Kennen Sie das auch: Sie bewerben sich für einen Job in den Finanzdienstleistungen ein, zwei, drei, hundert oder sogar tausend Mal – und es passiert nichts. Sollten Sie in einer solchen Situation aufgeben? Keinesfalls!
Ich habe beinahe 18 Jahre in der Branche verbracht, wobei ich einige gute und viele schlechte Jahre miterlebt habe. Daher empfehle ich Ihnen, nicht aufzugeben, auch wenn die Absagen nur so über Sie hereinprasseln. Allerdings sollten Sie Ihre Vorgehensweise ändern.
Doch wieso sollten Sie weitermachen? Weil Finance die Zukunft gehört. Finanzdienstleistungen unterliegen einem stetigen Wandel. Daher ist der heute Goldman-Chef Lloyd Blankfein von einer Rechtsanwaltskanzlei zu J. Aron gewechselt. Er war es einfach müde, zehn Jahre alte Präzedenzfälle zu studieren; vielmehr wollte er an Angelegenheiten mitarbeiten, die am nächsten Tag auf der Titelseite des Wall Street Journals erscheinen. Die Finanzdienstleistungen zählen zu den wenigen Branchen, wo die Mitarbeiter heute an den Nachrichten von Morgen mitarbeiten.
Doch die Finanzdienstleistungen verdienen auch gutes Geld. Anders als uns IT-Nerds weißmachen wollen, sind die Finanzdienstleister auch weiterhin innovativ und verändern sich rasant. Und schließlich brauchen die IT-Leute uns Banker immer noch, um ihre Projekte zu finanzieren.
In den Finanzdienstleistungen gibt es viel Intelligenz. Die Beschäftigen sind schlau. Der durchschnittliche Intelligenzquotient fällt vermutlich höher als in jeder anderen Branche aus.
Noch immer sind die Finanzdienstleistungen sehr groß. Banken beschäftigen zehntausende an Mitarbeitern und generieren Milliardenerträge. Wussten Sie, dass die größte Branche des Russell 2000 Indexes mit einem Anteil von 20 Prozent in den Finanzdienstleistungen besteht? Die zweitgrößte Branche stellt die IT mit 17 Prozent dar. Größe bedeutet auch mehr Chancen, Flexibilität und Stabilität. Und die Finanzdienstleistungen finden sich überall. Geld durchdringt alles. Jedes Land benötigt Banken und Asset Management-Dienstleistungen. Wirtschaft ohne Finanzdienstleistungen ist schlechterdings undenkbar.
Dabei spreche ich nicht einmal von den Verdienstmöglichkeiten. Sie wollen nicht allein wegen des Geldes in den Finanzdienstleistungen arbeiten. Und Sie sollten sich nicht durch negative Schlagzeilen oder ablehnende E-Mail entmutigen lassen.
Stattdessen sollten Sie das Spiel ändern. Was Sie benötigen, ist eine System.
Sie sollten sich niemals zufällig auf Jobs bewerben. Das bringt Sie nirgendwohin. Wieso wollen Sie mit zehntausenden anderen konkurrieren? Wenn Sie an einem Lauf mit 10.000 anderen teilnehmen, erwarten Sie ja auch nicht, unter die besten 50 zu gelangen. Aber genau das passiert, wenn Sie sich auf jeden Job bewerben, den Sie im Internet aufstöbern.
Anstatt auf einen Zufallstreffer zu setzen, sollten Sie systematisch vorgehen. Regelmäßige Absagen sprechen zwar dafür, dass Sie etwas falsch machen, sie bedeuten jedoch nicht notwendigerweise, dass Sie ein schlechter Kandidat sind. Dieses System sollte wie folgt ausschauen:
1. Analysieren Sie die Branche. Verstehen Sie die einzelnen Akteure und die Menschen. Was läuft gerade in der Branche und welche Kräfte wirken hier? Worin bestehen die Ursachen für den Wandel? Welche Kompetenzen und welches Knowhow sind gefragt? Finden sich diese in Ihrem Lebenslauf wieder?
2. Arbeiten Sie an Ihren Kompetenzen. Trainieren Sie öffentliches Sprechen, Überzeugungstechniken, einfache Modellierung und geschäftliches Schreiben. All dies hilft Ihnen im Berufsleben weiter und wird erstaunlicherweise an kaum einer Hochschule unterrichtet. Wenn Sie diese grundlegenden Kompetenzen beherrschen, dann kommen Sie in jedem Job zurecht.
3. Arbeiten Sie an Ihrem Netzwerk. Falls Sie jemand mit 10.000 Lebensläufen bombardiert, mal ehrlich, würden Sie die alle durchgehen oder sich nach Abkürzungen umschauen? Eine dieser Abkürzungen besteht darin, sich erst einmal unter seinen Bekannten und in seinem Netzwerk umzuschauen. Die Leute stellen Mitarbeiter ein, die sie kennen und denen sie vertrauen. Wen also kennen Sie und wem vertrauen Sie?
4. Sammeln Sie Berufserfahrung. Am Beginn einer Karriere stellt jede Erfahrung eine gute Erfahrung dar. Doch je differenzierter sie ausfällt, umso besser. Es gibt tausende von jungen Leuten, die Unis wie Oxford oder Cambridge besucht haben. Aber es gibt wenige, die in China studiert haben und dort auch noch Berufserfahrung gesammelt haben. Aber dies sind die Personen, die aus der Masse hervorstechen. Am Anfang der Karriere geht es darum, möglichst viel Lärm zu verursachen. Und es herrscht viel Lärm.
5. Jagen Sie nicht allem hinterher. Viele Leute jagen einfach zu vielen Zielen hinterher. Darin besteht ein häufiger Fehler. Sie bewerben sich auf Jobs bei Banken, Analysehäusern, Hedgefonds und Beratungen. Und das alles mit dem gleichen Lebenslauf und den gleichen Geschichten im Vorstellungsgespräch. Doch damit sind Sie lediglich ein austauschbarer Kandidat. Vielmehr sollten Sie sich auf ein Gebiet konzentrieren, in dem Sie wirklich stark sind.
Hören Sie also auf, sich überall zu bewerben, und beginnen Sie endlich, aus der Masse hervorzustechen.
Viel Glück bei der Jobsuche im neuen Jahr!
Der Autor arbeitete als Managing Director bei Goldman Sachs und bloggt auf „What I Learned on Wall Street“ (WilowWallStreet.com).
““