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Fünf Konsequenzen der britischen Wahlen für den Finanzplatz London

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Die Aktien britischer Banken befanden sich heute Morgen auf Talfahrt. Die Gründe liegen auf der Hand: Innerhalb nur eines Jahres macht die Insel die zweite tiefe Regierungskrise durch. Premierministerin Theresa May stellte zwar rasch klar, dass sie keinen Rücktritt beabsichtige, doch ihre letzte Machtoption besteht in der Zusammenarbeit mit der weit rechts stehenden Democratic Unionist Party aus Nordirland. Doch was bedeutet der Ausgang der Wahlen für die 700.000 Menschen, die in der Londoner City arbeiten – darunter einige Tausend Deutsche, Österreicher und Schweizer?

1. Die Banken werden sich mit Neueinstellungen zurückhalten

Nur vor einigen Tagen hat Morgan McKinley eine Studie veröffentlicht, wonach sich derzeit die Arbeitgeber mit Neueinstellungen in der City zurückhalten und auf das Ergebnis der Wahl warten. Mittlerweile liegt das Ergebnis vor und in die Ungewissheit ist größer denn je, weshalb sich die Arbeitgeber auch weiterhin zurückhalten dürften.

Als der damalige Premierminister Gordon Brown 2010 die Mehrheit verfehlte, hielt er sich noch sechs weitere Tage im Amt, in denen er versuchte eine Koalition zu bilden. Doch selbst wenn es May gelingen sollte, mit den zehn Abgeordneten der Democratic Unionist Party eine Mehrheit zu erreichen, könnten ihre Tage früher oder später gezählt sein. So warnt der Strategieanalyst Jack Di-Liza der Deutschen Bank schon einmal vorsorglich, dass die Mehrheit „von Natur aus instabil ist und die Wahrscheinlichkeit auf weitere Neuwahlen in den kommenden zwölf Monaten hoch ist.“

2. Das politische Fundament der City wankt

Finanzdienstleister lieben politische Stabilität. Wie die Analysten von JP Morgan im vergangenen Jahr herausgearbeitet haben, bunkern die US-Banken in ihren britischen Töchtern sehr große Assets – Goldman Sachs allein rund 850 Mrd. Dollar. Internationale Großbanken halten derart große Summen ungern in Ländern ohne funktionierende Regierung. Falls die unsichere Lage anhalten sollte, wächst die Verlockung Teile dieser Gelder und die damit verbundenen Tätigkeiten an stabilere Ort – wie Deutschland – zu verlagern. Wie der unten stehende Chart von Barclays belegt, sinken die Mehrheiten auf der Insel seit 2001 kontinuierlich.

Electoral majorities

3. Brexit sorgt für noch mehr Unsicherheit

Nachdem May den Artikel 50 des Lissabon-Vertrags ausgelöst hat, bleiben ihr bis zur Aufnahme der Verhandlungen am 19. Juni gerade einmal zehn Tage Zeit. Der für Europa zuständige Staatsminister im deutschen Außenministerium Michael Roth (SPD) sagte bereits heute Morgen, dass die Uhr ticke. Michel Barnier, der Brexit-Verhandlungsführer der EU, zwitscherte unterdessen, dass wohl größere Flexibilität beim Start der Verhandlungen erforderlich werden könne. Die Chancen die Verhandlungen innerhalb von 21 Monaten abzuschließen fallen ohnehin gering aus.

4. Gute Aussichten für Macro-Trader

Das politische Debakel sorgt schon einmal für größere Volatilität an den Märkten. Erst in der vergangenen Woche haben sich Banken über die geringere Kundenaktivität im Vergleich zu 2016 geärgert, als die Märkte durch das Brexit-Referendum und die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten durchgerüttelt wurden. Laut Headhuntern seien in diesem Jahr verstärkt Devisenhändler für das Pfund eingestellt worden. Macro-Tradern stehen jedenfalls rosige Zeiten bevor.

5. Das Risiko einer bankfeindlichen Labour-Regierung ist stark gestiegen

Trotz eines kräftigen Stimmenzuwachses ist Labour von der Regierungsbank immer noch weit entfernt. Der linke Parteichef Jeremy Corbyn hat vorsorglich unterstrichen, dass er zum Regieren bereit sei. Falls es tatsächlich zu abermaligen Neuwahlen in den kommenden zwölf Monaten kommen sollte, besteht die reale Chance auf eine Labour geführte Regierung.

Diese Aussicht ist kaum nach dem Geschmack der Banken in der City, weshalb sie sich bei Einstellungen weiter zurückhalten werden. Das Parteiprogramm von Labour enthält einige sehr bittere Pillen für die Banken. Dazu gehören eine Finanztransaktionssteuer von 0,2 Prozent für Banken und 0,5 Prozent für andere Finanzdienstleister. Die EU-Pläne sehen hingegen 0,1 Prozent vor. Weiter plant Labour höhere Unternehmenssteuern und einen Aufschlag für Firmen, die besonders viele hochbezahlte Mitarbeiter beschäftigen sowie höhere Einkommenssteuern. Bernstein Research weist noch auf einen anderen Punkt hin. So könne Labour die Royal Bank of Scotland aufspalten und kleinere lokale und kundennähere Banken schaffen.

Am Besorgniserregendsten ist jedoch die Aussicht, John McDonnel als neuen Finanzminister zu bekommen. Dieser hat in den vergangenen Jahren kaum eine Gelegenheit ausgelassen, um sich negativ über die City zu äußern. Die City sei ein Ort „hirnverbrannter Spekulation“ und verantwortlich für eine „Casino-Wirtschaft“, Banker seien „saureich“ und „obszön“ und die Boni sollten mit einer Zusatzsteuer von 10 Prozent belegt werden. Vor dem Hintergrund all dieser Unsicherheiten gewinnen Ausweichdestinationen wie Deutschland für Banken an der Themse an Attraktivität.


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