Die Experten der Investitionsbank Berlin (IBB) prognostizieren dem Fintech-Sektor der Hauptstadt 40.000 neue Jobs in den kommenden zehn Jahren. Allein im abgelaufenen Jahr seien Investitionen von 258 Mio. Euro in Berliner Fintechs geflossen, was 63 Prozent sämtlicher Brancheninvestitionen in Deutschland ausmacht. Mittlerweile werde fast jede zweite Stelle in der Branche am Standort Berlin ausgeschrieben. „Das wird mittelfristig zu einer deutlichen Steigerung bei den Fintech-Jobs in Berlin führen“, heißt es von der Investitionsbank.
Brexit kann Fintech-Gründungswelle in Berlin beschleunigen
Der anstehende Brexit könnte einen Beitrag leisten, dass der Jobboom auch in Zukunft weitergeht. Laut Juniorprofessor Lars Hornuf von der Uni Trier, der gemeinsam mit Professor Gregor Dorfleitner eine Fintech-Studie für das Bundesfinanzministerium erstellt hat, seien Probleme bei der Zulassung Londoner Fintechs für den Markt der restlichen EU absehbar. „Mit einer Verlagerung in die EU können Sie sich Fintechs den Zugang zu einem viel größeren Markt verschaffen“, betont Hornuf. Dies spiele bei Unternehmensgründungen eine besondere Rolle. „Anders als bei einer existierenden Bank müssen Sie bei der Neugründung eines Start-ups nicht den Sitz verlegen. Das stellt schon einen Unterschied dar.“ Mit einer Ansiedelung in der EU wie z.B. in Berlin könnten Regulierungsfragen und Verträge zukunftssicher gestaltet werden, während bei Londoner Fintechs Unsicherheit herrsche und nach einem Brexit zusätzliche Kosten für die Zulassung in der EU drohten.
Auch die sogenannte „regulatorische Sandbox“, die es in Großbritannien anders als in Deutschland gibt, hält er für keinen wirklichen Vorteil. Wer ernsthaft ein Fintech gründen wolle, brauche nicht erst von der leichteren Regulierung einer „Sandbox“ profitieren. Denn dann müsse er ja später sein Geschäft noch einmal an die echte Regulierung anpassen. „Es gibt sogar das Risiko einer Negativauslese“, warnt Hornuf. „Mit einer Sandbox fördern Sie möglicherweise vor allem schwache Unternehmen. Und was passiert, wenn von einem solchen Unternehmen Kunden geschädigt werden?“
Die Einstellungspläne führender Fintechs in Berlin
Doch wie sehen die konkreten Pläne der Unternehmen aus? Wir haben die Einstellungspläne führender Berliner Fintechs zusammengestellt:
N26
Worin das Geschäft besteht: N26 will eine „App only“-Bank für Europa schaffen.
Was das Fintech interessant macht: N26 versucht eine einzige App zu schaffen, mit der sich sämtliche alltägliche Bankdienstleistungen erledigen lassen. N26 profitiert dabei, dass es keine Altsysteme aus den 80ern ablösen muss, wie das bei angestammten Banken der Fall ist.
Zahl der Mitarbeiter: Etwa 200 aus über 30 Ländern.
Wie die Einstellungspläne aussehen: Bis 2018 will N26 auf rund 300 Mitarbeiter wachsen. „Wir wachsen beständig weiter und suchen dafür immer die richtigen Talente. Da wir eine Technologiefirma sind, suchen wir natürlich besonders im Bereich Tech/ IT und bauen langsam auch unser Marketingteam aus“, heißt es von N26. Derzeit sind über 50 Stellen auf der Website ausgeschrieben.
solarisBank
Worin das Geschäft besteht: Bankdienstleistungen für E-Commerce.
Was das Fintech interessant macht: Es handelt sich um eines der ersten Fintechs mit einer Vollbanken-Lizenz. Das Ziel besteht darin, dem Internet Business Bankdienstleistungen mit den erforderlichen API-Schnittstellen zur Verfügung zu stellen, ohne dabei auf veraltete IT-Systeme zuggreifen zu müssen.
