales Jobs alles nur noch um Kundenmanagement-Systeme und welche Folgen die einzelnen Geschäfte auf die risikogewichteten Aktiva der Bank haben. So mancher altgediente Vertriebsprofi kämpft damit, sich auf die neuen Realitäten einzustellen.
„Derzeit herrscht ein Kundendienstmantra“, sagt eine Sales-Person. „Das ist frustrierend.“ Als wenn das noch nicht genügen würde, wurde sein Team den Tradern unterstellt, die glauben jetzt den Ton angeben zu müssen. „Das ist schon komisch angesichts der Tatsache, dass sie keine Risiken wie in der Vergangenheit eingehen dürfen und die Computer die Risiken übernehmen“, meint er.
3. Model-Bewertungen
Die Bewertung von Modellen ist derzeit ebenfalls groß in Mode. Von London bis Polen stellen alle „model validators“ ein. Ähnlich wie die MiFID-Experten kämpfen „model validators“ gegen die Zeit. Denn der Basel-Ausschuss hat versprochen, die Bewertungsmodelle für die risikogewichteten Aktiva bis Jahresende fertigzustellen. Die Banken versuchen allzu strenge Auflagen abzuwehren und gleichzeitig ihre Häuser in Ordnung zu bringen. „Model validators“ müssen dabei schnell und akkurat arbeiten. Fehlverhalten kann teuer werden. Die Bank of America Merrill Lynch sah sich z.B. im vergangenen Jahr gezwungen, 100 Mio. Dollar auszugeben und die Ergebnisse ihres Stresstests ein zweites Mal einzureichen, nachdem die US-Zentralbank das Detailniveau der Risikomodelle der Bank beanstandet hatte.
4. IT-Contractors
Befristete IT-Mitarbeiter zählen zu den am wenigsten Geschätzten und am meisten überarbeiteten Personen in Banken. Nach der Strategie 2020 der Deutschen Bank sollen die Ausgaben für Vertragsmitarbeiter zugunsten von fest Beschäftigten zurückgefahren werden. Auch HSBC, Citi, Barclays, Credit Suisse und Morgan Stanley versuchen ihre IT-Contractors in diesem Jahr um wenigstens 5 Prozent zu verringern. Ein Contractor von Barclays berichtet sogar, dass seine Vergütungen achtmal verringert wurden. Die meisten Banken versuchen ihre überalterten Insellösungen durch Standardsoftware zu ersetzen, um so die Kosten zu senken. Als Folge davon sehen IT-Contractors ihre Arbeit geringgeschätzt und fühlen sich überarbeitet. Viele spielen mit dem Gedanken, die Branche zu verlassen.
5. Investment Banking Division
Nur weil die Verkaufspräsentation dünner ausfallen und junge Investmentbanker regelmäßig einen Tag am Wochenende frei bekommen, handelt es sich bei der Investment Banking Division (IBD) noch lange nicht um eine Ruhezone, sondern um ein schwieriges Geschäft. Nach einer Erhebung des Datenanbieters Dealogic ist die Zahl der Fusionen und Übernahmen sowie der Börsengänge in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika seit dem Jahresbeginn deutlich gesunken. Ein Associate berichtet, dass die Arbeit in der Buy-side M&A, bei der die Bank einen Käufer präsentiert, besonders stressreich ausfalle. „Sie wissen nie, ob Sie den Käufer mit dem höchsten Angebot bieten. Daher können alle ihre Anstrengungen nichts wert sein“, sagt der Associate.