Im Leben eines Investmentbankers stellt die Ernennung zum Associate die erste Beförderung überhaupt dar. Dabei werden Analysten heute immer häufiger bereits nach zwei Jahren befördert und nicht mehr nach drei Jahren wie in der Vergangenheit. In diesen Expressbeförderungen besteht ein wichtiges Instrument der Banken zur Mitarbeiterbindung.
Die erste Beförderung im Leben stellt jedoch eine besondere Herausforderung dar, die es zu bewältigen gilt. „Sie werden nicht automatisch als Associate behandelt. An diesem Punkt in Ihrer Karriere bekommen Sie erst einen Vorgeschmack auf das, was auf Sie zukommt und Sie müssen beweisen, dass Sie in der Lage sind, auch ohne ständige Kontrollen arbeiten zu können“, sagt Danyaal Shah, der als Vice President bei einer Investmentbank in London arbeitet.
Wir haben mit aktuellen und ehemaligen Investmentbankern gesprochen, was frisch ernannte Associates regelmäßig falsch machen und wie es besser geht. Konkret:
1. Zu erwarten, dass sich alles sofort ändert
Nach zwei oder drei Berufsjahren belegen die neuen Associates endlich nicht länger die unterste Stufe der Nahrungskette. Für diesen Erfolg war harte Arbeit erforderlich und die Lernkurve ist steil ausgefallen. Doch die Beförderung bedeutet nicht, dass die alten Aufgaben und Pflichten plötzlich obsolet sind, warnt der ehemalige Investmentbanker Mark Franczyk, der zehn Jahre lang in Equity Capital Markets von JP Morgan gearbeitet und sich beruflich als Konditor neu erfunden hat.
„Erwarten Sie nicht, dass sich alles über Nacht ändert. Ich würde es jedenfalls nicht erwarten. Ein frischer ernannter Associate muss immer noch viel ,Analysten-Arbeit‘ erledigen, wahrscheinlich über einige Monate. Falls Sie sich benehmen, als wenn das unter Ihrer Würde wäre, dann werden Sie scheitern. Ganz gleich welchen Hierarchiestufe Sie erreichen. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, Sachen erledigt zu bekommen“, betont Franczyk.
2. Zu übersehen, dass die Verantwortung steigt
Den Analysten wird so mancher Fehler verziehen. Schließlich zählt es im Investment Banking zu den Pflichten eines Associates die Arbeit der Analysten zu korrigieren, bevor sie auf dem Tisch des Managing Directors landet. Vielleicht konnte sich also ein Analyst durch die anfänglichen Fortbildungen und die ersten Jahre hindurchmogeln, doch als Associate lassen sich etwaige Kompetenzmängel kaum noch verschleiern.
„Der größte Unterschied besteht darin, dass Sie plötzlich für alles selbst verantwortlich sind“, betont Shah. „Wenn Sie zum Associate befördert wurden, dann sollten sie bereits ein Experte in Ihrem jeweiligen Geschäftsbereich oder Sektor sein. Ihnen sollten keine Fehler unterlaufen. Die Managing Directors vergeben Analysten, nicht aber Associates.“
„Als Analysten beschäftigen Sie sich vornehmlich mit Analysen – dem endlosen Durchwühlen von Daten. Oft haben Sie keine Ahnung, wofür Ihre Analysen benötigt werden. Selbst wenn Sie es wollten, kann es schwer fallen, den Überblick zu gewinnen“, ergänzt Franczyk.
3. Zu viel Zeit als Feuerwehr und zu wenig für die Planung aufzuwenden
Analysten erhalten von den Associates einen kontinuierlichen Strom von Aufgaben, die innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens akkurat abgearbeitet werden müssen. Als Associate müssen Sie nicht nur wissen, was delegiert werden sollte, sondern Sie müssen sich auch Zeit reservieren, um Ihre zusätzlichen Aufgaben zu planen. Plötzlich nimmt die Zahl der internen und externen Meetings zu.
„Zunächst kann dies sehr belastend ausfallen“, sagt Shah. „Wenn Sie zu den Leuten zählen, die in Meetings nicht zuhören, die Ergebnisse nicht abarbeiten oder die zentralen Punkte nicht verstehen, dann werden Sie Probleme bekommen. Und noch mehr: Wenn Sie mit Kunden ausgehen, dann müssen Sie in der Lage sein, über alle aufkommenden Themen zu sprechen. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass diese Last allein auf Ihren Schultern liegt, dennoch repräsentieren Sie eine Investmentbank und die Kunden erwarten von deren Projektmitarbeitern, dass sie in ihrem Bereich Experten sind.“ Der Trick besteht darin, so Shah, dass Sie genügend Arbeit delegieren, um die Zeit fürs Planen zu gewinnen.
4. Den Überblick zu verlieren
Mit einem Analysten kann man kaum fünf Minuten sprechen, ohne etwas über seine steile Lernkurve zu erfahren. Die ersten drei Jahre im Beruf könnten schon brutal ausfallen, dennoch bricht die Lernkurve mit der Beförderung zum Associate nicht einfach ab, erläutert Shah.
„Abgesehen von den zunehmenden Verantwortlichkeiten besteht der Hauptvorteil eines Analysten gegenüber über einem Analysten darin, dass Sie in der Lage sind, einige der gewöhnlichen und sich wiederholenden Aufgaben zu delegieren“, sagt Shah. „Beim Aufstieg zum Associate ist entscheidend, dass Sie Probleme selbst lösen und sie richtig verstehen.“
„Zwar sind Sie immer noch Jahre von einer Führungsaufgabe entfernt, dennoch lautet Ihre Hauptfrage nicht länger ‚Was machen wir‘, sondern ‚Wieso machen wir das‘?“, sagt Franczyk. „Ein guter Analyst kann erfolgreich sein, wenn er ein funktionierendes Modell entwickelt. Dagegen muss ein Associate verstehen, was es letztlich bringt.“
5. Wie ein Associate und nicht wie ein Vice President zu denken
Analysten in ihrem dritten Jahr erledigen regelmäßig bereits die Arbeit von Associates, wie der Personalchef einer großen US-Investmentbank betont. Ebenso sollten Associates versuchen, bereits frühzeitig die Arbeit eines Vice Presidents zu bewältigen.
„Der große Unterschied eines Associates zu einem Analysten besteht darin, dass Sie sich jetzt auch offiziell auf der Rolltreppe nach oben befinden und sich so benehmen müssen, als wollten Sie auf den nächsten Level gelangen“, erläutert Kevin Rodgers, der früher das Devisengeschäft der Deutschen Bank leitete und heute als Autor und Marktkommentator arbeitet.
„Der größte Fehler besteht darin, dass die Angestellten erwarten, dass sich Beförderungen einfach im Verlauf der Zeit einstellen. So funktioniert das aber nicht“, warnt er. „Als Vice President müssen Sie daran arbeiten, ein Vice President zu werden und sich entsprechend benehmen. Ebenso müssen Sie sich als Vice President bereits wie ein Director verhalten usf. Sich zurückzulehnen und einfach nur seine Aufgaben abzuarbeiten, stellt den direkten Weg dar, übersehen zu werden.“
““