Wenn Sie in einer Investment Banking Division (IBD) arbeiten, denken Sie womöglich über einen Wechsel auf die Buy-Side nach. Vielleicht wollen Sie einfach weniger arbeiten? Doch Vorsicht: Falls Sie zu Private Equity wechseln, fällt das wahrscheinlich aus. Kürzere Arbeitszeiten sind eher in der Unternehmensentwicklung (Corporate Development) üblich.
Mehr als ein Jahr habe ich in der M&A-Abteilung einer internationalen Bank in London gearbeitet. Im vergangenen Jahr habe ich aufgehört und arbeite jetzt in der Unternehmensentwicklung eines Baudienstleisters. Hier die Lehren, die ich aus diesem Wechsel gezogen habe:
1. Sie müssen sich bereits auskennen
Meistens sind die Führungskräfte im Corporate Development sich zu schade, um Analysten anzulernen. In einer Bank gibt es eine Menge Angestellte Mitte 20 und es werden Bewertungsmodelle diskutiert. Im Corporate Development sind Sie eher der einzige Mittzwanziger. Falls Sie Ihre Arbeit nicht bereits beherrschen, dann werden Sie kaum an den interessanteren Aspekten des Jobs wie der Leitung eines M&A-Prozesses, der Unternehmensbewertung oder den Verhandlungen und Taktikten mitarbeiten.
2. Die Teams sind weniger hierarchisch aufgebaut und die Kultur weniger brutal
Dies hängt sicherlich ein wenig von der Größe des Corporate Development-Teams ab, bei dem Sie anfangen. Bei einem großen Team ähnelt die Hierarchie womöglich der einer Investmentbank. Allerdings fallen die Teams doch meist kleiner und die Hierarchien flacher aus als in einer Bank.
Auch ist der Druck im Corporate Development geringer. Weil Banken sehr hierarchisch aufgebaut sind, erhöhen die Managing Directors oft den Druck, um das nächste Mandat zu erhalten. Die M&A-Teams im Banking reagieren, indem sie mehr als verlangt liefern und große Aufmerksamkeit den Details schenken. Im Corporate Banking ist dasselbe Auge fürs Detail gefragt, doch der Ton fällt weniger scharf aus.
3. Sie müssen den Sektor kennen
Wer in der Unternehmensentwicklung arbeitet, muss seinen Markt deutlicher besser kennen als im Banking. Wer in einer Investmentbank tätig ist, der wechselt zwischen den verschiedenen Sektoren und Untersektoren. Sie arbeiten mit unterschiedlichen Kunden und wissen, was in anderen Märkten vor sich geht. Im Corporate Development dreht sich indes alles um den speziellen Markt, in dem Sie unterwegs sind.
4. Es gibt weniger sinnlose Arbeit
Wer als Analyst oder Associate in einer Investmentbank tätig ist, der kennt sich mit der Erstellung von Verkaufsunterlagen, dem Pitching, aus. Einen Großteil Ihrer Zeit verwenden Sie darauf, die Verkaufsunterlagen zusammenzustellen und die Nächte durchzuarbeiten, bevor sie den Kunden vorgelegt werden. Wenn dann endlich der Managing Director das Kundengespräch führt, blättert er womöglich nur die Präsentation durch. Vielleicht wird diese nicht einmal dem Kunden gezeigt! Es handelt sich bloß um einen Türöffner.
Derartige Verkaufsgespräche gibt es im Corporate Development nicht und es gibt auch weniger Arbeit, die zu nichts führt. Dennoch verbringen Sie viel Zeit damit, all die Informationen durchzulesen, die Ihnen die Banken zusenden. Sie müssen die Bewertungen der Zielunternehmen beurteilen und den betriebswirtschaftlichen Sinn dahinter.
5. Es geht eher um M&A als um Strategie
Auch dies kann von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich ausfallen. Doch nach meiner Erfahrung drehen sich 80 bis 90 Prozent des Arbeitsalltags um M&A, d.h. Prozesse zu managen und Finanzmodelle durchzugehen. Der Rest kann unter dem Schlagwort „Strategie“ zusammengefasst werden und beinhaltet Briefings mit den Vorstands- und Finanzchefs des Unternehmens, der Wettbewerbsanalyse und strategischer Arbeit.
6. Die Arbeit ist profunder
Ich halte die Arbeit in Corporate Development für analytischer als die in M&A. Sie befinden sich näher an den Geschäftseinheiten und Ihre Analysen zu Erträgen und Kostensynergien fallen detaillierter aus, während im Banking viel zu oft angenommen wird, dass ein Prozentsatz der Vertriebserlöse auf Synergien entfallen. Sie diskutieren Ihre Erkenntnisse mit den wahren Experten, was ich als sehr lohnend empfinde.
7. Das Gehalt ist ähnlich, der Bonus aber niedriger
Und wie sieht es bei der Bezahlung aus? Sie erhalten wahrscheinlich ein ähnliches Gehalt, aber der Bonus fällt deutlich geringer aus. Die hohen Boni im Banking stellen auch einen Ausgleich für die langen Arbeitszeiten, die Nachtschichten und die Wochenendarbeit dar. Schließlich läuft es darauf hinaus, wie wichtig Ihnen Ihre Freizeit und Flexibilität ist und welchen Geldwert dies darstellt.
8. Es muss nicht für immer sein
Und zu guter Letzt: Nur weil Sie M&A fürs Corporate Development aufgegeben haben, ist eine Rückkehr noch lange nicht ausgeschlossen. Der Wechsel in die Unternehmensentwicklung muss nicht lebenslänglich bedeuten. Sie können später immer noch ins Banking zurückkehren. Die Banken schätzen dabei das Netzwerk, welches Sie sich dabei aufbauen konnten, und die Einsichten in Unternehmen, die Sie gewonnen haben.
Alex Bergen hat an der Uni Mannheim und der Frankfurt School of Finance & Management studiert. Nachdem er als Analyst im Londoner Investment Banking angefangen hat, arbeitet er jetzt in M&A im Corporate Development. Bergen gibt auf der M&Academy-Plattform Karriereratschläge.