Zahl der Mitarbeiter: Etwa 90
Wie die Einstellungspläne aussehen: Auf der Website sind 19 Stellen ausgeschrieben, die meisten davon in IT und Projektmanagement.
Spotcap
Worin das Geschäft besteht: Spotcap bietet Kredite für Klein- und Mittelständische Unternehmen an.
Was das Fintech interessant macht: Die Kreditwürdigkeit der Unternehmen wird durch öffentlich zugängliche Daten in Realtime durch Algorithmen ermittelt.
Zahl der Mitarbeiter: Über 90.
Wie die Einstellungspläne aussehen: Derzeit hat Spotcap 11 offene Positionen, von denen sich allerdings die meisten in Sydney befinden und nur zwei in Berlin.
Barzahlen
Worin das Geschäft besteht: Es bietet Barzahllösungen für die E-Commerce-Branche. Privatkunden können Online-Rechnungen bar u.a. in den Filialen von dm, Real, Penny und Real begleichen, ohne persönliche Daten anzugeben.
Was das Fintech interessant macht: Auf diese Weise können auch Leute ohne Kreditkarten problemlos im Internet einkaufen.
Zahl der Mitarbeiter: 30 bis 35
Einstellungspläne: Ca. fünf in IT, Vertrieb, Produkt und vielleicht Marketing.
Raisin/Weltsparen
Worin das Geschäft besteht: Es werden Festgelder bei Banken in der gesamten EU online vermittelt, wodurch sich das beste Angebot ermitteln lässt.
Was das Fintech interessant macht: Angesichts der Niedrigzinsen macht die Anlage bei Banken ohne Filialgen und hohe Kosten besonders viel Sinn.
Zahl der Mitarbeiter: 70 bis 80
Einstellungspläne: Derzeit hat Raisin 18 offene Stellen auf seiner Website. Die meisten davon in der IT.
Mambu
Worin das Geschäft besteht: Mikrofinanz-Lösungen für den ärmeren Teil der Weltbevölkerung ohne Bankkonto.
Was das Fintech interessant macht: Online-Lösungen für Mikrofinanz.
Zahl der Mitarbeiter: Keine Angaben
Einstellungspläne: Derzeit sind fünf Stellen ausgeschrieben.
Pair Finance
Worin das Geschäft besteht: Online-Inkassounternehmen, dass die Möglichkeiten des Internets nutzt, um Schuldner zum Zahlen zu bewegen.
Was das Fintech interessant macht: Versucht Machine Learning und Verhaltensökonmie zusammenzubringen.
Zahl der Mitarbeiter: 16
Einstellungspläne: Zwei offene Stellen auf der Website.
Zinsbaustein
Worin das Geschäft besteht: Online-Plattform für Investitionen in Immobilien.
Was das Fintech interessant macht: Durch eine Form von Crowdvesting ist es möglich mit kleinen Summen ab 500 Euro in Immobilienprojekte zu investieren und somit eine höhere Verzinsung als auf dem Festgeldkonto zu erzielen.
Zahl der Mitarbeiter: Etwa 20.
Einstellungspläne: Sieben offene Stellen.
Element
Worin das Geschäft besteht: Digitaler Vertrieb von Sachversicherungen.
Was das Fintech interessant macht: Versicherungsprozess soll schneller und digital erfolgen.
Zahl der Mitarbeiter: Etwa 20.
Einstellungspläne: Rund ein Dutzend offene Positionen besonders in der IT.
Elinvar
Worin das Geschäft besteht: White Label-Lösungen für Vermögensverwalter und Privatbanken.
Was das Fintech interessant macht: Digitale Abbildung und Administration von Kundenportfolios.
Zahl der Mitarbeiter: Etwa 15.
Einstellungspläne: Ein halbes Dutzend offener Stellen vor allem in der IT.
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