Für viele handelt es sich um den schwierigsten Teil der Jobsuche: die Gehaltsverhandlungen. Über Gehälter zu reden ist zwar an sich gut, denn damit nähern Sie sich dem neuen Job. Falls Sie dabei aber zu aggressiv oder zu zurückhaltend auftreten, dann kann das Ihnen das Jobangebot kosten. Entweder verkaufen Sie sich zu billig oder schlimmer noch, Sie überziehen und verschrecken Ihr Gegenüber.
Auch wenn es zugegebenermaßen keine perfekte Strategie für Gehaltsverhandlungen gibt, so gibt es besonders im Investmentbanking einige Dinge, die man tun und einige, die man unterlassen sollte.
Sitte: Machen sie ihre Hausaufgaben
Seinen Marktwert zu kennen, ist heute so einfach, wie niemals zuvor. Webseiten wie Salary.com oder Glassdoor.com können erste Hinweise geben. Noch besser ist es, mit jemanden im Unternehmen zu reden, um etwas über die Gehaltsstrukturen, Bonuspläne und vielleicht sogar – als Wichtigstes – über den Spielraum des Unternehmens bei Gehaltsverhandlungen zu erfahren, meint Karrierecoach und Autor von „The Wall Street Professional’s Guide“ Roy Cohen. Zapfen Sie Ihr Netzwerk an, benutzen LinkedIn, Xing oder andere Services. Finden Sie jemanden, mit dem Sie inoffiziell reden können. Denn Hintergrundwissen stellt einen unschätzbaren Vorteil bei Gehaltsverhandlungen dar.
„Verschaffen Sie sich eine Idee davon, was der Job ihnen aufbürdet”, rät Cohen. Wissen Sie möglichst viel über das Unternehmen. „Goldman Sachs wird Sie beispielsweise wegschicken“, wenn Sie zu viel verhandeln, meint Cohen. „Man ist dort für Verhandlungen nicht so offen.“
Unsitte: Bei erster Gelegenheit über das Gehalt zu reden
Wenn Sie in einem frühen Stadium der Verhandlung das Thema Gehalt auf den Tisch legen, dann haben Sie Ihre Karten bereits offengelegt, sagt Karrierecoach Hallie Crawford aus Atlanta. Während Geld bei jeder Jobsuche ein motivierender Faktor darstellt, möchte kein Manager, dass es der motivierende Faktor schlechthin ist. Lassen Sie die Geldfrage hinten anstehen, bis das Unternehmen deutliches Interesse an Ihnen signalisiert. „Ansonsten denkt man: Sobald eine andere Firma mit einem höheren Gehalt um die Ecke kommt, ist der weg“, meint Cohen.
Sitte: Sprechen Sie von Gehaltspannen
Falls Sie jemand nach Ihren Gehaltsvorstellungen fragt, dann sollten Sie lieber Gehaltspannen als eine konkrete Zahl angeben. Dies verleiht Ihnen etwas Spielraum und gibt dem Unternehmen den Anreiz, Ihre Mindestvorstellungen zu übertreffen. Wenn Sie eine genaue Zahl nennen, wird das Unternehmen Ihrem Gehaltswunsch bestenfalls entsprechen.
Unsitte: Überreaktion
Falls das Angebot des Arbeitgebers unter Ihren Erwartungen liegt, dann sollten Sie nicht das Gespräch abbrechen, sagt Crawford. „Wenn sie Ihnen die Gründe hierfür nennen, gibt es eine Chance, dass sie ihr Angebot aufbessern, eine kleine zwar, aber man weiß ja nie“, ergänzt die Expertin. „Machen Sie weiter und versuchen Sie mehr für sich herauszuhandeln.“
Sitte: Seien Sie zu Ihrem Gegenüber ehrlich
Wenn Sie mit einem Personalvermittler zu tun haben, dann lassen Sie ihn Ihre Gehaltsanforderung vorab wissen, sagt Cohen. Erstens weil sie das sowieso von Ihnen wissen wollen und weil sie sich zweitens bei Geldfragen nicht so leicht wie Hiring Manager verärgern lassen. Personalvermittler wollen die vakante Position besetzen und können oft schon am Anfang mehr Transparenz bieten, da sie ihre eigene Zeit auch nicht verschwenden möchten.
Unsitte: Das Gehalt überzubewerten
Es ist zwar ein schwer anzunehmender Rat, beim Gehalt Einbußen hinzunehmen. Wenn Sie es sich jedoch leisten können, die bittere Pille zu schlucken und ein Licht am Ende des Tunnels sehen, kann es insbesondere bei einem Branchenwechsel sinnvoll sein, Einbußen hinzunehmen. „Einige werden einen Schritt zurück machen und einen geringer bezahlten Job annehmen, um die Branche wechseln zu können und das ist es ihnen wert, um einen Fuß in die Tür zu bekommen,“ sagt Crawford. „So kann es sich je nach Ihrer Situation und Ihren langfristigen Zielen um einen strategischen Schachzug handeln, einen schlechter bezahlten Job anzunehmen.“
Sitte: Bringen sie wieder und wieder Ihre Wertschätzung an
„Beginnen Sie stets mit Dankbarkeit”, rät Cohen. Beantworten Sie jede Frage, die das Gehalt betrifft, zunächst damit, wie sehr Sie an dem Job und dem Unternehmen interessiert sind. Geben Sie Ihrem Gegenüber einen Punkt, an den er anknüpfen kann.
„Eines der größten Probleme, die ich sehe, sind Bewerber, die über Gehalt sprechen, ohne das in eine Beziehung zum Unternehmen zu setzen“, sagt die Chefin der Talentschmiede bei der BNP Paribas Sharon Ryback. „Man kann sagen: ‚Ich bin sehr am Unternehmen interessiert, ich denke, mir wird es hier gut gefallen. Wir haben uns durch meinen Lebenslauf und meinen Background durchgearbeitet. Wäre es jetzt nicht an der Zeit, über meine bisherigen Gehälter zu sprechen?‘“
Unsitte: Risiken zu vernachlässigen
Wenn Sie ein höheres Gehalt als Ziel haben, ist es wichtig, dem Personaler zu signalisieren, dass Sie zweifelsohne ein Risiko eingehen, wenn Sie Ihren altbekannten Job für einen neuen, unbekannten aufgeben, sagt Cohen. Wenn Sie ordentlich präsentiert werden, können Wechselrisiken als Kosten betrachtet werden. Cohen betont indes, dass dies nur zutrifft, wenn Sie ein richtiges Angebot bekommen und in der Position zu Verhandlungen sind.
Sitte: Drängen Sie auf mehr, wenn Ihre Verantwortung wächst
Wenn Sie gefragt werden, warum Sie mehr Geld als momentan verdienen sollten, dann sprechen Sie von Verantwortung. „Sagen Sie: Sie bemerken, dass ich sehr viel leiste und Sie verlangen mehr. Ich erwarte, dass das sich das in den Zahlen widerspiegelt“, sagt Cohen.
Unsitte: Angst davor zu haben, als Bittsteller zu wirken
Falls Sie tatsächlich sehr an dem Job interessiert sind, dann „gehen sie den Weg des Feiglings“, sagt Cohen. „Sagen Sie, dass Sie extrem gespannt sind, hier zu arbeiten und fragen Sie, ob es irgendeinen ,Spielraum‘ gibt, der ihre Entscheidung erleichtert.“ Wenn Sie indes nicht Feuer und Flamme für den Job sind und nur auf eine Gehaltserhöhung aus sind, dann dürfen Sie auch etwas aggressiver auftreten.
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